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Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Titel: Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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waren?
    Oda kniete sich neben sie und hielt ihre Hand. Rubinia zuckte erschrocken zusammen und löste sich aus dem Griff.
    »Was weißt du, was wir nicht wissen?«, fragte sie. »Warum sollten wir in den Tempel. So viele sind gestorben. Und wofür? Für Cepheis Trost, wenn die Zwerge kommen und uns hier drinnen abschlachten?«
    »Das dort draußen sind keine Zwerge«, erklärte Oda. »Sie waren es vielleicht einmal, doch jetzt sind es Kreaturen der Schattenwelt, Dämonen, Untote. Ich habe es in ihren Augen gesehen. Sie waren starr und kalt. Sie hatten blaue Lippen, und ihre Haut war weiß und stumpf. Du hast einem von ihnen einen Bolzen in den Hals geschossen. Du weißt es selbst, du willst es dir nur nicht eingestehen. Dein Verstand sagt dir, dass es nicht möglich ist, doch ich bitte dich, vertraue diesmal deinen Augen und höre nicht auf dein Herz.«
    »Untote oder nicht«, sagte Gunder. »Wenn wir uns alle gemeinsam über sie hermachen, können wir sie überwältigen. Du hättest einen von ihnen fast allein mit einer Fackel getötet. Warum sollte es uns allen nicht gemeinsam gelingen.«
    Oda schüttelte den Kopf. »Ihr wisst nicht, wovon Ihr sprecht.Ich habe ihn nicht fast getötet. Ich habe ihn nicht einmal wirklich verletzt. Diese Kreaturen sind übermächtig. Ja, sie haben Angst vor Feuer, aber es brennt nicht lange genug auf ihrer Haut, als dass es sie töten könnte. Sie würden mehr von uns töten, als Ihr bereit wäret zu opfern, glaubt mir. Doch nun lasst mich erst Eurer Schwester helfen. Ihre Wunde muss behandelt werden.«
    »Wer oder was bist du?«, fragte Rubinia.
    »Ich bin bewandert in solchen Dingen, dass muss dir als Antwort für den Moment reichen«, sagte Oda.
    Rubinia und Gunder starrten sie mit großen Augen an.
    »Was verschweigt Ihr uns?«, fragte Gunder zornig. »Niemand kennt sich einfach so mit der Heilung von Wunden aus. Ihr wisst mehr, als Ihr zugeben wollt.«
    »Das ist allein meine Sache«, fauchte Oda. »Es geht Euch nichts an. Ich habe auch nicht gefragt, was in dieser Stadt nicht stimmt. Warum so viele Familien Trauer tragen. Ich akzeptiere, dass es Dinge gibt, über die man nicht sprechen möchte, und das solltet Ihr auch. Und nun geht mir aus dem Weg, damit ich Eurer Schwester und den anderen helfen kann.«

20. MILO
    Milo hatte das Gefühl, dass sich all seine Organe um seinen Bauch versammelt hatten. Den Hintern spürte er überhaupt nicht mehr, und die Arme waren schwer wie Blei.
    Seit Stunden saß er jetzt schon auf dem Pferderücken und klammerte sich an Rough, den zwielichtigen Anführer der Männer aus dem Haus der Wahrheit. Zwielichtig wegen der vielen Dinge, die nicht gesagt wurden. Rough schien nichts davon zu halten, andere an seinen Gedanken und Plänen teilhaben zu lassen   – weder Freunde noch Gefangene. Milo war sich noch nicht sicher, zu welcher Seite er gehörte. Rough hatte ihm nicht die Wahl gelassen, sich ihnen anzuschließen. Sie hatten ihn einfach auf ein Pferd gehoben und waren mit ihm losgeritten. Alles, was er wusste, war, dass sie nach Zargenfels reisten, um dort jemanden zu treffen, der sich ebenfalls für das sonderbare Zeichen auf Milos Siegelring interessierte. Die wenigen Anweisungen, die Rough gab, wurden entweder geflüstert oder unter vier Augen weitergegeben. Die Männer um Rough schienen kaum eigene Entscheidungen zu treffen. Sie hörten auf ihren Anführer. Untereinander redeten sie auch kaum. Entweder mochten sie sich nicht, oder es gab nichts zu reden. Die meisten schienen sich auf das zu konzentrieren, was vor ihnen lag   – was immer das auch sein mochte.
    Milo redete sich ein, ein Mitglied der Gruppe zu sein. Immerhin trug er keine Fesseln, und keiner der Männer hatte ihn geschlagen oder behandelt wie einen Gefangenen. Sie ritten zusammen, sie schliefen zusammen, und sie aßen zusammen. Das alles war Grund genug für Milo, sie als Gefährten anzusehen und die Situation dadurch erträglicher zu machen. Außerdem brachten sie ihn genau dorthin, wo Meister Gindawell ihn hingeschickt hatte. Den Plan, seinen Bruder zu befreien, musste er schweren Herzenszurückstellen. Aber wer wusste, wofür es gut war. Vielleicht fand er auch etwas über den Zweitgeborenen heraus und bekam Bonne so frei. Doch aller Wahrscheinlichkeit nach saß sein Bruder ohnehin schon bei Tante Rubinia im Krähenturm, wärmte sich die Füße am Feuer und stopfte sich Blaubeermuffins in den Mund.
    Milo hatte unterdessen ganz andere Probleme. Er umklammerte Rough, um

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