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Der Dude und sein Zen Meister: Das Leben, die Liebe und wie man immer locker bleibt (German Edition)

Der Dude und sein Zen Meister: Das Leben, die Liebe und wie man immer locker bleibt (German Edition)

Titel: Der Dude und sein Zen Meister: Das Leben, die Liebe und wie man immer locker bleibt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Bridges
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was checken, weißt du, und jammen .
    Perfektion ist also eines der anderen Ufer. Es gibt noch jede Menge andere: Könnte ich nur besser sein; könnte ich nur glücklicher sein; könnte ich nur erfolgreicher sein.
    BERNIE:   Könnte ich doch erleuchtet sein!
    JEFF:   Das ist ja ein richtiger Oschi. Es gab mal einen wundervollen Benediktinermönch und Töpfer, Bruder Thomas Bezanson, der großartige Glasuren und Formen schuf, aber zu jenen Künstlern gehörte, die achtundneunzig von hundert Stücken zerdeppern, weil sie ihnen nicht gut genug sind.
    Auf der anderen Seite hast du einen Künstler wie Picasso, der zwar etwas Ähnliches tat, aber in einem völlig anderen Geist. Er sagt: »Hm, so ist das« und zeichnet dir diese Ansicht der französischen Riviera. Und du sagst: »Wow, ist ja cool.« Er guckt und sagt: »Ach was – nein, das ist nicht gut, vielleicht …« Und während du ausrufst: »Warten Sie! Warten Sie, Sie versauen’s ja. Sie verhunzen es. Oh … oh, verstehe. Oh, das ist ja interessant. Oh Gott, das ist wunderschön! Okay, jetzt lassen Sie es aber so. Oh nein, nein, Sie verderben es ja schon wieder!«, macht er das noch etwa fünf- oder sechsmal, dann knüllt er das Blatt zusammen, schmeißt es weg und meint: »Jetzt hab ich ein paar Ideen.«
    Es gibt da keine Wertung. Alles ist kostbar, oder auch nichts – weißt du, was ich meine?
    BERNIE:   In der japanischen Keramik gibt es eine ganze Stilrichtung, in der die Zufälle, die beim Formen und Glasieren auftreten, tatsächlich von den Töpfern geschätzt werden.
    Wenn einem an Perfektion gelegen ist, sorgt man sich um eine Erwartung. Doch es gibt auch eine Sorge um das Hier und Jetzt, um den Ort, an dem ich jetzt stehe, das, was in diesem Augenblick geschieht. Wenn ich Zeit mit meinen Schülern verbringe, erzählen sie mir, dass sie – von einem Lehrer, in einem Buch – etwas gehört oder gelesen haben, dem sie – wie sie glauben – nicht gerecht werden können. Und ich sage ihnen: »Kümmere dich erst mal um dich. Befreunde dich mit dem, was gegenwärtig geschieht, und nicht nur mit dem, der du sein solltest, oder dem gewünschten Zustand der Welt. Denn jetzt bist du hier, wie also sorgst du in diesem Moment am besten für dich?«
    Das ist nur möglich, wenn man seine Erwartungen von Perfektion oder irgendeinem anderen Ufer, das man im Kopf hat, fallen lässt und stattdessen mit dem spielt, was gerade im Gange ist. Wenn es also zur Situation gehört, dass ich Perfektionist bin, dann kümmere ich mich halt um diesen Perfektionisten. Wahrscheinlich weiß ich ja, dass Vollkommenheit unerreichbar ist: Immer wird es etwas geben, was noch ein bisschen besser ist, aber ich mag ihn trotzdem, diesen Burschen, der diesem Instrument den perfekten Klang entlocken will. Nicht weil es etwa richtig wäre, nicht, weil es falsch wäre, sondern, weil ich momentan nun mal diese Person bin und auf mich achten will.
    JEFF:   Das hat ’ne gewisse Schönheit, Mann.
    BERNIE:   Es gibt eine Richtung vor, einen Pfad. Auch auf dem Pfad, unterwegs, musst du dich um dich kümmern, nicht erst, wenn du die Ziellinie überquerst. Denn vergiss nicht: Wo du bist, ist auch die Ziellinie.

4  Ja, weißt du, das ist vielleicht … deine Meinung, Mann
    JEFF:   Ich steh auf den Dude; er ist sehr authentisch. Er kann sauer werden und sich aufregen, aber er fühlt sich wohl in seiner Haut. Und auf seine eigene, unnachahmliche Weise besitzt er auch Grazie. Er verströmt sie in jeder seiner Beziehungen: eine unerwartete Güte, ein großzügiges Wohlwollen, wenn er jemanden mit Nachsicht behandelt, der es wahrlich nicht verdient hat, oder wenn er – trotz mieser Laune – aufkreuzt, nur weil es dem Rest der Mannschaft so viel bedeutet. Lieber alles in einer Umarmung ersticken als offen ausfechten. Weißt du, was mir ein Lebowski-Fan mal erzählt hat? Er glaubte, Donny sei ein Produkt von Walters Einbildung, ein alter Kriegskamerad von ihm, der womöglich in Vietnam gefallen war. Und der Dude habe bei diesem Wahn mitgespielt und an den Dreiergesprächen teilgenommen, obwohl er wusste, dass es Donny gar nicht gab. Ich unterhielt mich mit Ethan und Joel Coen darüber, doch sie hatten nichts dergleichen beabsichtigt. Wie auch immer; es verrät eine Menge über den Dude. Er lässt sich einfach mitreißen und schwimmt mit dem Strom.
    BERNIE:   Du könntest ihn vielleicht einen Lamed-Wawnik nennen. In der jüdischen Mystik gibt es sechsunddreißig Gerechte, die

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