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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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vielleicht dauerte es nur zehn Jahre an jedem einzelnen Ort. Trifft dies zu, so handelte es sich um die geballte­ste Ausrottung von Großtieren, seit der Einschlag eines Asteroiden vor 65 Millionen Jahren das Ende der Dino­saurier herbeiführte (wie man annimmt). Es wäre zu­dem der erste einer Serie von Blitzkriegen gewesen, die das Bild der ökologischen Unschuld des Menschen in ei­nem vermeintlichen Goldenen Zeitalter trüben und seit­her zu unseren typischen Merkmalen zählen.
    Diese dramatische Konfrontation war das Finale eines langen Schauspiels, das davon handelte, daß sich der Mensch von seinem Ursprungszentrum in Afrika auf­machte und alle anderen bewohnbaren Kontinente in Besitz nahm. Unsere afrikanischen Urahnen breiteten sich vor rund einer Million Jahren nach Asien und Eur­opa und vor rund 50 000 Jahren von Asien nach Austra­lien aus, so daß Nord- und Südamerika die letzten be­wohnbaren Kontinente waren, auf die noch kein Homo sapiens seinen Fuß gesetzt hatte.
    Von Kanada bis Feuerland ähneln sich die Indianer in der äußeren Erscheinung heute stärker als auf irgen­deinem anderen Kontinent, was daher rührt, daß ihre Vorfahren erst vor relativ kurzer Zeit dort eintrafen und noch nicht genügend Zeit hatten, starke genetische Un­terschiede auszubilden. Selbst bevor Archäologen Bele­ge dafür fanden, war klar, daß die ersten Indianer aus Asien stammen mußten, da ihre Nachfahren eine star­ke Ähnlichkeit mit asiatischen Mongoliden aufweisen. Zahlreiche neuere Erkenntnisse der Genetik und An­thropologie haben aus dieser Annahme Gewißheit wer­den lassen. Ein kurzer Blick auf die Landkarte zeigt, daß die bei weitem leichteste Route von Asien nach Ameri­ka über die Beringstraße führt, die Sibirien von Alas­ka trennt. Die letzte Landbrücke existierte dort (mit we­nigen kurzen Unterbrechungen) etwa in dem Zeitraum vor 25 000 bis 10 000 Jahren.
    Zur Kolonisierung der Neuen Welt bedurfte es jedoch mehr als einer Landbrücke – es mußte auch Menschen auf der sibirischen Seite geben. Aufgrund ihres rauhen Klimas wurde die sibirische Arktis erst relativ spät in der Geschichte der Menschheit besiedelt. Ihre Bewohner müssen aus den kalten gemäßigten Zonen Asiens oder Osteuropas gekommen sein; es könnte sich beispielswei­se um jene steinzeitlichen Jäger gehandelt haben, die im Gebiet der heutigen Ukraine lebten und ihre Häuser aus fein säuberlich aufeinandergeschichteten Mammutkno­chen bauten. Vor mindestens 20 000 Jahren gab es auch in der sibirischen Arktis Mammutjäger, und vor etwa 12 000 Jahren tauchten Steinwerkzeuge, die denen der si­birischen Jäger glichen, auch in Alaska auf, wie archäo­logische Funde belegen.
    Nach Durchquerung Sibiriens und Überwindung der Beringstraße trennte die eiszeitlichen Jäger noch ein weiteres Hindernis von ihren künftigen Jagdgründen in Amerika : Eine riesige Eiskappe, wie wir sie heute von Grönland kennen, bedeckte Kanada von Ost nach West. In größerem zeitlichen Abstand öffnete sich ein schma­ler eisfreier Nord-Süd-Korridor gleich östlich der Rocky Mountains. Einer davon schloß sich vor rund 20 000 Jahren, doch offenbar hatten in Alaska noch keine Men­schen darauf gewartet, ihn als Durchgang zu benutzen. Als sich der Korridor jedoch vor rund 12 000 Jahren ein weiteres Mal öffnete, müssen die Jäger bereits in den Startlöchern gesessen haben, denn ihre Steinwerkzeuge tauchten bald darauf nicht nur am Südrand des Korri­dors in der Nähe von Edmonton (Provinz Alberta) auf, sondern auch an anderen Stellen südlich der Eiskappe. Zu diesem Zeitpunkt kam es zur Begegnung der Neuan­kömmlinge mit Amerikas Elefanten und anderem Groß-wild, und das Drama nahm seinen Lauf.
    Archäologen bezeichnen diese ersten Einwanderer und Vorfahren der Indianer als Clovis-Menschen, da ihre Steinwerkzeuge erstmals an einer Ausgrabungsstelle bei der Stadt Clovis in New Mexico unweit der texanischen Grenze identifiziert wurden. Clovis-Werkzeuge oder solche, die ihnen ähneln, wurden jedoch in allen Bun­desstaaten der USA zwischen Kanada und Mexiko ge­funden. Vance Haynes, ein Archäologe von der Univer­sity of Arizona , beschreibt die Werkzeuge als denen der früheren osteuropäischen und sibirischen Mammutjä-ger sehr ähnlich, weist aber auf einen auffälligen Unter­schied hin : Die flachen, steinernen Speerspitzen waren auf beiden Seiten mit einer Längsfurche ausgekehlt, was die Befestigung der Spitze am Schaft erleichterte.

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