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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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von Schnecken und Seetang bis hin zu Walen, Pilzen und Erdbeeren. Wenn wir uns am Bestand eini­ger Arten zu ausgiebig bedient und diese ausgerottet ha­ben, wechseln wir einfach zu anderen. Eine Welle des Artensterbens folgte jedesmal, wenn der Mensch einen zuvor noch nicht besiedelten Teil der Erde betrat. Der Dodo, dessen Name zum Synonym für Ausrottung wur­de, lebte einst auf der Insel Mauritius, deren Land- und Süßwasservogelarten nach der Entdeckung der Insel im Jahre 1507 zur Hälfte ausstarben. Bei den Dodos han­delte es sich um große, eßbare, flugunfähige Vögel, die für hungrige Seeleute leichte Beute waren. Massenhaft starben auch Hawaiis Vogelarten nach der Entdeckung der Insel durch Polynesier vor 1500 Jahren aus, ähnlich wie eine Anzahl großer amerikanischer Säugetierarten nach der Einwanderung der Vorfahren der Indianer vor 11 000 Jahren. Wellen des Artensterbens begleiteten auch grundlegende Verbesserungen der Jagdtechnologie in Regionen, die schon lange von Menschen besiedelt wa­ren. So überlebten wilde Populationen der bildschönen arabischen Oryx-Antilope im Nahen Osten eine Million Jahre lang das Gejagtwerden durch den Menschen, um dann 1972 der Feuerkraft moderner Flinten zum Opfer zu fallen.
    Unser Hang, einzelne Arten auszurotten und dann zu anderen überzugehen, hat zahlreiche Vorläufer im Tier­reich. Kommt es auch vor, daß eine Tierpopulation ihre gesamte Ernährungsgrundlage vernichtet und auf diese Weise ausstirbt ? Ein solcher Ausgang ist ungewöhnlich, da der Bestand von Tierarten durch viele Faktoren ge­regelt wird, die automatisch die Geburtenraten senken bzw. die Sterberaten ansteigen lassen, wenn die Popula­tionsdichte groß ist, und umgekehrt, wenn sie klein ist. So nimmt hei großer Populationsdichte die Sterblich­keit aufgrund externer Faktoren wie natürlicher Fein­de, Krankheiten, Parasiten und Nahrungsknappheit in der Regel zu. Als weiterer Faktor kommen Reaktionen der betroffenen Tiere in Betracht, zum Beispiel Tötung der Jungen, Aufschub der Fortpflanzung und verstärk­te Aggression. Solche Reaktionen senken für gewöhn­lich nebst externen Faktoren die Populationsgröße und vermindern den Druck auf die Nahrungsressourcen, be­vor diese erschöpft sind.
    Es ist aber auch schon vorgekommen, daß sich einzel­ne Tierpopulationen geradezu um die eigene Existenz fraßen. Ein Beispiel dafür ist die Nachkommenschaft je­ner 29 Rentiere, die 1944 auf die Insel Saint Matthew im Beringmeer gebracht wurden. Bis 1957 hatte sich ihre Zahl auf 1.350 fast verfünfzigfacht, bis 1963 vervierfach­te sie sich noch einmal auf 6000. Rentiere ernähren sich jedoch von langsam wachsenden Flechten, die auf der Insel keine Gelegenheit hatten, sich vom Grasen zu er­holen, da die Rentiere anders als auf dem Festland kei­nen Ort hatten, zu dem sie periodische Wanderungen unternehmen konnten. Im strengen Winter 1963/1964 verhungerten alle Tiere bis auf 41 Weibchen und ein ste­riles Männchen, die auf der von Kadavern übersäten In­sel ebenfalls zum Untergang verurteilt waren. Ein ähnli­ches Beispiel war die Ansiedlung von Kaninchen auf der Insel Lisianski westlich von Hawaii Anfang dieses Jahr­hunderts. Innerhalb nur eines Jahrzehnts waren sie dort ausgestorben und ließen eine ihres Pflanzenkleides ent­blößte Insel zurück.
    In diesen und ähnlichen Fällen von ökologischem Sui­zid ging es immer um Populationen, die plötzlich dem Einfluß jener Faktoren entzogen waren, die normaler­weise ihre Größe regulieren. Kaninchen und Rentiere haben unter normalen Bedingungen natürliche Feinde.
    Zudem unternehmen Rentiere auf dem Festland groß-räumige Wanderungen, wodurch der Vegetation in den beweideten Gebieten eine Regeneration ermöglicht wird. Doch auf den Inseln Lisianski und St. Matthew lebten weder natürliche Feinde von Kaninchen oder Rentieren noch war eine Migration möglich, so daß die Tiere un­kontrolliert fressen und sich vermehren konnten.
    Bei genauerem Nachdenken wird klar, daß sich die Spezies Mensch nicht minder erfolgreich der Wirkung jener Faktoren entzogen hat, die unsere Bevölkerungs­größe einst in Schach hielten. Unsere natürlichen Fein­de spielen schon lange keine nennenswerte Rolle mehr. Die Medizin des 20. Jahrhunderts hat die Sterblichkeit aufgrund von Infektionskrankheiten erheblich reduziert. Und schließlich wurden auch einige frühere Verhaltens­techniken zur Bevölkerungseindämmung sozial geächtet, wie Kindesmord,

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