Der dritte Schimpanse
leben und tagaktiv sind, in riesiger Zahl vorkommen – wie Antilopen, Strau-ße, Zebras, Paviane und Löwen, jene Anziehungspunkte des Tourismus in Ostafrika –, gibt und gab es in den letzten Jahrhunderten keine diesen auch nur entfernt äquivalenten Tiere auf Madagaskar. Dafür sorgten die 300 Kilometer Wasser, welche die Insel von Afrika trennen, in gleicher Weise, wie das Meer verhinderte, daß Australiens Beuteltiere nach Neuseeland gelangten. Statt dessen leben auf Madagaskar zwei Dutzend Arten kleiner, affenartiger Primaten mit der Bezeichnung Lemuren, die höchstens zehn Kilo wiegen, in Bäumen leben und in der Hauptsache nachtaktiv sind. Daneben gibt es verschiedene Arten von Nagetieren, Fledermäusen, Insektenfressern und Verwandten des Mungos, doch auch von diesen bringt es keiner auf mehr als zwölf Kilo Gewicht.
Die Strände Madagaskars sind jedoch übersät mit Beweisen für die einstige Existenz riesiger Vögel in Form unzähliger fußballgroßer Eierschalen. Nach und nach kamen neben den Skeletten der Vögel, die diese Eier gelegt hatten, auch die einer stattlichen Zahl verschwundener Großsäugetiere und Reptilien zum Vorschein. Bei den Eierlegern handelte es sich um ein halbes Dutzend Arten flugunfähiger Vögel, die bis zu drei Meter groß und bis zu 500 Kilo schwer waren, worin sie Moas und Straußen ähnelten. Sie waren aber von mächtigerer Statur und werden deshalb als Elefantenvögel bezeichnet. Bei den Reptilien handelte es sich um zwei Arten von Riesenlandschildkröten mit Schilden von etwa einem Meter Länge, die, nach der Zahl der gefundenen Skelette zu urteilen, einmal sehr verbreitet gewesen sein müssen. Vielfältiger als Vögel und Reptilien war das Dutzend Arten von Lemuren, die alle mindestens so groß waren wie die größten überlebenden Lemurenarten und in manchen Fällen so groß wie Gorillas. Der geringe Augendurchmesser in den gefundenen Schädeln läßt vermuten, daß alle bzw. die meisten der ausgestorbenen Lemuren tag- und nicht nachtaktiv waren. Manche von ihnen lebten offenbar wie Paviane am Boden, während andere wie Orang-Utans und Koalabären in Bäumen turnten.
Als wäre all dies noch nicht genug, fand man auf Madagaskar auch Knochen eines ausgestorbenen »Zwerg«-Flußpferds von »nur« der Größe einer Kuh, eines Erdferkels und eines großen mungoverwandten Fleischfressers von der Gestalt eines Pumas, nur mit kürzeren Beinen. Nimmt man all diese ausgestorbenen Tiere zusammen, besaß Madagaskar einst die funktionalen Äquivalente jenes Großwilds, das Touristen heute in den afrikanischen Tierreservaten so fasziniert – ähnlich wie Neuseeland mit seinen Moas und anderen seltsamen Vogelarten. Die Landschildkröten, Elefantenvögel und Zwergflußpferde hätten als Pflanzenfresser den Platz von Antilopen und Zebras eingenommen, die Lemuren den der Paviane und großen Menschenaffen, und der mungoverwandte Fleischfresser hätte als Ersatz für einen Leoparden oder kleinen Löwen fungiert.
Was geschah nun mit all diesen großen, heute ausgestorbenen Säugetieren, Reptilien und Vögeln ? Man kann davon ausgehen, daß wenigstens einige noch am Leben waren, als die ersten Madagassen eintrafen, die Eierschalen von Elefantenvögeln als Wasserbehälter benutzten und Knochen von Zwergflußpferden und anderen Tierarten auf Müllhaufen warfen. Zudem fand man Knochen all der anderen ausgestorbenen Arten an nur wenige tausend Jahre alten Fundstätten. Da sie zu jenem Zeitpunkt bereits eine jahrmillionenlange Geschichte hatten, ist kaum anzunehmen, daß sie aus weiser Voraussicht gerade im letzten Moment vor dem Auftauchen hungriger Menschen ihr Leben aushauchten. Vielmehr dürften einige Arten in entlegenen Teilen Madagaskars sogar noch bis zur Ankunft der Europäer überlebt haben, was zum Beispiel daraus zu entnehmen ist, daß im 17. Jahrhundert der französische Gouverneur Flacourt Berichte über ein Tier erwähnte, die auf den gorillagroßen Lemuren schließen lassen. Elefantenvögel mag es noch lange genug gegeben haben, um arabischen Händlern im Indischen Ozean zu Gesicht zu kommen, woraus möglicherweise die Beschreibung des Rok (eines Riesenvogels) im Märchen von Sindbad dem Seefahrer hervorging.
Von Madagaskars verschwundenem Großwild wurden mit Sicherheit manche und wahrscheinlich sogar alle Arten von den frühen Madagassen ausgerottet. Warum die Elefantenvögel ausstarben, ist leicht zu
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