Der dritte Schimpanse
nach West- und Nordeuropa. Wie kam es, daß der Nahe Osten, Griechenland und Rom Zug um Zug die Vorherrschaft einbüßten ? (Die derzeitige Bedeutung des Nahen Ostens, die ja allein auf dem Öl beruht, unterstreicht nur die heutige Schwäche dieser Region in anderer Hinsicht.) Warum zählen zu den modernen Supermächten die USA und Rußland, Deutschland und England, Japan und China, nicht aber Griechenland und Persien?
Die geographische Machtverschiebung war zu umfangreich und nachhaltig, um Sache des Zufalls gewesen sein zu können. Einer plausiblen Hypothese zufolge zerstörte jedes dieser antiken Zivilisationszentren die eigene natürliche Existenzgrundlage. Der Nahe Osten und der Mittelmeerraum waren nicht schon immer so erosionsgeschädigte Landschaften wie heute. In der Antike war ein Großteil dieses Gebietes ein reiches Mosaik aus bewaldeten Hügeln und fruchtbaren Tälern. Jahrtausendelange Abholzung, Überweidung, Erosion und Versandung der Täler verwandelten dieses Kernland der westlichen Zivilisation in jene relativ trockene, karge, unfruchtbare Landschaft, die dort heute vorherrscht. Archäologische Untersuchungen ergaben, daß im antiken Griechenland auf Phasen der Bevölkerungszunahme mehrmals ein abrupter Rückgang der Bevölkerungszahl und die Aufgabe von Siedlungen folgte. In den Wachstumsphasen wurde die Landschaft anfangs durch Dämme und terrassierte Berghänge geschützt, bis die Abholzung der Wälder, die Rodung steiler Berghänge durch Bauern, die Überweidung durch zu große Viehherden und die Feldbestellung in zu kurzen Abständen für das Ökosystem zuviel wurden. Das Ergebnis war jedesmal eine massive Erosion der Berge, die Überflutung der Täler und der Zusammenbruch örtlicher Gemeinwesen. Einer dieser Fälle ereignete sich gleichzeitig mit dem rätselhaften Untergang der berühmten mykenischen Kultur, der Griechenland für Jahrhunderte in ein dunkles Zeitalter zurückwarf, und war womöglich dessen Ursache.
Die Annahme von Umweltzerstörungen durch antike Zivilisationen beruht auf zeitgenössischen Schilderungen und archäologischen Funden, doch ein paar Photoserien wären aussagekräftiger als alles andere. Besäßen wir Schnappschüsse der gleichen griechischen Berghänge, aufgenommen in Abständen von 1000 Jahren, so könnten wir Pflanzenarten identifizieren, die Vegetationsdecke vermessen und den Wechsel von Wald zu ziegenresistentem Strauchwerk genau nachvollziehen. Auf die Weise ließe sich das Ausmaß der Umweltzerstörung quantitativ erfassen.
Wieder erweisen sich kleine Tiere als unsere Helfer. Im Nahen Osten gab es zwar keine Packratten, dafür aber kaninchengroße, murmeltierartige Tiere mit der Bezeichnung Klippschliefer, die ähnliche Haufen anlegen wie Packratten. (Erstaunlicherweise sind Elefanten wahrscheinlich die nächsten lebenden Verwandten der Klippschliefer.) Drei Wissenschaftler aus Arizona – Patricia Fall, Cynthia Lindquist und Steven Falconer – untersuchten in Jordaniens berühmter verschollener Stadt Petra, die das Paradox der westlichen Zivilisation der Antike versinnbildlicht, Klippschlieferhaufen. Besonders bekannt ist Petra heute bei Fans von Steven Spielberg und George Lucas, in deren Film Indiana Jones und der letzte Kreuzzug Sean Connery und Harrison Ford auf der Suche nach dem Heiligen Gral in Petras faszinierenden Felsgruften und Tempeln inmitten der Wüste zu sehen sind. Jeder, der diese Szenen betrachtet, muß sich fragen, wie eine so reiche Stadt in einer so trostlosen Landschaft entstehen und existieren konnte. Unweit von Petra gab es sogar schon vor 9000 Jahren ein neolithisches Dorf, und Ackerbau und Viehzucht traten nicht viel später auf den Plan. Als Hauptstadt des nabatäischen Königreiches gelangte Petra, ein Zentrum des Handels zwischen Europa, Arabien und dem Orient, zu voller Blüte. Unter römischer und später byzantinischer Herrschaft wurde die Stadt noch größer und reicher. Dennoch wurde Petra aufgegeben und fiel so gründlich in Vergessenheit, daß die Ruinen erst 1812 wiederentdeckt wurden. Was waren die Gründe ?
In jedem der Klippschlieferhaufen in Petra fand man Überreste von bis zu 100 Pflanzenarten, woraus die Verhältnisse zu Lebzeiten der Haufenanleger durch Vergleichen der damaligen Pollenanteile mit denen in heutigen Lebensräumen abgeleitet werden konnten. Auf diese Weise wurde folgender Verlauf des Niedergangs von Petras Umwelt
Weitere Kostenlose Bücher