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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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verste­hen, lieferten ihre Eierschalen doch höchst praktische Kanister. Auch wenn die Madagassen Hirten und Fi­scher waren und keine Großwildjäger, gaben die an­deren Großtiere doch leichte Beute ab, da sie noch nie Menschen erblickt hatten. Wahrscheinlich waren sie wie Neuseelands Moas so zahm wie antarktische Pin­guine und andere Geschöpfe, deren Evolution in Abwe­senheit des Menschen erfolgt war. Ein hungriger Ma­dagasse konnte direkt auf diese zahmen Tiere zugehen, sie mit einer Keule erschlagen und sich so eine schnel­le Mahlzeit verschaffen. Darin dürfte der Grund liegen, warum die leicht zu entdeckenden, leicht zu fangenden Lemuren, deren Größe den Aufwand lohnte – nämlich die großen, tagaktiven, terrestrischen Arten – alle aus­starben, während die kleineren, nachtaktiven, in Bäu­men wohnenden überlebten.
    Ungewollt töteten die Madagassen jedoch wahrschein­lich noch viel mehr Großwild als durch die Jagd. Zur Waldrodung und zur Förderung des Graswachstums im Jahresrhythmus gelegte Brände zerstörten Lebens­räume, auf welche die Tiere angewiesen waren. Weiden­de Rinder und Ziegen trugen das ihre zur Veränderung von Lebensräumen bei und waren darüber hinaus direk­te Nahrungskonkurrenten weidender Landschildkröten und Elefantenvögel. Eingeführte Hunde und Schweine machten Jagd auf am Boden lebende Tiere, deren Jun­ge und Eier. Als die Portugiesen Madagaskar erreich­ten, waren von dem einst so häufigen Elefantenvogel nur noch Eierschalen an den Stränden, Skelette im Erdreich und vage Erinnerungen an Roks übriggeblieben.
    Madagaskar und Polynesien liefern nur besonders gut do­kumentierte Beispiele für die Wellen des Artensterbens, die sich wahrscheinlich auf allen größeren, schon vor der Ausbreitung der Europäer in den letzten 500 Jahren von Menschen besiedelten Inseln abspielten. Wie auf Neusee­land und Madagaskar gab es auf allen diesen Inseln, wo die Evolution des Lebens in Abwesenheit des Menschen erfolgte, einzigartige Großwildarten, die moderne Zoo­logen nie lebend zu Gesicht bekamen. Mittelmeerinseln wie Kreta und Zypern beheimateten Zwergflußpferde und Riesenschildkröten (wie Madagaskar) ebenso wie Zwer­gelefanten und Zwerghirsche. Auf den Westindischen In­seln verschwanden Affen, Bodenfaultiere, ein bärengro-ßes Nagetier und Eulen verschiedener Größe von normal bis riesig. Es erscheint mehr als denkbar, daß diese gro-ßen Vögel, Säugetiere und Schildkröten ebenfalls den er­sten mediterranen Völkern bzw. Indianern, die den Weg zu ihnen fanden, weichen mußten. Auf allen Meeresin­seln zusammen starben wohl mehrere tausend Arten aus, zu denen neben Vögeln auch Säugetiere, Eidechsen, Frö-sche, Schnecken und selbst größere Insekten zählten. Ol­sen beschreibt dieses insulare Artensterben als »eine der abruptesten und gründlichsten biologischen Katastro­phen der Geschichte«. Daß Menschen dafür die Ursa­che waren, werden wir allerdings erst dann sicher wissen, wenn die Knochen der letzten Tiere und die Überreste der ersten Menschen noch auf weiteren Inseln exakt datiert worden sind, so wie in Polynesien und Madagaskar.
    Neben diesen vorindustriellen insularen Ausrottungs­wellen könnten zahlreiche Arten in fernerer Vergangen­heit auch Opfer festländischer Ausrottungswellen ge­worden sein. Vor rund 11 000 Jahren, ungefähr zur glei­chen Zeit, als die Vorfahren der Indianer in der Neuen Welt eintrafen, starben die meisten größeren Säugetier­arten in ganz Nord- und Südamerika aus, darunter so unterschiedliche Arten wie Löwen, Pferde, Riesengür­teltiere, Mammute und Säbelzahnkatzen. Es wird seit langem heftig darüber gestritten, ob diese Großsäuge­tiere von indianischen Jägern erledigt wurden oder ob sie nur zufällig zur gleichen Zeit den Folgen eines Kli­mawandels erlagen. Ich erläutere im nächsten Kapitel, warum nach meiner Ansicht die Jäger die Ursache wa­ren. Es ist jedoch viel schwerer, Zeitpunkte und Ursa­chen von Ereignissen nachzuweisen, die sich vor rund 11 000 Jahren abspielten, als von Ereignissen der jünge­ren Vergangenheit, wie der Kollision von Maoris und Moas in den letzten tausend Jahren. Ähnlich verlor auch Australien innerhalb der letzten 50 000 Jahre die mei­sten seiner Großsäugerarten und wurde von den Vor­fahren der heutigen Aborigines besiedelt, doch wir wis­sen noch nicht, ob das eine das andere verursachte. Mit ziemlich großer Sicherheit wissen wir mithin erst, daß die ersten

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