Der dritte Schimpanse
abgelegenen Henderson-Insel, die etwa 200 Kilometer östlich der Pitcairn-Insel aus dem Pazifik ragt. Letztere ist ja ebenfalls für ihre geographische Isolation bekannt. (Pitcairn ist so abgelegen, daß die Meuterer von der Bounty des Kapitän Bligh dort 18 Jahre lang Zuflucht fanden, bevor die Insel wiederentdeckt wurde.) Henderson ist eine völlig zerfurchte, von Dschungel bedeckte Koralleninsel, deren Eignung für die Landwirtschaft gleich null ist. Entsprechend hat sich dort niemand niedergelassen, seit Europäer die Insel 1606 erstmals erblickten. Henderson wird oft als einer der ursprünglichsten, von Menschen völlig unberührten Lebensräume angeführt.
Groß war deshalb die Überraschung, als Olson und sein Kollege David Steadman vor einiger Zeit die Skelette zweier großer Taubenarten, einer kleineren Taubenart und dreier Seevögelarten identifizierten, die auf Henderson irgendwann vor 500 bis 800 Jahren ausgestorben waren. Die gleichen sechs Arten oder enge Verwandte von ihnen waren bereits an archäologischen Fundstätten auf mehreren bewohnten polynesischen Inseln gefunden worden, auf denen klar war, wie sich die Ausrottung durch Menschen zugetragen haben könnte. Das Rätsel, wie Vögel auch auf einer unbesiedelten, scheinbar unbewohnbaren Insel wie Henderson von Menschen ausgerottet worden sein könnten, wurde durch die Entdeckung ehemaliger polynesischer Siedlungen mit Hunderten von Gebrauchsgegenständen, die bewiesen, daß auf der Insel mehrere hundert Jahre lang Polynesier gewohnt hatten, gelöst. Neben den Skeletten der sechs auf Henderson ausgerotteten Vogelarten fand man an den gleichen Orten die Skelette anderer, überlebender Vogelarten sowie eine große Zahl von Fischen.
Jene frühen polynesischen Bewohner Hendersons lebten offenbar hauptsächlich von Tauben, Seevögeln und Fischen, bis sie die Vogelpopulationen weitgehend dezimiert und sich somit um ihre Nahrungsgrundlage gebracht hatten, mit der Folge, daß sie entweder verhungern oder die Insel verlassen mußten. Es gibt im Pazifik mindestens elf weitere mysteriöse Inseln wie Henderson, die zur Zeit der Entdeckung durch Europäer unbewohnt waren, aber archäologische Anzeichen für eine frühere polynesische Besiedlung aufweisen. Manche von ihnen waren jahrhundertelang bewohnt, bevor ihre menschliche Population ausstarb oder über das Meer ver schwand. In allen Fällen handelt es sich um kleine oder in anderer Hinsicht für die Landwirtschaft kaum geeignete Inseln, weshalb die Bewohner in hohem Maße auf Vögel und andere Tiere angewiesen waren. In Anbetracht der Fülle von Beweisen für eine Überausbeutung wilder Tierpopulationen durch frühe polynesische Bewohner dürften neben Henderson auch die anderen genannten Inseln Friedhöfe menschlicher Populationen darstellen, die ihre eigene Lebensgrundlage zerstört hatten.
Um nicht den Eindruck zu erwecken, die Polynesier seien als vorindustrielle Artenvernichter etwas Besonderes gewesen, machen wir jetzt einen Sprung auf die andere Seite des Globus nach Madagaskar, der viertgröß-ten Insel der Welt, die vor Afrika im Indischen Ozean liegt. Als portugiesische Entdeckungsreisende um 1500 n. Chr. dort aufkreuzten, fanden sie Madagaskar bereits von Menschen bewohnt vor, die wir heute Madagassen nennen. Aus geographischer Sicht hätte man erwartet, daß ihre Sprache mit den nur 300 Kilometer entfernt an der Küste Mosambiks gesprochenen afrikanischen Sprachen verwandt sein müßte. Doch erstaunlicherweise gehört sie zu einer Sprachfamilie der indonesischen Insel Kalimantan auf der gegenüberliegenden Seite des Indischen Ozeans, Tausende von Kilometern im Nordosten. Die äußere Erscheinung der Madagassen reicht von typisch indonesisch bis typisch ostafrikanisch. Beides erklärt sich dadurch, daß die Madagassen vor 1000 bis 2000 Jahren im Gefolge indonesischer Händler eintrafen, die entlang der Küste des Indischen Ozeans nach Indien und schließlich bis Ostafrika vordrangen. Auf Madagaskar errichteten sie eine Gesellschaft, die auf der Zucht von Rindern, Ziegen und Schweinen sowie auf Ackerbau und Fischfang basierte und durch moslemische Händler in Kontakt mit Ostafrika stand.
Nicht weniger interessant als Madagaskars menschliche Bewohner sind die Wildtiere, die dort vorkommen – und jene, die wir vermissen. Während auf dem nahen afrikanischen Festland eine Vielzahl von Arten großer, auffälliger Tiere, die am Boden
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