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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Menschen gibt, wenige Vogelarten, keine starke wirtschaftliche Entwicklung und viel unbe­rührten Wald. Ein typischeres Beispiel für die Tropen ist das artenreiche Malaysia, wo der größte Teil der Tief­landwälder bereits der Rodung zum Opfer fiel. Biologi­sche Forschungsreisende hatten in den Waldflüssen die­ses Landes 266 Arten von Süßwasserfischen identifiziert. Eine unlängst über vier Jahre durchgeführte Untersu­chung fand nur noch 122 dieser 266 Arten vor, also we­niger als die Hälfte. Die anderen 144 malaysischen Süß-wasserfischarten müssen entweder ausgestorben oder sehr selten geworden sein oder nur noch sehr vereinzelt vorkommen. Und diesen Status erreichten sie, ohne daß es jemand bemerkte.
    Das Beispiel Malaysias verdeutlicht recht genau, wel­chen Druck der Mensch auf die tropische Natur ausübt. Und Fische haben mit allen übrigen Arten außer den Vö-geln gemein, daß die Wissenschaft ihren Blick nur sehr unregelmäßig auf sie richtet. Die Schätzung, derzufolge Malaysia bereits die Hälfte seiner Süßwasserfische verlo­ren (oder beinahe verloren) hat, ist deshalb ein geeigne­ter Anhaltspunkt für den Status von Pflanzen, Wirbel­losen und Wirbeltieren mit Ausnahme der Vögel in gro-ßen Teilen der Tropen.
    Das ist die eine Komplikation, die bei der Bestim­mung der Zahl der seit 1600 ausgestorbenen Arten auf­tritt : Der Status vieler oder sogar der meisten mit Namen versehenen Arten ist überhaupt nicht bekannt. Doch es gibt noch eine weitere Komplikation. Wir haben uns bisher nur mit den bereits entdeckten und klassifizier­ten (benannten) Arten befaßt. Könnten wohl auch Ar­ten ausgestorben sein, bevor sie überhaupt klassifiziert wurden ?
    Die Antwort lautet ja, da Hochrechnungen darauf schließen lassen, daß die tatsächliche Zahl der Arten auf der Erde fast 30 Millionen beträgt, von denen je­doch weniger als zwei Millionen klassifiziert worden sind. Ich will nur zwei Beispiele anführen, die Gewiß-heit geben, daß es vorkommt, daß Arten noch vor ihrer Entdeckung aussterben. Der Botaniker Alwyn Gentry untersuchte die Pflanzenwelt eines entlegenen Bergrückens in Ekuador, wo er auf 38 neue Arten stieß, die nur dort vorkamen. Kurz darauf wurde der Bergrücken ab­geholzt, und die neu entdeckten Pflanzen waren damit ausgerottet. Auf Grand Cayman Island in der Karibik entdeckte der Zoologe Fred Thompson zwei neue Land­schneckenarten, deren Lebensraum auf einen bewal­deten Kalksteinhügel beschränkt war, der wenige Jah­re später vollständig gerodet wurde, um Platz für eine Wohnanlage zu schaffen.
    Der Tatsache, daß Gentry und Thompson die beiden Orte zufällig vor der Rodung und nicht danach aufsuch­ten, ist es zu verdanken, daß wir Namen für diese aus­gestorbenen Arten haben. Doch in den meisten Fällen, wenn irgendwo in den Tropen ein Stück Natur zubeto­niert wird, geht dem keine biologische Untersuchung vorweg. Auch auf dem Bergrücken in Ekuador muß es Landschnecken gegeben haben, und unzählige Pflan­zen- und Schneckenarten an anderen Orten in den Tro­pen, die ausgelöscht wurden, bevor wir sie kennenler­nen konnten.
    Kurzum, das Problem der Bestimmung der Zahl aus­gestorbener neuzeitlicher Arten scheint zunächst ein­fach zu sein und zu relativ niedrigen Schätzwerten zu führen – beispielsweise nur fünf oder sechs ausgestor­bene Vogelarten in Nordamerika und Europa. Bei ge­nauerem Nachdenken ergeben sich jedoch zwei Gründe, warum es sich bei den veröffentlichten Listen um viel zu niedrige Schätzungen handeln muß. Erstens stehen darin definitionsgemäß nur benannte Arten, während die meisten Arten (mit Ausnahme gründlich erforsch­ter Gruppen wie der Vögel) noch namenlos sind. Zwei­tens bestehen die veröffentlichten Listen außerhalb Nor­damerikas und Europas und mit Ausnahme der Vögel lediglich aus den wenigen benannten Arten, die zufäl­lig das Interesse von Biologen erweckten und sich erst dann als ausgestorben erwiesen. Von allen übrigen Ar­ten mit unbekanntem Status dürften viele ganz oder bei­nahe ausgestorben sein – beispielsweise rund die Hälft e der malaysischen Süßwasserfische.
    Tun wir nun den zweiten Schritt bei der Beurteilung der Debatte um das massenhafte Artensterben. Bis hierher ging es nur um die seit 1600, als die wissenschaftliche Klassifizierung begann, ausgerotteten Arten. Diese Aus­rottungen fanden statt, weil die menschliche Bevölke­rung unseres Planeten immer größer wurde, zuvor

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