Der Dritte Zwilling.
dich auf bis dahin. Ich möchte dich nicht verlieren. Sei vorsichtig!«
Er lächelte. »Schön, daß du so um mich besorgt bist. Das lohnt fast das Risiko.«
Sie küßte ihn noch einmal, diesmal aber ganz sanft. »Ich ruf dich an.«
Dann stieg sie in ihren Wagen und fuhr davon.
Sie fuhr schnell. Nach weniger als einer Stunde war sie zu Hause.
Enttäuscht mußte sie feststellen, daß Lisa auf dem Anrufbeantworter keine
Nachricht hinterlassen hatte. Vielleicht schlief sie. Oder sie sah fern und hörte ihr Gerät nicht ab. Nur keine Panik. Denk nach! Sie lief wieder hinaus und fuhr zu Lisa, die in einem Apartmenthaus in Charles Village wohnte. Sie klingelte unten an derTür, doch niemand meldete sich über die Sprechanlage. Wo konnte Lisa bloß stecken? Sie hatte keinen Freund, der sie am Samstagabend ausführte.
Hoffentlich ist sie nicht zu ihrer Mutter nach Pittsburgh gefahren …
Lisa lebte in Apartment 128. Jeannie klingelte bei 12 A. Wieder keine Reaktion.
Vielleicht war die verdammte Anlage kaputt. Völlig frustriert probierte sie es bei 12 C.
Eine mürrische Männerstimme meldete sich: »Wer ist da?«
»Entschuldigen Sie die Störung, aber ich bin eine Freundin Ihrer Nachbarin Lisa Hoxton und muß dringend mit ihr sprechen. Wissen Sie zufällig, wo sie ist?«
»Was bilden Sie sich eigentlich ein, wo Sie sind, Lady? Aufm Dorf oder was? Ich weiß nicht mal, wie meine Nachbarin aussieht’ .« Klick.
»Sind Sie New Yorker?« fauchte Jeannie wütend in den tauben Lautsprecher.
Im Stil einer Rennfahrerin preschte sie nach Hause und wählte Lisas Nummer.
»Lisa, bitte, ruf mich auf der Stelle an, wenn du wieder da bist«, sagte sie auf den Anrufbeantworter, » meinetwegen mitten in der Nacht. Ich sitze am Telefon und warte!«
Mehr konnte sie im Augenblick nicht tun. Ohne Lisa kam sie nicht einmal in die Klapsmühle hinein.
Jeannie duschte und schlüpfte in ihren pinkfarbenen Morgenrock. Sie hatte Hunger und machte sich in der Mikrowelle eine gefrorene Zimtschnecke heiß, doch als sie sie dann aß, wurde ihr übel, so daß sie das Gebäck wegwarf und sich mit einem Milchkaffee begnügte. Zur Ablenkung hätte sie jetzt gerne ferngesehen.
Sie nahm das Foto von Steve zur Hand, das Charles ihr gegeben hatte, und beschloß, sich einen Rahmen dafür zu besorgen. Mit einem Magneten heftete sie es an die Kühlschranktür.
Dann vertiefte sie sich in ihr Fotoalbum. Sie mußte lächeln, als sie Daddy in einem braunen, feingestreiften Anzug mit breiten Aufschlägen und weiten Hosen neben dem türkisfarbenen Thunderbird stehen sah. Einige Seiten waren ihren Tenniserfolgen gewidmet und zeigten sie im weißen Dress, siegestrunken Silberpokale und Medaillen präsentierend. Auf einem Bild war Mom zu sehen; sie schob Patty in einem altmodischen Kinderwagen vor sich her. Und da war Will Temple mit einem Cowboyhut; er alberte herum und brachte Jeannie zum Lachen …
Das Telefon klingelte.
Jeannie sprang auf, ließ das Album auf den Boden fallen und riß den Telefonhörer an sich. »Lisa?«
»Hallo, Jeannie. Was für Katastrophen sind denn passiert?«
Schwach vor Erleichterung sank Jeannie aufs Sofa. »Gott sei Dank! Ich habe schon vor Stunden bei dir angerufen. Wo bist du bloß gewesen?«
»Ich war mit Bill und Catherine im Kino. Ist das ein Verbrechen?«
»Entschuldige, ich habe kein Recht, dich ins Kreuzverhör zu nehmen …«
»Schon gut, ich bin ja deine Freundin, da darfst du schon mal biestig sein. Ich werde mich bei Gelegenheit revanchieren.«
Jeannie lachte. »Danke, Lisa. Aber jetzt hör mir mal zu: Ich habe eine Liste mit den Namen von fünf Männern, die möglicherweise Steves Doppelgänger sind.«
Sie untertrieb absichtlich; die Wahrheit war in einem Brocken kaum zu schlucken. »Ich muß noch heute nacht herausfinden, wo ich sie erreichen kann.
Hilfst du mir?«
Es dauerte eine Weile, bis Lisa antwortete. »Bei dem Versuch, in dein Büro zu gelangen, bin ich um ein Haar in ernste Schwierigkeiten geraten, Jeannie. Es hat nicht viel gefehlt, und ich und der Wachmann wären hochkant rausgeflogen. Ich möchte dir gerne helfen, aber ich darf meinen Job nicht verlieren.«
Kalte Furcht beschlich Jeannie. Nein, du darfst mich jetzt nicht hängen lassen, nicht so kurz vor dem Ziel. »Bitte, Lisa.«
»Ich habe Angst.«
Wilde Entschlossenheit verdrängte Jeannies Furcht. Verdammt noch mal, so einfach kommst du mir jetzt nicht davon … »Lisa, es ist schon fast Sonntag.« Es tut mir leid, daß ich dir das
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