Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
Vom Netzwerk:
nach West- und Nordeuropa. Wie kam es, daß der Nahe Osten, Griechenland und Rom Zug um Zug die Vorherrschaft einbüßten ? (Die derzeitige Bedeu­tung des Nahen Ostens, die ja allein auf dem Öl beruht, unterstreicht nur die heutige Schwäche dieser Region in anderer Hinsicht.) Warum zählen zu den modernen Su­permächten die USA und Rußland, Deutschland und England, Japan und China, nicht aber Griechenland und Persien?
    Die geographische Machtverschiebung war zu um­fangreich und nachhaltig, um Sache des Zufalls gewesen sein zu können. Einer plausiblen Hypothese zufolge zer­störte jedes dieser antiken Zivilisationszentren die eige­ne natürliche Existenzgrundlage. Der Nahe Osten und der Mittelmeerraum waren nicht schon immer so ero­sionsgeschädigte Landschaften wie heute. In der Anti­ke war ein Großteil dieses Gebietes ein reiches Mosaik aus bewaldeten Hügeln und fruchtbaren Tälern. Jahr­tausendelange Abholzung, Überweidung, Erosion und Versandung der Täler verwandelten dieses Kernland der westlichen Zivilisation in jene relativ trockene, kar­ge, unfruchtbare Landschaft, die dort heute vorherrscht. Archäologische Untersuchungen ergaben, daß im anti­ken Griechenland auf Phasen der Bevölkerungszunah­me mehrmals ein abrupter Rückgang der Bevölkerungs­zahl und die Aufgabe von Siedlungen folgte. In den Wachstumsphasen wurde die Landschaft anfangs durch Dämme und terrassierte Berghänge geschützt, bis die Abholzung der Wälder, die Rodung steiler Berghänge durch Bauern, die Überweidung durch zu große Vieh­herden und die Feldbestellung in zu kurzen Abständen für das Ökosystem zuviel wurden. Das Ergebnis war je­desmal eine massive Erosion der Berge, die Überflutung der Täler und der Zusammenbruch örtlicher Gemein­wesen. Einer dieser Fälle ereignete sich gleichzeitig mit dem rätselhaften Untergang der berühmten mykeni­schen Kultur, der Griechenland für Jahrhunderte in ein dunkles Zeitalter zurückwarf, und war womöglich des­sen Ursache.
    Die Annahme von Umweltzerstörungen durch antike Zivilisationen beruht auf zeitgenössischen Schilderun­gen und archäologischen Funden, doch ein paar Photo­serien wären aussagekräftiger als alles andere. Besäßen wir Schnappschüsse der gleichen griechischen Berghän­ge, aufgenommen in Abständen von 1000 Jahren, so könnten wir Pflanzenarten identifizieren, die Vegetati­onsdecke vermessen und den Wechsel von Wald zu zie­genresistentem Strauchwerk genau nachvollziehen. Auf die Weise ließe sich das Ausmaß der Umweltzerstörung quantitativ erfassen.
    Wieder erweisen sich kleine Tiere als unsere Helfer. Im Nahen Osten gab es zwar keine Packratten, dafür aber kaninchengroße, murmeltierartige Tiere mit der Bezeichnung Klippschliefer, die ähnliche Haufen anle­gen wie Packratten. (Erstaunlicherweise sind Elefanten wahrscheinlich die nächsten lebenden Verwandten der Klippschliefer.) Drei Wissenschaftler aus Arizona – Pa­tricia Fall, Cynthia Lindquist und Steven Falconer – un­tersuchten in Jordaniens berühmter verschollener Stadt Petra, die das Paradox der westlichen Zivilisation der Antike versinnbildlicht, Klippschlieferhaufen. Beson­ders bekannt ist Petra heute bei Fans von Steven Spiel­berg und George Lucas, in deren Film Indiana Jones und der letzte Kreuzzug Sean Connery und Harrison Ford auf der Suche nach dem Heiligen Gral in Petras faszi­nierenden Felsgruften und Tempeln inmitten der Wüste zu sehen sind. Jeder, der diese Szenen betrachtet, muß sich fragen, wie eine so reiche Stadt in einer so trostlosen Landschaft entstehen und existieren konnte. Unweit von Petra gab es sogar schon vor 9000 Jahren ein neoli­thisches Dorf, und Ackerbau und Viehzucht traten nicht viel später auf den Plan. Als Hauptstadt des nabatäischen Königreiches gelangte Petra, ein Zentrum des Handels zwischen Europa, Arabien und dem Orient, zu voller Blüte. Unter römischer und später byzantinischer Herr­schaft wurde die Stadt noch größer und reicher. Den­noch wurde Petra aufgegeben und fiel so gründlich in Vergessenheit, daß die Ruinen erst 1812 wiederentdeckt wurden. Was waren die Gründe ?
    In jedem der Klippschlieferhaufen in Petra fand man Überreste von bis zu 100 Pflanzenarten, woraus die Ver­hältnisse zu Lebzeiten der Haufenanleger durch Verglei­chen der damaligen Pollenanteile mit denen in heuti­gen Lebensräumen abgeleitet werden konnten. Auf die­se Weise wurde folgender Verlauf des Niedergangs von Petras Umwelt

Weitere Kostenlose Bücher