Der Dude und sein Zen Meister: Das Leben, die Liebe und wie man immer locker bleibt (German Edition)
Scherben zu treten. Und dann kamen die Nachbeben. Mein ganzes Leben hatte ich in L. A. verbracht, aber nie hatte ich ein Erdbeben wie dieses erlebt. Es hörte kurz auf, ging dann wieder weiter, und das immer und immer wieder.
Ich erinnere mich noch daran, dass man das Gas im Haus abdrehen musste. Man möchte das ja in einer solchen Situation sofort erledigen, und ich habe es immer als Männersache betrachtet, nicht wahr, während eines Erdbebens in den Keller runterzusteigen, während deine Frau und die Kinder oben an der Treppe stehen. Aber durch die Dreharbeiten war ich so viel weg, dass ich keine Ahnung hatte, wo sich das Gasventil befand, sodass stattdessen meine Frau Sue runterging, um es abzudrehen, während ich oben mit unseren Töchtern im Türrahmen stand. Den Rest der Nacht verbrachten wir in Schlafsäcken im Hof vor dem Haus und fragten uns, was wohl noch alles geschehen würde. Doch als wir aufwachten, ging das Leben schon wieder seinen normalen Gang, Leute strampelten auf ihren Fahrrädern vorbei, und alle taten fast so, als wäre nichts passiert – die absolute Verleugnung.
Bei mir aber hinterließ es einen gewaltigen Eindruck. Wir verlassen uns so sehr darauf, dass wir auf festem Boden stehen; da ist es schon ein Schock, wenn dieser Boden plötzlich in Bewegung gerät und zu beben beginnt. Diese Nacht hinterließ ein tiefes Gefühl der Verunsicherung bei mir und die Einsicht, dass es absolut nichts gab, auf das man sich wirklich verlassen konnte. Vor dem Erdbeben verließ ich mich darauf, dass die Erde an Ort und Stelle blieb; ich dachte gar nicht darüber nach, nahm es einfach als gegeben an. Danach aber ging mir auf, dass praktisch alles passieren kann. Und ich wurde mir auch der Funktion der Verleugnung bewusst, die es uns gestattet, irgendwie weiterzumachen, und uns vergessen lässt, wie gefährdet und vergänglich das Universum tatsächlich ist.
Die Leute hatten sich einfach angepasst.
BERNIE: Immer wieder müssen wir uns im Leben anpassen, weil sich alles ständig verändert. Weißt du, woran mich das erinnert? Hühner legen Eier, um Küken zu kriegen. Wenn das Küken bereit ist, aus dem Ei zu schlüpfen, pickt es an der Eierschale: Pick pick pick pick pick . Die Henne, die das hört und spürt, dass es an der Zeit ist, gluckt ein bisschen herum und macht sich dann mit ihrem Schnabel – Pick pick pick pick pick – ebenfalls an die Arbeit und pickt von außen. Gemeinsam brechen sie die Schale auf, und das Küken kommt auf die Welt. Tut die Henne dies zu früh, stirbt das Küken, weil es noch nicht vollständig ausgebildet ist. Tut sie es aber zu spät, so erstickt es. Das Timing ist hier wirklich entscheidend.
Auf die gleiche Weise wird in jeder Sekunde ein neues Universum oder ein neues Ich geboren. Ist man entsprechend darauf eingestellt, dann kann man das Picken des Universums vernehmen, das Pick pick pick pick pick ruft: Ich will geboren werden! Vielleicht ist es ein neuer Jeff, der da geboren werden will, oder ein neuer Bernie oder eine ganz neue Welt. Ich bin draußen und will helfen, also muss ich ebenfalls picken. Aber welches Werkzeug benutze ich, um diese neue Welt zu gebären? Ich bin kein Huhn. Ich habe Optionen. Ich habe einen Schraubenzieher, habe Liebe, Ellbogen, mir stehen eine Menge unterschiedlicher Werkzeuge zur Verfügung.
Im Zen haben wir eine Gestalt, so einen fetten Kerl, der ein bisschen wie ein Weihnachtsmann ohne Bart aussieht.
JEFF: Ich kenne ihn; das ist Hotei, nicht wahr? Sue hat mir eine herrliche Holzskulptur von Hotei fürs Büro geschenkt.
BERNIE: Hotei hat diesen Sack voller Hilfsmittel und Werkzeuge, einen Sack mit allem, was es gibt auf der Welt. Er hat Körperpuder darin, Kondome, einen Schraubenzieher.
JEFF: Meinst du, ein Vibrator ist auch drin?
BERNIE: Ein Vibrator auch, und Bücher, alles, was du dir nur vorstellen kannst. Der Sack enthält jeden nur existierenden Gegenstand, und Hotei latscht auf dem Marktplatz herum und redet mit allen, die ihm über den Weg laufen, und kümmert sich dann mit Hilfe dieser »Werkzeuge« um sie.
Weißt du, an wen mich das erinnert? Du wohnst doch in Santa Barbara. Früher habe ich auch da gelebt, und wann immer ich Jonathan Winters in Montecito rumlaufen sah, musste ich an Hotei denken.
JEFF: Hast du schon mal mit ihm abgehangen? Ich hab ihn als Kind durch meine Eltern kennengelernt. Etwa dreißig Jahre später bin ich ihm in Santa Barbara beim Einkaufen in einem
Weitere Kostenlose Bücher