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Der Dschungel

Der Dschungel

Titel: Der Dschungel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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würde.
    Und so begab er sich, als er, ohne einen Cent in der Tasche, aus dem Gefängnis entlassen wurde, gleich zu Jack Duane. Er ging voller Demut und Dankbarkeit hin, denn Duane gehörte einem höheren Stand an und hatte Bildung – da war es erstaunlich, daß er sich mit einem einfachen Arbeiter zusammentun wollte, der sogar Bettler und Landstreicher gewesen war. Jurgis verstand nicht, was er ihm für eine Hilfe sein konnte; ihm war nicht klar, daß ein Mensch wie er – bei dem man sich darauf verlassen konnte, daß er treu zu jedem hielt, der ihn anständig behandelte – unter Kriminellen ebenso Seltenheitswert besaß wie in jeder anderen Schicht.
    Die Adresse, die Jurgis hatte, war eine Dachstube im Judenviertel, die Behausung von Duanes Mädchen, einer hübschen kleinen Französin, die tagsüber als Näherin arbeitete und sich abends durch Prostitution etwas dazuverdiente. Er wohne nicht mehr bei ihr, erklärte sie Jurgis, denn er habe hier zuviel Angst vor der Polizei haben müssen. Als seinen neuen Unterschlupf nannte sie ihm eine Kellerkaschemme. Als Jurgis dort hinkam, behauptete der Wirt, von einem Jack Duane noch nie etwas gehört zu haben. Aber nachdem er Jurgis in ein regelrechtes Kreuzverhör genommen hatte, zeigte er ihm eine rückwärtige Treppe, die zu einem Hehlerlager im Hinterraum einer Pfandleihe führte, von wo aus es dann zu einer Reihe von Bordellzimmern ging. In einem davon hielt sich Duane verborgen.
    Duane war froh, daß Jurgis kam. Er sei völlig blank, sagte er, und habe schon auf ihn gewartet, damit er ihm hilft, zu ein bißchen Geld zu kommen. Dann legte er ihm seinen Plan dar – ja er verbrachte den ganzen Tag damit, seinem Freund die Chicagoer Unterwelt zu erklären und ihm zu zeigen, wie er sich in ihr seinen Lebensunterhalt verdienen könne. Diesen Winter werde er es schwer haben wegen seines Arms und auch wegen der jetzigen ganz ungewohnten Aktivität der Polizei. Aber solange er unbekannt ist, wäre er sicher, wenn er vorsichtig bleibt. Hier bei »Papa« Hanson, dem alten Mann, der die Kneipe betreibt, habe er seine Ruhe, denn der sei »koscher« – halte zu einem, solange man zahlt, und gebe einem eine Stunde vorher Bescheid, wenn eine Razzia ins Haus steht. Und Rosensteg, der Pfandleiher, kaufe einem alles, was man anbringt, für ein Drittel des Wertes ab und garantiere außerdem, die Ware ein Jahr lang versteckt zu halten.
    In dem schmalen Handtuch von Zimmer gab es einen Ölofen, und sie brieten sich darauf ein Abendbrot. Gegen elf Uhr zogen sie dann durch einen Hinterausgang los, Duane bewaffnet mit einem »Totschläger«. Als sie in eine Wohngegend kamen, kletterte Duane an einem Laternenpfahl hoch und pustete das Gaslicht aus. Dann drückten sie sich in den Schatten eines Souterraineingangs und verharrten dort mucksmäuschenstill.
    Sehr bald schon kam ein Mann vorbei, ein Arbeiter – den ließen sie unbehelligt. Nach einer langen Weile hörten sie die schweren Schritte eines Polizisten, und sie hielten den Atem an, bis sie verklungen waren. Obwohl bereits halb erfroren, warteten sie noch eine volle Viertelstunde – und dann näherten sich wieder Schritte, diesmal flott ausschreitende. Duane stieß Jurgis an, und sobald der Mann an ihnen vorbei war, standen sie auf. Lautlos wie ein Schatten schlich Duane ihm nach, und eine Sekunde später vernahm Jurgis einen dumpfen Schlag, gefolgt von einem erstickten Schrei. Er stand nur ein paar Meter ab, und er sprang hinzu, um dem Mann den Mund zuzupressen, während Duane ihn an den Armen festhielt, so wie sie es vorher besprochen hatten. Doch der Mann war ganz schlaff und drohte zusammenzusacken, so daß Jurgis ihn nur am Kragen zu halten brauchte. Unterdessen durchsuchte Duane ihn mit flinken Fingern, riß ihm erst den Mantel, dann den Rock und schließlich die Weste auf, ging sämtliche Außen- und Innentaschen durch und steckte alles, was er fand, in seine eigenen Taschen. Nachdem er zum Schluß noch die Finger und die Krawatte des Mannes abgefühlt hatte, flüsterte er: »Das wär’s!« Sie schleiften ihn zu der Souterraintreppe und ließen ihn hinunterfallen. Dann gingen sie raschen Schrittes davon – Jurgis in die eine und sein Freund in die andere Richtung.
    Duane war zuerst zu Hause, und als Jurgis kam, untersuchte er bereits die »Sore«. Sie bestand aus einer goldenen Uhr mit Kette und Medaillon, einem silbernen Drehbleistift, einer Schachtel Streichhölzer, einer Handvoll Münzen und schließlich einer

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