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Der Dritte Zwilling.

Der Dritte Zwilling.

Titel: Der Dritte Zwilling. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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sie, ihn sofort zu erfassen und auszudrucken.
    Jeannie betrat mit mühsam beherrschtem Arger das Rektorat. Sie trug ein weites, smaragdgrünes T-Shirt über engen schwarzen Jeans, dazu Stiefel, wie sie früher in der Armee üblich gewesen und derzeit der letzte Schrei waren. Ein silberner Ring steckte in einem durchstochenen Nasenflügel, und ihr dichtes schwarzes Haar war nach hinten gebunden. Berrington fand sie recht niedlich, aber mit einem solchen Outfit würde der Rektor in ihr genau die Art von jungen verantwortungslosen Akademikern sehen, welche die JFU in Schwierigkeiten bringen mochten.
    Maurice bat sie, sich zu setzen, und informierte sie über den Anruf von der Zeitung. Sein Benehmen war steif. Mit Männern in reiferem Alter kommt er gut zurecht, dachte Berrington. Mit jungen Frauen in engen Jeans dagegen hat er seine Probleme.
    »Diese Frau hat auch mich angerufen«, sagte Jeannie verärgert. »Das Ganze ist lächerlich!«
    »Sie arbeiten mit medizinischen Datenbanken«, sagte Maurice. »Aber ich lese sie nicht, das tut der Computer. Niemand bekommt diese Unterlagen zu Gesicht.  Mein Programm stellt eine paarweise geordnete Liste mit Namen und Adressen zusammen.«
    »Selbst das …«
    »Weiter unternehmen wir nichts, ehe wir nicht die Erlaubnis der möglicherweise in Frage kommenden Personen eingeholt haben. Wir machen sie nicht einmal darauf aufmerksam, daß sie Zwillinge sind, bevor sie sich nicht einverstanden erklärt haben, daß wir sie in unsere Studie einbeziehen. Also, wessen Privatsphäre wird da verletzt?«
    Berrington täuschte vor, sie zu unterstützen. »Ich habe es ja gesagt, Maurice. Die Times sieht es falsch!«
    »Das mag schon sein. Trotzdem veröffentlichen sie ihre Meinung von dieser Sache. Und ich muß an den Ruf der Universität denken.«
    »Glauben Sie mir«, versicherte ihm Jeannie, »meine Arbeit wird diesen Ruf noch steigern.« Sie lehnte sich vor, und Berrington hörte aus ihrer Stimme den unbezwingbaren Drang nach neuen Erkenntnis sen, der alle guten Wissenschaftler trieb. »Es ist ein außerordentlich wichtiges Projekt. Ich bin die einzige, die eine Methode zum Studium der Vererbung von kriminellen Eigenschaften gefunden hat. Es wird eine Sensation sein, wenn wir die Ergebnisse veröffentlichen.«
    »Sie hat recht«, warf Berrington ein. Es stimmte. Ihre Studie wäre faszinierend geworden. Es brach einem schier das Herz, sie zu vernichten. Aber er hatte keine Wahl.
    Maurice schüttelte den Kopf. »Meine Aufgabe ist, die Universität vor einem Skandal zu bewahren.«
    »Genau wie es Ihre Aufgabe ist«, gab Jeannie kühn zu bedenken, »die akademische Freiheit zu verteidigen!«
    Damit schlug sie den falschen Kurs ein. Früher einmal hatten Rektoren zweifellos für das Recht auf unbehinderte Forschung gekämpft, doch diese Zeiten waren vorbei. Jetzt setzten sie sich hauptsächlich noch für Spendengelder ein. Maurice würde diese Anmahnung seiner Pflichten lediglich als Beleidigung ansehen.
    Maurice brauste auch sogleich auf. »Ich benötige von Ihnen keine Unterweisung über meine Pflichten als Rektor, junge Dame.«
    Zu Berringtons heimlicher Freude ließ Jeannie diese Warnung unbe achtet. »Ach nein?« verfolgte sie das Thema nun erst recht. »Es ist der klassische Konflikt. Auf der einen Seite eine Zeitung, die eine schlecht recherchierte Story androht, auf der anderen ein Wissenschaftler, der nach Erkenntnis sucht. Wenn das Oberhaupt einer Universität dieser Art von Druck nachgibt, welche Hoffnung bleibt dann noch?«
    Berrington war begeistert. Sie sah wundervoll aus mit den erhitz ten Wangen und den blitzenden Augen, aber sie schaufelte ihr eigenes Grab. Jedes ihrer Worte brachte Maurice noch mehr gegen sie auf.
    Auch Jeannie wurde offenbar bewußt, was sie tat, denn plötzlich änderte sie ihre Taktik. »Andererseits will niemand schlechte Publicity für die Universität«, sagte sie gemessener. »Ich verstehe Ihre Besorgnis völlig, Dr. Obell.«
    Zu Berringtons Bestürzung wurde Maurice sogleich freundlicher.
    »Es ist mir klar, daß Sie das in eine schwierige Lage versetzt. Die Universität ist bereit, Ihnen eine Entschädigung in Form einer jähr lichen Gehaltsaufbesserung von zehntausend Dollar anzubieten.«
    Jeannie blickte ihn erstaunt an.
    Berrington sagte: »Das dürfte es Ihnen ermöglichen, Ihre Mutter aus diesem Pflegeheim zu holen, über das Sie sich solche Gedanken machen.«
    Jeannie zögerte nur flüchtig. »Dafür wäre ich sehr dankbar, aber es würde das

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