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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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über die von zahlreichen vorindustriel­len Völkern bekannten umweltschonenden Praktiken in Einklang bringen ? Offenbar sind ja auch weder alle Ar­ten ausgerottet noch alle Lebensräume zerstört worden, so daß das Goldene Zeitalter nicht ganz so finster gewe­sen sein kann.
    Ich schlage folgende Lösung dieses scheinbaren Wi­derspruchs vor : Es stimmt, daß egalitäre Gesellschaf­ten mit langer Geschichte zur Entwicklung umwelt­schonender Praktiken neigen, da sie viel Zeit zum Vertrautwerden mit ihrer lokalen Umwelt und zur Er­kenntnis der eigenen Interessenlage hatten. Zerstörun­gen werden hingegen dort angerichtet, wo Menschen plötzlich eine unbekannte Umwelt in Besitz nehmen (wie die ersten Maoris und Osterinsulaner) oder wenn Menschen immer weiter und tiefer in Neuland vordrin­gen (wie die ersten Indianer in Amerika), so daß sie nach Verwüstung einer Region einfach die Grenze wei­ter vorschieben können, oder wenn Menschen in den Besitz einer neuen Technologie geraten, deren Zerstö-rungskraft sie nicht recht begreifen, da sie noch nicht genügend Zeit dazu hatten (wie heutige Neuguineer, die Taubenpopulationen mit Schrotflinten dezimieren). Groß ist die Wahrscheinlichkeit schwerer Umweltschä-den auch in zentralistischen Staatsgebilden, in denen der meiste Reichtum in den Händen von Herrschern konzentriert ist, die keine Fühlung mit der Umwelt ha­ben. Manche Arten und Lebensräume sind zudem be­sonders anfällig – zum Beispiel flugunfähige Vögel, die wie Moas und Elefantenvögel noch nie Menschen gese­hen hatten, bzw. jene trockenen, empfindlichen Land­schaften, in denen die westliche Zivilisation und die der Anasazi entstand.
    Lassen sich zweitens aus diesen neueren archäologi­schen Entdeckungen praktische Schlüsse ableiten? Die Archäologie wird häufig als akademische Disziplin ohne gesellschaftliche Relevanz angesehen, die als erste be­troffen ist, wenn das Geld mal wieder knapp wird. Doch in Wirklichkeit stellt die archäologische Forschung ei­nes der nützlichsten Hilfsmittel staatlicher Planer dar. Überall auf der Welt werden Entwicklungen in Gang ge­setzt, die irreversiblen Schaden anrichten können. Und im Grunde handelt es sich meist nur um mächtigere Versionen von Ideen, die in der Vergangenheit schon er­probt worden sind. Welches Land kann es sich schon lei­sten, in fünf Gebieten jeweils unterschiedliche Entwick­lungen zu inszenieren, um dann zu sehen, welche vier auf der Strecke bleiben? Langfristig kommt es uns viel billiger zu stehen, wenn wir Archäologen damit beauf­tragen herauszufinden, was beim letzten Mal geschah, als wenn wir die gleichen Fehler wiederholen.
    Ich will nur ein Beispiel nennen. Im amerikanischen Südwesten gibt es über 250 000 Quadratkilometer Pini­en- und Lärchenwälder, die heute verstärkt zur Brenn­holzgewinnung genutzt werden. Leider verfügt der US Forest Service über wenig Daten zur Berechnung des Holzschlags, der dem Tempo des Nachwachsens ange­messen wäre. Dabei unternahmen die Anasazi unge­wollt das gleiche Experiment und verkalkulierten sich, mit der Folge, daß sich das Waldland des Chaco Canyon nach über 800 Jahren noch nicht davon erholt hat. Die Beauftragung von ein paar Archäologen mit der Rekon­struktion des Brennholzverbrauchs der Anasazi wäre si­cher billiger als die Begehung des gleichen Fehlers mit der Folge der Zugrunderichtung von 250 000 Quadrat­kilometern Fläche, die nun in Aussicht steht.
    Wenden wir uns nun der schwersten Frage zu. Für Umweltschützer gelten heute Menschen, die Arten aus­rotten und Lebensräume zerstören, als Bösewichte. Von den Industriegesellschaften wurde kaum eine Gelegen­heit zur Verunglimpfung vorindustrieller Völker aus­gelassen, um ihre Tötung und die Inbesitznahme ihres Landes zu rechtfertigen. Handelt es sich nun bei den an­geblich neuen Erkenntnissen über Moas und die Vege­tation im Chaco Canyon nicht bloß um pseudowissen­schaftlichen Rassismus, der im Grunde nur sagen will, daß Maoris und Indianer keine faire Behandlung ver­dienen, da sie selbst schlecht waren ?
    Wir müssen uns vergegenwärtigen, daß es für Men­schen schon immer schwer war zu erkennen, in wel­chem Ausmaß biologische Ressourcen auf die Dauer nutzbar sind, ohne sie zu erschöpfen. Ein signifikanter Rückgang läßt sich oft kaum von normalen jährlichen Schwankungen unterscheiden. Noch schwerer ist das Tempo zu bestimmen, in welchem neue Ressourcen he­ranwachsen. Wenn die Zeichen

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