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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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älterem Kohlenstoff kontaminiert war, ob das datierte Material wirklich zu menschlichen Überresten gehörte oder ob die vermeint­lich von Menschenhand gefertigten Werkzeuge nicht in Wahrheit durch natürliche Einflüsse geformte Stei­ne waren. Die beiden noch am ehesten überzeugenden Ausgrabungsstätten mit angeblich älteren Funden sind Meadowcroft Rock Shelter in Pennsylvania, laut Datie­rung etwa 16 000 Jahre alt, und die Fundstätte bei Mon­te Verde in Chile, die mindestens 13 000 Jahre alt sein soll. Berichten zufolge weist die chilenische Fundstätte eine große Vielfalt erstaunlich gut erhaltener menschli­cher Gebrauchsgegenstände auf, doch steht eine detail­lierte Veröffentlichung der Ergebnisse noch aus, so daß eine endgültige Beurteilung noch nicht möglich ist. Im Falle von Meadowcroft wird noch gestritten, ob die mit der Radiokarbonmethode ermittelte Datierung fehler­haft war, was vor allem daraus abzuleiten ist, daß die an der Fundstätte identifizierten Pflanzen­und Tierarten dort eigentlich erst viel später als vor 16 000 Jahren vor­gekommen sein dürften.
    Demgegenüber sind die von den Clovis-Menschen hinterlassenen Spuren unbestreitbar; sie kommen in al­len Bundesstaaten der USA mit Ausnahme Alaskas und Hawaiis vor und werden von Archäologen allgemein an­erkannt. Die Spuren der viel früheren Besiedlung der an­deren bewohnbaren Kontinente durch Menschen eines primitiveren Schlages sind ebenfalls eindeutig und allge­mein anerkannt. An allen Fundstätten zeigt sich das glei­che Bild : Über einer Schicht mit Clovis-Gegenständen und den Knochen zahlreicher ausgestorbener Großsäu­getierarten findet man eine jüngere Schicht mit Folsom-Gegenständen, die mit Ausnahme von Büffelskeletten keine Knochen einer einzigen ausgestorbenen Säuge­tierart aufweist, und gleich unter der Clovis-Schicht die Spuren aus weiter zurückliegenden Jahrtausenden mit milden Klimaverhältnissen, darin eine Fülle von Kno­chen ausgestorbener Großsäugetiere, jedoch nichts, was auf Menschen hindeutet. Wie sollte es möglich sein, daß Menschen die Neue Welt vor den Clovis-Jägern besiedel­ten und nicht die gewohnte Vielfalt an Spuren hinterlie-ßen, die Archäologen klare Schlüsse ziehen lassen, wie Steinwerkzeuge, Feuerstellen, bewohnte Höhlen und ab und zu ein Skelett, alles mit eindeutiger Radiokarbonda­tierung ? Wie soll es Prä-Clovis-Menschen gegeben ha­ben, die trotz der günstigen Lebensbedingungen an den Clovis-Stätten keine Spuren ihrer Gegenwart zurücklie-ßen ? Wie sollen Menschen von Alaska nach Pennsyl­vania oder Chile gelangt sein, ohne in dem Raum da­zwischen deutliche Spuren zu hinterlassen ? Ich halte es aus diesen Gründen für plausibler, daß mit den für Meadowcroft und Monte Verde genannten Daten etwas nicht stimmt. Der Schluß, daß die Clovis-Jäger die er­sten Menschen in der Neuen Welt waren, ergibt dagegen für mich Sinn.
    Ein weiterer heiß umstrittener Teil von Martins Blitz­kriegshypothese betrifft die angebliche Überjagung und Ausrottung von Großsäugetieren. Wir können uns heu­te kaum vorstellen, wie es steinzeitliche Jäger fertigge­bracht haben sollen, einen Mammut zu töten, geschwei­ge denn alle. Doch selbst wenn sie Mammute in großer Zahl abschlachten konnten , warum sollten sie das wol­len ? Und wo sind die ganzen Skelette geblieben ?
    Wenn man im Museum unter einem Mammutske­lett steht, kommt einem der Gedanke, einen dieser mit Stoßzähnen bewehrten Riesen mit einem Speer, noch dazu mit Steinspitze, anzugreifen, ziemlich selbstmör­derisch vor. Doch auch heutige Afrikaner und Asiaten mit nicht minder einfacher Bewaffnung töten Elefan­ten, wobei oft in Gruppen gejagt wird, Hinterhalte und Brände gelegt werden, zuweilen aber auch einzelne Jäger einen Elefanten nur mit einem Speer oder Giftpfeil zur Strecke bringen. Verglichen mit den Mammutjägern zu Clovis-Zeiten, den Erben einer jahrtausendealten Tra­dition der Jagd mit Steinwerkzeugen, müssen sich die­se Elefantenjäger unserer Tage als Amateure bezeich­nen lassen. Museumskünstler stellen steinzeitliche Jäger gern als nackte Rohlinge dar, die einem wutentbrannt heranbrausenden Mammut todesmutig Steine entgegen­schleudern, wobei ein oder zwei bereits zertrampelt am Boden liegen. Das ist absurd. Wenn bei einer typischen Mammutjagd Menschen umgekommen wären, so hät­ten die Mammute die Jäger ausgerottet und nicht um­gekehrt. Ein realistischeres Bild würde warm gekleidete

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