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Der Dritte Zwilling.

Der Dritte Zwilling.

Titel: Der Dritte Zwilling. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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ihres Lebens gewesen. »Er ist ausgezogen, als ich an meinem Artikel schrieb, ob die Neigung zu Verbrechen genetisch bedingt ist.« Da hast du dir einen tollen Zeitpunkt ausgesucht, Will. Ich wollte, ich könnte dich mehr hassen. »Dann bot Berrington Jones mir den Job an der Jones Falls an, und ich habe sofort zugesagt.«
    »Männer sind Scheusale.« 
    »Na ja, ein Scheusal ist Will nicht gerade. Im Grunde ist er sogar ein prima Kerl.
    Er hat sich nun mal in eine andere verliebt, Schluß, aus. Ich glaube allerdings, er hat eine verdammt schlechte Wahl getroffen. Aber wir waren ja nicht verlobt oder verheiratet. Er hat kein Versprechen gebrochen. Er war mir nicht mal untreu. Na ja, vielleicht ein-, zweimal, bevor er’s mir dann erzählt hat.« Jeannie erkannte, daß sie jene Worte wiederholte, die Will zu seiner Rechtfertigung vorgebracht hatte. »Ich weiß nicht, vielleicht war er doch ein Scheusal.«
    »Am besten sollten wir die Viktorianische Zeit wieder einführen, als ein Mann sich als verlobt betrachtete, wenn er eine Frau geküßt hat. Damals wußten die Mädchen wenigstens, woran sie waren.«
    Zur Zeit waren Lisas Ansichten, was Beziehungen betraf, ziemlich verquer, doch Jeannie sagte es ihr nicht. Statt dessen fragte sie: »Und was ist mit dir? Hast du mal jemanden kennengelernt, den du heiraten wolltest?«
    »Nie! Nicht einen.«
    »Du und ich, wir stellen eben hohe Ansprüche. Aber keine Bange, Lisa.
    Irgendwann kommt der Richtige, und dann wird es wunderschön für dich sein.«
    Die Türsprechanlage klingelte, und die beiden zuckten zusammen. Lisa sprang auf und stieß den Tisch um. Eine Porzellanvase fiel zu Boden und zerbrach.
    »Verdammt noch mal!« fluchte Lisa.
    Sie war immer noch mit den Nerven runter. »Ich heb’ die Scherben auf«, sagte Jeannie in besänftigendem Tonfall. »Sieh du nach, wer an der Tür ist.«
    Lisa nahm den Hörer aus der Wandhalterung. Auf ihrem Gesicht spiegelten sich Furcht und Verärgerung, und sie betrachtete das Bild auf dem Monitor. »Na ja … also gut«, sagte sie zögernd und drückte auf den Knopf der automatischen Türöffnung. »Wer ist da?« fragte Jeannie.
    »Jemand von der Abteilung für Sexualverbrechen.« Jeannie hatte befürchtet, daß die Polizei jemanden schickte, der Lisa bedrängen sollte, bei den Nachforschungen mitzuarbeiten. Sie war entschlossen, dem einen Riegel vorzuschieben. Noch mehr aufdringliche Fragen konnte Lisa jetzt am wenigsten gebrauchen. »Warum hast du ihm nicht gesagt, er soll verschwinden?«
    »Vielleicht, weil es eine Frau ist. Eine Schwarze«, sagte Lisa. »Im Ernst?«
    »Im Ernst.«
    Ganz schön clever, dachte Jeannie, während sie die Porzellanscherben auf ihre geöffnete Handfläche schob. Die Cops wußten, daß sie und Lisa sich ihnen gegenüber feindselig verhielten. Hätten sie einen männlichen weißen Beamten geschickt, hätten sie ihn nicht in die Wohnung gelassen. Also hatten sie eine farbige Frau geschickt, da sie wußten, daß zwei junge weiße Frauen aus der Mittelschicht sich alle Mühe geben würden, höflich zu ihr zu sein. Na ja, sagte sich Jeannie, falls sie versucht, Lisa zu bedrängen, kann ich sie immer noch hinauswerfen.
    Die Beamtin erwies sich als untersetzte Frau um die Vierzig, sportlich-schick in eine cremefarbene Bluse mit einem bunten Halstuch aus Seide gekleidet, einen Aktenkoffer unter dem Arm. »Ich bin Sergeant Michelle Delaware«, stellte sie sich vor. »Sagen Sie einfach Mish zu mir.«
    Jeannie fragte sich, was in dem Aktenkoffer sein mochte. Normalerweise trugen Detectives Revolver, keine Papiere. »Ich bin Dr. Jean Ferrami«, sagte Jeannie. Sie nannte stets ihren Titel, wenn sie der Meinung war, daß ihr eine Auseinandersetzung bevorstand. »Das ist Lisa Hoxton.«
    »Miß Hoxton, ich möchte Ihnen vorab sagen, daß es mir sehr leid tut, was Ihnen gestern angetan wurde«, sagte Sergeantin Delaware. »Meine Abteilung befaßt sich durchschnittlich mit einem Vergewaltigungsfall pro Tag, und jeder einzelne dieser Fälle ist eine schreckliche Tragödie und ein seelisches und körperliches Trauma für das Opfer. Ich weiß, daß Sie sehr leiden, und ich will versuchen, Rücksicht darauf zu nehmen.«
    Oho, dachte Jeannie. Das hört sich schon ganz anders an als gestern.
    »Ich werde schon darüber hinwegkommen«, sagte Lisa trotzig, doch die Tränen, die in ihren Augen schimmerten, straften ihre Worte Lügen.
    »Darf ich mich setzen?«
    »Ja, sicher.«
    Die Sergeantin nahm am Küchentisch Platz.
    Jeannie

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