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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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un­besiedelte Gebiete in Besitz nahm und Technologien mit immer größerer Zerstörungskraft erfand. Kamen die­se Faktoren um 1600 ganz plötzlich zur Geltung, nach Jahrmillionen menschlicher Geschichte ? Gab es vor 1600 keine Ausrottungen?
    Natürlich kann es so nicht gewesen sein. Bis vor 50 000 Jahren lebten Menschen nur in Afrika und den wärme­ren Regionen Europas und Asiens. Zwischen jenem Zeit­punkt und 1600 n. Chr. kam es zu einer gewaltigen geo­graphischen Expansion, in deren Verlauf unsere Spezies vor rund 50 000 Jahren Australien und Neuguinea er­reichte, vor rund 20 000 Jahren Sibirien, vor rund 11 000 Jahren den größten Teil Nord- und Südamerikas und erst seit 2000 v. Chr. die meisten abgelegenen Meeresin­seln. Damit ging ein gewaltiger Anstieg unserer Bevöl­kerung von vielleicht ein paar Millionen vor 50 000 Jah­ren auf rund eine halbe Milliarde um 1600 einher. Mit der Verbesserung unserer Jagdtechniken während der letzten 50 000 Jahre, dem Aufkommen polierter Stein­werkzeuge und der Landwirtschaft in den letzten 10 000 Jahren und der Erfindung von Metallwerkzeugen in den letzten 6000 Jahren wuchs auch die menschliche Zerstö-rungskraft .
    In jedem von Paläontologen erforschten Gebiet der Erde, in das Menschen erstmals innerhalb der letzten 50 000 Jahre vordrangen, fiel ihre Ankunft mit massiven Wellen des Aussterbens prähistorischer Tiere zusammen. Für Madagaskar, Neuseeland, Polynesien und Ameri­ka habe ich dies in den beiden vorangegangenen Kapi­teln beschrieben. Seit Bekanntwerden dieser prähistori­schen Wellen des Artensterbens streiten Wissenschaftler darüber, ob die Ankunft des Menschen die Ursache war oder ob nur zufällig Menschen gerade eintrafen, als die Tiere klimatischen Veränderungen erlagen. Was die po­lynesische Inselwelt betrifft, gibt es heute keine ernstzu­nehmenden Zweifel mehr daran, daß Polynesier in der einen oder anderen Weise für das Artensterben verant­wortlich waren. Das Aussterben zahlreicher Vogelarten und die Ankunft von Polynesiern fiel zeitlich ungefähr zusammen, ohne daß größere klimatische Veränderun­gen eintraten, und zudem fand man die Knochen Tau­sender gerösteter Moas in polynesischen Öfen. Im Fal­le Madagaskars spricht das zeitliche Zusammentreffen ebenso für sich. Doch die Gründe früherer Wellen des Artensterbens, vor allem in Australien und Amerika,
    sind immer noch umstritten.
    Wie in Kapitel 18 für Amerika erläutert, erscheinen mir die Beweise, die für eine Rolle des Menschen auch in anderen prähistorischen Fällen sprechen, als gerade­zu erdrückend. Stets kam es nach Ankunft der ersten Menschen zu einer Welle des Artensterbens, jedoch nicht zur gleichen Zeit in anderen Gebieten mit ähnli­chem Klimawechsel und auch nicht bei früheren klima­tischen Veränderungen im gleichen Gebiet.
    Deshalb glaube ich nicht an das Klima als Ursache. Je­der, der einmal in der Antarktis oder auf den Galapago­sinseln war, hat gesehen, wie zahm die dort lebenden, bis vor kurzem nicht an Menschen gewöhnten Tiere sind. Mit dem Photoapparat bewaffnet, kann man sich ihnen noch immer genauso leicht nähern, wie es einst die Jäger konnten. Ich nehme an, daß in anderen Teilen der Welt die ersten eintreffenden Menschen ähnlich leichtes Spiel mit heimischen Mammuten und Moas hatten, während Ratten, die in ihrem Gefolge kamen, unter den kleinen heimischen Vögeln von Hawaii und anderen Inseln auf­räumten.
    Doch zur Ausrottung von Arten durch prähistorische Menschen kam es sicher nicht nur in zuvor unbesiedel­ten Gebieten. Innerhalb der letzten 20 000 Jahre starben auch in den lange von Menschen bewohnten Gebieten zahlreiche Arten aus – in Eurasien das Wollnashorn, der Mammut und der Riesenhirsch, in Afrika der Riesen­büffel, die Riesenkuhantilope und das Riesenpferd. Die­se Großtiere könnten Opfer prähistorischer Menschen geworden sein, von denen sie bereits lange gejagt wur­den, die jedoch nun in den Besitz besserer Waffen ge­langt waren. Eurasiens und Afrikas Großsäugetiere wa­ren mit Menschen durchaus vertraut, verschwanden je­doch aus den gleichen beiden einfachen Gründen, aus denen auch Kaliforniens Grizzlybär und Englands Bä-ren, Wölfe und Biber erst in jüngerer Zeit, nach Jahrtau­senden des Gejagtwerdens durch Menschen, ihren Ver­folgern erlagen. Diese Gründe waren die ständig wach­sende Zahl von Menschen und deren immer bessere Bewaffnung.
    Läßt sich die Zahl der Arten, die von prähistorischen

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