Der dritte Schimpanse
über die von zahlreichen vorindustriellen Völkern bekannten umweltschonenden Praktiken in Einklang bringen ? Offenbar sind ja auch weder alle Arten ausgerottet noch alle Lebensräume zerstört worden, so daß das Goldene Zeitalter nicht ganz so finster gewesen sein kann.
Ich schlage folgende Lösung dieses scheinbaren Widerspruchs vor : Es stimmt, daß egalitäre Gesellschaften mit langer Geschichte zur Entwicklung umweltschonender Praktiken neigen, da sie viel Zeit zum Vertrautwerden mit ihrer lokalen Umwelt und zur Erkenntnis der eigenen Interessenlage hatten. Zerstörungen werden hingegen dort angerichtet, wo Menschen plötzlich eine unbekannte Umwelt in Besitz nehmen (wie die ersten Maoris und Osterinsulaner) oder wenn Menschen immer weiter und tiefer in Neuland vordringen (wie die ersten Indianer in Amerika), so daß sie nach Verwüstung einer Region einfach die Grenze weiter vorschieben können, oder wenn Menschen in den Besitz einer neuen Technologie geraten, deren Zerstö-rungskraft sie nicht recht begreifen, da sie noch nicht genügend Zeit dazu hatten (wie heutige Neuguineer, die Taubenpopulationen mit Schrotflinten dezimieren). Groß ist die Wahrscheinlichkeit schwerer Umweltschä-den auch in zentralistischen Staatsgebilden, in denen der meiste Reichtum in den Händen von Herrschern konzentriert ist, die keine Fühlung mit der Umwelt haben. Manche Arten und Lebensräume sind zudem besonders anfällig – zum Beispiel flugunfähige Vögel, die wie Moas und Elefantenvögel noch nie Menschen gesehen hatten, bzw. jene trockenen, empfindlichen Landschaften, in denen die westliche Zivilisation und die der Anasazi entstand.
Lassen sich zweitens aus diesen neueren archäologischen Entdeckungen praktische Schlüsse ableiten? Die Archäologie wird häufig als akademische Disziplin ohne gesellschaftliche Relevanz angesehen, die als erste betroffen ist, wenn das Geld mal wieder knapp wird. Doch in Wirklichkeit stellt die archäologische Forschung eines der nützlichsten Hilfsmittel staatlicher Planer dar. Überall auf der Welt werden Entwicklungen in Gang gesetzt, die irreversiblen Schaden anrichten können. Und im Grunde handelt es sich meist nur um mächtigere Versionen von Ideen, die in der Vergangenheit schon erprobt worden sind. Welches Land kann es sich schon leisten, in fünf Gebieten jeweils unterschiedliche Entwicklungen zu inszenieren, um dann zu sehen, welche vier auf der Strecke bleiben? Langfristig kommt es uns viel billiger zu stehen, wenn wir Archäologen damit beauftragen herauszufinden, was beim letzten Mal geschah, als wenn wir die gleichen Fehler wiederholen.
Ich will nur ein Beispiel nennen. Im amerikanischen Südwesten gibt es über 250 000 Quadratkilometer Pinien- und Lärchenwälder, die heute verstärkt zur Brennholzgewinnung genutzt werden. Leider verfügt der US Forest Service über wenig Daten zur Berechnung des Holzschlags, der dem Tempo des Nachwachsens angemessen wäre. Dabei unternahmen die Anasazi ungewollt das gleiche Experiment und verkalkulierten sich, mit der Folge, daß sich das Waldland des Chaco Canyon nach über 800 Jahren noch nicht davon erholt hat. Die Beauftragung von ein paar Archäologen mit der Rekonstruktion des Brennholzverbrauchs der Anasazi wäre sicher billiger als die Begehung des gleichen Fehlers mit der Folge der Zugrunderichtung von 250 000 Quadratkilometern Fläche, die nun in Aussicht steht.
Wenden wir uns nun der schwersten Frage zu. Für Umweltschützer gelten heute Menschen, die Arten ausrotten und Lebensräume zerstören, als Bösewichte. Von den Industriegesellschaften wurde kaum eine Gelegenheit zur Verunglimpfung vorindustrieller Völker ausgelassen, um ihre Tötung und die Inbesitznahme ihres Landes zu rechtfertigen. Handelt es sich nun bei den angeblich neuen Erkenntnissen über Moas und die Vegetation im Chaco Canyon nicht bloß um pseudowissenschaftlichen Rassismus, der im Grunde nur sagen will, daß Maoris und Indianer keine faire Behandlung verdienen, da sie selbst schlecht waren ?
Wir müssen uns vergegenwärtigen, daß es für Menschen schon immer schwer war zu erkennen, in welchem Ausmaß biologische Ressourcen auf die Dauer nutzbar sind, ohne sie zu erschöpfen. Ein signifikanter Rückgang läßt sich oft kaum von normalen jährlichen Schwankungen unterscheiden. Noch schwerer ist das Tempo zu bestimmen, in welchem neue Ressourcen heranwachsen. Wenn die Zeichen
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