Der Dritte Zwilling.
erwartet bestimmt nicht von Ihnen, daß Sie für Ihren dämlichen Bericht so intime Fragen stellen.«
McHenty hob die Stimme. »Ich versuche, Miß Hoxtons Glaubwürdigkeit zu erhärten.«
»Eine Stunde, nachdem sie vergewaltigt wurde? Blödsinn!«
»Ich tue nur meinen Job …«
»Ich glaube, Sie wissen gar nicht, wie Ihr Job aussieht. Ich glaube, Sie wissen einen Scheißdreck, McHenty.«
Bevor McHenty etwas erwidern konnte, kam ein Arzt ins Zimmer, ohne anzuklopfen. Er war jung und sah abgekämpft und müde aus. »Ist das die Vergewaltigung?« fragte er.
»Das ist Miß Lisa Hoxton«, sagte Jeannie mit eisiger Stimme. »Ja, sie wurde vergewaltigt.«
»Ich brauche einen Vaginalabstrich.«
Der Arzt war kalt und unbeteiligt, aber wenigstens bot er die Gelegenheit, sich McHenty vom Hals zu schaffen. Jeannie schaute den Polizisten an. Er rührte sich nicht von der Stelle, als wollte er bei der Untersuchung die Aufsicht führen.
»Würden Sie den Polizeibeamten McHenty bitten, das Zimmer zu verlassen, bevor Sie den Abstrich machen, Doktor?« sagte Jeannie.
Der Arzt hielt inne und schaute McHenty an. Der zuckte die Achseln und ging nach draußen.
Mit einem plötzlichen, heftigen Ruck zog der Arzt Lisa das Laken herunter.
»Heben Sie das Krankenhemd an, und spreizen Sie die Beine«, sagte er.
Lisa brach in Tränen aus.
Jeannie verschlug es beinahe die Sprache. Was war mit diesen Kerlen los?
»Entschuldigen Sie, werter Herr«, sagte sie zu dem Arzt. Er starrte sie ungeduldig an. »Haben Sie irgendein Problem?«
»Würden Sie bitte versuchen, ein bißchen höflicher zu sein?« Das Gesicht des Arztes lief rot an. »Dieses Krankenhaus ist bis unters Dach voller traumatischer Verletzungen und lebensbedrohlicher Krankheitsfälle«, sagte er. »Zur Zeit liegen drei Kinder in der Notaufnahme, die aus einem Autowrack herausgeholt wurden. Keines der Kinder wird durchkommen. Und Sie beklagen sich darüber, daß ich unhöflich zu einer Frau bin, die mit dem falschen Mann ins Bett gegangen ist?«
Jeannie glaubte, sich verhört zu haben. »Mit dem falschen Mann ins Bett gegangen?« wiederholte sie.
Lisa setzte sich auf. »Ich möchte nach Hause«, jammerte sie. »Ich glaube, das ist eine verdammt gute Idee«, sagte Jeannie, öffnete den Reißverschluß ihrer Sporttasche und breitete die mitgebrachten Kleidungsstücke auf dem Bett aus.
Für einen Augenblick verschlug es dem Arzt die Sprache. Dann stieß er wütend hervor: »Machen Sie, was Sie wollen«, und verließ das Zimmer.
Jeannie und Lisa schauten sich an. »Ich kann’s nicht fassen, was sich hier abgespielt hat«, sagte Jeannie.
»Gott sei Dank, daß sie weg sind«, sagte Lisa und stieg aus dem Bett.
Jeannie half ihr, das Krankenhemd auszuziehen. Rasch streifte Lisa die frischen Sachen über und schlüpfte in die Schuhe. »Ich fahre dich nach Hause«, sagte Jeannie.
»Bleibst du heute Nacht bei mir in der Wohnung?« bettelte Lisa. »Ich möchte nicht allein sein.«
»Na klar. Tu’ ich gern.«
Vor dem Zimmer wartete McHenty. Er machte einen weniger selbstsicheren Eindruck als zuvor. Wahrscheinlich hatte er eingesehen, daß er sich bei der Befragung Lisas ausgesprochen ungeschickt verhalten hatte. »Ich … äh, hätte da noch ein paar Fragen«, sagte er.
»Wir gehen«, erklärte Jeannie mit ruhiger Stimme. »Meine Freundin steht unter Schock. Sie kann jetzt keine Fragen beantworten.« Beinahe ängstlich erklärte McHenty: »Aber das muß sie. Sie hat Anzeige erstattet.«
»Ich bin nicht vergewaltigt worden«, sagte Lisa. »Das alles war ein Irrtum. Ich will jetzt nur noch eins - nach Hause.«
»Ist Ihnen klar, daß eine fälschliche Beschuldigung ein strafbares Vergehen ist?«
»Diese Frau ist keine Verbrecherin«, fuhr Jeannie ihn an, »sie ist das Opfer eines Verbrechens. Falls Ihr Chef sich erkundigt, weshalb Lisa ihre Anzeige zurückgezogen hat, sagen Sie ihm, wegen der rücksichtslosen Behandlung durch den Beamten McHenty vom Baltimore Police Department. Ich bringe meine Freundin jetzt nach Hause. Wenn Sie uns bitte entschuldigen.« Sie legte Lisa den Arm um die Schultern und führte sie an dem Polizisten vorbei zum Ausgang.
Als sie sich von McHenty entfernten, hörte Jeannie ihn murmeln: »Was hab’ ich bloß verbrochen?«
Kapitel 2
Berrington Jones schaute seine beiden ältesten Freunde an. »Ich kann nicht begreifen, was mit uns dreien los ist«, sagte er. »Jeder von uns hat fast sechzig Jahre auf dem Buckel, und keiner hat je mehr als
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