Der Dude und sein Zen Meister: Das Leben, die Liebe und wie man immer locker bleibt (German Edition)
Richtung, betrachtest das Leben durch immer größere Vergrößerungen, die immer feinere Bestandteile enthüllen. So unterteilt man immer stärker, versucht herauszufinden, wer recht hat, wer sich irrt, zergliedert das Leben immer weiter, und weißt du, was man am Ende findet? Den Raum.
So also verändert sich die Perspektive, je nachdem, wie weit man sich von etwas entfernt oder wie nah man einer Sache kommt.
BERNIE: Man könnte sagen, der Buddha hat die Linse mit dem weitesten Winkel verwendet, als er meinte, alles – und zwar genau so, wie es ist – sei eins und erleuchtet. Eine andere Sprechweise aber bestünde darin, die Perspektive aufs Neue mit unserem Körper zu verknüpfen. Durch Buddhas Objektiv betrachtet, bist du Jeff. Er interessiert sich nicht für die Teile, aus denen Jeff besteht, etwa deine Beine, Hände, Venen oder Arterien. Er sieht, dass alles eins ist, alles Jeff. Wenn du Jeff durch eine größere Vergrößerung betrachtest, findest du Unmengen von Blutkörperchen, die andere Blutkörperchen zerstören, Synapsen, Häutchen und Knochen, und das alles kann chaotisch und sogar gewalttätig wirken. Es gibt Triebe und Verhaftungen, Nervenimpulse, die zum Gehirn hinaufjagen und dann wieder herunter, um dem Rest des Körpers zu sagen, was er zu tun hat. Ein ganz schöner Betrieb ist das. Aber wenn du ein Weitwinkelobjektiv verwendest, ist alles eine Sache, und diese eine Sache ist Jeff.
Wenn du, genau so, das Leben durch die Linse einer Zeitung betrachtest, wirst du die gleichen Konkurrenzkämpfe, die gleiche Betriebsamkeit und die gleichen Konflikte entdecken. Du siehst ein Land namens Nordkorea, das gegen ein anderes Land namens Südkorea kämpft, siehst die Überschwemmungsfluten in Pakistan, die schmelzende Arktis und Politiker, die sich streiten. Doch wenn man es mit einem Weitwinkelobjektiv betrachtet, ist alles eins, und das nennen wir dann Erleuchtung. Nur können wir nicht einfach mit unseren Augen auf diese Einheit blicken, wir müssen sie tatsächlich erfahren, wirklich checken, und nicht nur darüber lesen, darüber nachdenken oder sie intellektuell nachvollziehen. Das Leben aber, das man dann aus dieser Erfahrung heraus lebt, bezeichnen wir als ein erleuchtetes oder erwachtes Leben.
Jeffs Körper ist ein einziger Körper, ob all die Zellen und Teile, die Jeff ausmachen, das nun wissen oder nicht. Und in gleicher Weise sind wir alle eins und voneinander abhängig, ob wir es tatsächlich begreifen oder nicht. Aber es ist schön, wenn wir es erfahren, denn dann können wir unsere Handlungen mit dem Wirklichen in Übereinstimmung bringen, und das Wirkliche ist, dass alles eins ist. Wenn wir das erkennen, fangen wir an, alles und jeden als eins zu behandeln. Um es aber zu erkennen, müssen wir üben.
Der Bodhisattva sieht, dass es kein abgetrenntes Ich gibt, dass alles eins ist. Zur Erfüllung seines Versprechens, alle Wesen zu befreien, wird er jedoch mit allen Teilen arbeiten. Er wird Jeff als getrennt von Bernie, Sue oder Eve anerkennen und mit ihm als separates Ganzes arbeiten. Das heißt, dass er vorsätzlich in der Welt der Täuschungen wirkt, doch er tut dies, um sein Gelübde zu erfüllen, und nicht seinem Ego zuliebe.
JEFF: Und dennoch haben wir diesen Traum vom ewigen Frieden. Ist das nicht pervers?
BERNIE: Für mich ist es eine Utopie, und ich glaube nicht an Utopien.
JEFF: Glaubst du an den Frieden?
BERNIE: Ich glaube daran, auf friedliche Zustände hinzuarbeiten. Ich glaube, man muss versuchen, das Leiden zu verringern. Es gibt Leiden, das durch Menschen entsteht, die einander bekämpfen und töten, und auf diesem Gebiet habe ich ein bisschen gearbeitet. Aber ich glaube nicht, dass wir je Frieden erreichen werden, wenn damit gemeint sein soll, dass niemand mehr kämpfen oder töten wird.
Nehmen wir etwa noch einmal meinen Körper. Ich habe den Eindruck, mein Körper ist mit sich im Frieden, aber heißt das denn, ich möchte, dass meine weißen Blutkörperchen aufhören, die Krebszellen in meinem Körper zu attackieren? Mit Sicherheit nicht. Mit mir im Frieden sein heißt für mich, dass ich innerlich vernetzt bin. Das bedeutet aber nicht, dass meine Blutzellen nicht andere Zellen angreifen, und es garantiert auch nicht, dass die Krebszellen sich nicht doch noch eines Tages erheben und meinen Körper erobern. Das ist der Lauf des Lebens, und der ist nicht aufzuhalten, ob wir nun für den Krebs eine Heilmethode finden oder nicht. Wenn es mir
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