Der Dude und sein Zen Meister: Das Leben, die Liebe und wie man immer locker bleibt (German Edition)
zu verbessern, und wir alle haben sie dafür geliebt. Sie hat allerdings niemals versucht, das System zu verändern. Wenn überhaupt, dann hat sie sich um die negativen Folgen gekümmert, um Menschen, die das System ignorierte, wie die Armen und Sterbenden. Martin Luther King jr. andererseits versuchte das System selbst zu ändern. Er begann als Sprecher der Afroamerikaner, protestierte am Ende jedoch gegen den Vietnamkrieg und die sozialen Ungleichheiten in unserem Land – also gegen das gesamte System – und wurde ermordet. Nicht jeder ist bereit, sich derart zu engagieren, denn es ist gefährlich; kein System möchte verändert werden.
Primo Levi, der über sein Überleben in Auschwitz schrieb, schildert Elias, einen Zwerg, der während des Zweiten Weltkriegs im Konzentrationslager Auschwitz interniert war. Elias war enorm stark, brutal und ziemlich verrückt, und mit diesen Eigenschaften überstand er nicht nur das System Auschwitz, während so viele um ihn herum starben, sondern gedieh sogar. Er aß, stahl und wirkte durchaus zufrieden. In der Welt außerhalb von Auschwitz, die anders funktioniert, hätte er – ganz offensichtlich – nur an den äußersten Rändern der Gesellschaft überleben können. Ja, dort hätte man ihn vielleicht sogar in ein Irrenhaus gesteckt. Doch innerhalb des Systems namens Auschwitz wurde Elias zu einem Virtuosen des Überlebens.
So zwingt uns jedes System seine Spielregeln auf. Und man muss sich nicht nur ansehen, was es uns antut, sondern auch, was es uns zu tun zwingt. Wir haben die Fähigkeit, uns in jedem System durchzuschummeln; wir können aber auch versuchen, das System zu verändern. Das ist der gefährliche Weg, denn man wird uns tadeln, zurückweisen, ausstoßen und vielleicht sogar töten.
Lenny Bruce versuchte, das System zu verändern – auf seine Art. Er war Stand-up-Comedian und ließ sich nicht nur über das System aus – das hätte das System ja nicht weiter gestört –, sondern er improvisierte auch, machte obszöne Witze, redete über Sex und sagte zuweilen sogar Dinge, mit denen nicht mal er selbst gerechnet hatte. Diese Art von Zwanglosigkeit und Freiheit irritiert viele.
Auch mein Freund, der Clown und Aktivist Wavy Gravy, versuchte, das System zu verändern, allerdings in einem Stil, der sich von dem eines Lenny Bruce stark unterschied. Wavy erzählte mir mal, dass er gegen das Kernkraftwerk im Livermore National Laboratory in Kalifornien demonstriert hatte. Die Polizei war eingetroffen, um die Sitzdemonstration aufzulösen, und er steckte in seinem Weihnachtsmann-Clownskostüm. Sie packten ihn, zogen ihm das Clownskostüm aus und prügelten ihm die Scheiße aus dem Leib.
JEFF: Das ist die Macht des Clowns, nicht wahr? In seinem Kostüm konnten sie ihn nicht verprügeln. Humor ist ein sehr guter Schmierstoff, Mann. Richard Pryor, der schwarze Komiker, war auch so ein Typ.
Aber ich frage mich: Haben diese Leute denn tatsächlich versucht, das System zu verändern, oder waren sie nur ganz unverstellt sie selbst? Vielleicht wollte Pryor ja nur der und das sein, was er war. So, als könnte er nicht anders, weil man dem Leben und dem Universum nun mal so entgegentritt – und dann so wird. Vielleicht wird man ja sogar süchtig nach dieser Identität. Also: Machst du es, oder lässt du es mit dir machen? Hat man überhaupt eine Wahl? Bringen die Umstände den Typen oder das Mädchen hervor, die das System verändern wollen, oder sind es der Typ und das Mädchen, die beschließen, das System zu verändern?
BERNIE: Alles hängt mit allem zusammen. Nimm etwa einen Wald. Darin gibt es einen Redwoodbaum, der alljährlich drei Meter wächst, und eine Eiche, die lediglich zwei Zentimeter zulegt. Dann haben wir da allgemeine Faktoren wie Sonne, Regen und Erde. Zu diesen natürlichen Gegebenheiten zählen auch die Merkmale jedes einzelnen Baumes. Der eine wächst drei Meter pro Jahr und der andere nur zwei Zentimeter. Ähnlich verhält es sich mit unserem Körper: Aufgrund der Gegebenheiten tun die Hände bestimmte Dinge und die Füße etwas anderes. Beide teilen dasselbe Umfeld, gehören demselben Körper an, aber gleichzeitig haben auch beide ihre eigenen Aspekte.
Als die Kernenergie auf den Plan trat, reagierte einer wie Wavy Gravy darauf mit seinem Engagement. Aufgetaucht war sie ja schon viel früher, und der Wissenschaftler Richard Feynman etwa reagierte auf sie, indem er am Bau der Atombombe mitwirkte. Beide trafen ähnliche Umstände
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