Der dritte Schimpanse
die Leistung vollbrachten, alle wie auf Kommando im richtigen Moment tot umzufallen, um Wissenschaftler des 20. Jahrhunderts zu der falschen Annahme zu verleiten, die Clovis-Jäger seien der Grund ihres Aussterbens gewesen.
Eine plausiblere Erklärung dieses zeitlichen Zusammentreffens geht davon aus, daß es sich tatsächlich um Ursache und Wirkung handelte. Der Geowissenschaft -ler Paul Martin von der University of Arizona beschreibt das dramatische Ergebnis des Zusammentreffens von Jägern und Elefanten als »Blitzkrieg«. Nach seiner Ansicht florierten und vermehrten sich die ersten Jäger, die bei Edmonton aus dem eisfreien Korridor hervorkamen, da sie überreiche Bestände zahmer, leicht zu erlegender Großsäugetiere vorfanden. Waren diese in einer Gegend ausgerottet, schwärmten die Jäger und ihr Nachwuchs einfach in neue Richtungen mit noch reichen Wildbeständen aus, wobei sich mit der Siedlungsgrenze auch die Grenze der Ausrottung von Säugetierpopulationen vorschob. Als sie schließlich die Südspitze Südamerikas erreichten, waren die meisten großen Säugetierarten der Neuen Welt ausgerottet.
Martins Theorie löste heftige Kritik aus, die sich im wesentlichen auf vier Punkte bezieht. Konnte sich eine Gruppe von 100 Jägern, die bei Edmonton zum Vorschein kamen, schnell genug vermehren, um innerhalb von tausend Jahren eine ganze Hemisphäre zu bevölkern? Konnten sie sich schnell genug ausbreiten, um im gleichen Zeitraum die fast 13 000 Kilometer Entfernung von Edmonton nach Patagonien zurückzulegen? Waren die Clovis-Jäger wirklich die ersten Menschen in der Neuen Welt? Und konnten steinzeitliche Jäger 100 Millionen Großsäugetiere tatsächlich so effizient zur Strecke bringen, daß keines überlebte, ohne eine nennenswerte Menge fossiler Spuren zu hinterlassen ?
Nehmen wir als erstes die Frage nach der Fortpflanzungsgeschwindigkeit. Selbst in den ergiebigsten Jagdgründen zählen neuzeitliche Jäger- und Sammlerpopulationen nur etwa eine Person pro Quadratmeile. Somit hätte die Jäger- und Sammlerbevölkerung bei Besiedlung der gesamten westlichen Hemisphäre höchstens zehn Millionen betragen, da sich die Fläche der Neuen Welt unter Abzug Kanadas und anderer zu Clovis-Zeiten von Gletschern bedeckter Regionen auf rund zehn Millionen Quadratmeilen beläuft. In bekannten Fällen der Inbesitznahme von Neuland durch Siedler (zum Beispiel, als die Meuterer von der Bounty auf der Pitcairn-Insel landeten) betrug das Bevölkerungswachstum bis zu 3,4 Prozent im Jahr. Bei dieser Wachstumsrate, die vier überlebenden Kindern pro Elternpaar und einem mittleren Generationenabstand von 20 Jahren entspricht, würden aus 100 Jägern in nur 340 Jahren zehn Millionen werden. Es dürfte somit für die Clovis-Jäger ein leichtes gewesen sein, sich innerhalb von tausend Jahren auf zehn Millionen zu vermehren.
Konnte es den Nachfahren der Pioniere von Edmonton gelingen, innerhalb eines Jahrtausends die Südspitze von Südamerika zu erreichen ? Gerade gemessen beträgt die Entfernung etwas weniger als 13 000 Kilometer, so daß im Schnitt 13 Kilometer im Jahr zurückzulegen gewesen wären. Das ist nun wirklich kein Problem. Jeder halbwegs gesunde Jäger hätte das Jahrespensum an einem einzigen Tag erfüllen und es sich die übrigen 364 Tage am gleichen Ort bequem machen können. Oft läßt sich durch spezifische Merkmale der Steinbruch identifizieren, aus dem ein Clovis-Werkzeug stammte, und wir wissen dadurch, daß einzelne Werkzeuge Entfernungen von bis zu 320 Kilometer zurücklegten. Von manchen der Zulu-Wanderungen des 19. Jahrhunderts im südlichen Afrika wissen wir, daß in nur 50 Jahren an die 5000 Kilometer zusammenkamen.
Waren die Clovis-Jäger die ersten Menschen, die sich südlich der kanadischen Eisdecke ausbreiteten ? Diese unter Archäologen höchst umstrittene Frage wirft größere Probleme auf als die anderen. Dafür sprechen zwangsläufig nur Negativindizien. Es gibt nirgendwo in der Neuen Welt südlich der ehemaligen kanadischen Eisdecke eindeutige menschliche Überreste oder Gebrauchsgegenstände mit unumstrittener Datierung auf die Zeit vor den Clovis-Jägern. Das heißt nicht, daß es nicht Dutzende behaupteter Fundstätten mit menschlichen Spuren aus älterer Zeit gibt, doch an alle oder jedenfalls fast alle knüpfen sich ernste Zweifel, die sich darauf beziehen, ob das für die Radiokarbondatierung verwendete Material vielleicht mit
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