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Der Dude und sein Zen Meister: Das Leben, die Liebe und wie man immer locker bleibt (German Edition)

Der Dude und sein Zen Meister: Das Leben, die Liebe und wie man immer locker bleibt (German Edition)

Titel: Der Dude und sein Zen Meister: Das Leben, die Liebe und wie man immer locker bleibt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Bridges
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gereizt und will nach Hause, also versuche ich, ihn abzuwimmeln: »Wenn du mir jetzt die Haare schneidest, musst du sie mir bald schon wieder schneiden, und ich will, dass mein Haar für den nächsten Film möglichst lang ist.« Auch bei dem wird Thomas wieder mitarbeiten.
    Und er meint: »Sicher, Jeff, aber du hast jetzt schon drei Wochen lang keinen Haarschnitt mehr gehabt.«
    Und ich sage: »Thomas, für die Rolle brauch ich eh langes Haar. Wenn ich eine Glatze bräuchte und mir die Haare drei Wochen lang nicht rasiert hätte, würde es auffallen. Aber bei so viel Haar wird keiner den Unterschied merken.«
    Der Wortwechsel geht weiter, und schließlich gebe ich auf: »Okay, schneid mir einfach die verdammten Haare. Du bist der Maskenbildner, du bist der Experte, nur zu, tu’s.«
    Und so schneidet er mir die Haare, während ich dahocke und zu meditieren versuche. Wütend meditiere ich eine halbe Stunde lang, und die ganze Zeit über spüre und höre ich jeden Schnitt. Endlich ist er fertig, und ich sage: »Danke, ich danke dir für deine Gewissenhaftigkeit.« Aber ich bin stocksauer.
    Jetzt gehe ich also nach Hause und habe zwei Tage frei. Während der nächsten beiden Tage kann ich nicht schlafen, weil mir die Sache mit den Haaren immer wieder aufstößt. Was machst du denn da? , denke ich . Warum steigerst du dich da so rein? Es ist lächerlich . Aber immer wieder wälze ich das Ganze im Kopf herum und denke den ganzen Tag und die ganze Nacht darüber nach. Gleichzeitig lese ich über die tibetischen Lojong-Übungen, im Grunde genommen Merksätze, die davon handeln, wie man sich mit solchen unbehaglichen Situationen beschäftigt und sich ihnen öffnet, als seien es Geschenke. Vor allem einer der Sätze berührt mich: Sei immer froh . Sieh diese Kämpfe als Gelegenheiten zu erwachen.
    Nach zwei Tagen kehre ich wieder zur Arbeit zurück. »Hallo, Thomas, wie läuft’s, Mann?«
    »Geht mir gut«, meint er.
    »Also ich«, sage ich, »ich war im Arsch. Die letzten drei Nächte hab ich kein Auge zugetan, ständig denke ich an diese lächerliche Haargeschichte.«
    »Ehrlich gesagt«, meint Thomas, »auch ich hab mich das ganze Wochenende über beschissen gefühlt.«
    Und da endlich veränderte sich alles. Und bekam Ähnlichkeit mit einer Episode aus Sitcoms wie 30 Rock c) oder Das Büro d) . Wir lachten darüber, und ich erzählte ihm, was ich durchgemacht hatte. Ich meine, wir redeten da von fünf Millimeter Haar, und sieh dir mal all die Sachen an, die da hochkamen! Das meine ich, wenn ich davon rede, Erwartungen erfüllen zu wollen. Angeblich bin ich ja so cool, und nun schau dir an, wie sehr ich mich von fast nichts aus der Fassung bringen lasse.
    Ich sagte: »Das hatte es ja ganz schön in sich, Mann. Das kann unser Haar-Koan werden.«
    »Wie meinst du das?«, fragte Thomas.
    Und ich schlug ihm vor, etwas zu tun, was ich manchmal mit meiner Frau mache. Wir sitzen uns gegenüber. Einer von uns sagt, was ihm gerade durch den Kopf geht, der andere hört nur zu und »empfängt«, bis der erste nichts mehr zu sagen hat, dann werden die Rollen getauscht. Und wir machen so weiter, bis wir beide das Gefühl haben, dass wir fertig sind. Manchmal gelingt es, manchmal nicht; es ist ein Dilemma. Thomas und ich probierten es also und fanden viel Humor und Vertrautheit in dieser Übung. Sie war unbequem für uns beide, doch sie vertiefte auch unsere Beziehung, weil all diese kleinen Erschütterungen und Unannehmlichkeiten tatsächlich Gelegenheiten bieten, etwas zu erforschen und die Neugier wachzuhalten: Oh, das ist ja interessant, worum geht es hier? Warum habe ich mich so aufgeregt? Das meine ich damit, wenn ich sage, ich lasse mich auf die Dinge ein. Und hier war auch Gelegenheit für Thomas, um zu sehen: Hey, du bildest dir ein, ich wäre ein ruhiger, cooler, gelassener Typ. Tatsächlich aber kann ich genauso verklemmt, sauer und doof sein wie jeder andere . Das ist peinlich, nicht wahr? Das ist wie an der Stelle, wo der Dude ausrastet und Walter immer wieder sagt: »Ruhiger als du. Ruhiger als du.«
    Die Leute denken, ich bin relaxt und nichts kann mich aus der Fassung bringen, und es ist beschämend, ihnen eine ganz andere Seite zu zeigen. Aber wenn ich sie eingestehe, statt sie zu verleugnen, dann kann das auch ein Weg zur Heilung sein, statt sich daheim im stillen Kämmerchen in etwas reinzusteigern: Der verdammte Thomas hat doch keine Ahnung. Kapiert er denn nicht, dass nicht nur das Haar stimmen muss, sondern ein

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