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Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Titel: Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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gleich herausstellen, wie gut du die Klinge führen kannst, Gunder«, sagte Rubinia zu ihrem Bruder, während sie die Armbrust ein weiteres Mal spannte.
    Sie machte sich nichts vor, aber es war immer noch besser, sich zu wehren, als hilflos zu sterben. Gerade als sie den Bolzen eingelegt hatte, donnerte der Hammerkopf das erste Mal gegen die kleine runde Holztür. Staub und Sand rieselten von der Decke.
    Er braucht kein halbes Dutzend Schläge , wurde Rubinia quälend bewusst. Sie stellte sich neben ihren Bruder, bereit, dem Bärtigen entgegenzutreten, wenn es so weit war.
    Der zweite Schlag ließ das Holz splittern und verbog den oberen Riegel.
    Rubinias Nerven waren gespannt wie die Sehne ihrer Armbrust. Gebannt wartete sie auf das nächste Dröhnen des Hammers. Doch es blieb aus. Stattdessen rannte eine kleine zierliche Gestalt mit einer brennenden Fackel am Fenster vorbei. Etwas zersplitterte auf dem Boden. Es hörte sich an wie ein Tongefäß, das zu Bruch ging. Dunkle Rauchschwaden zogen am Fenster vorbei, und durch die kaputte Scheibe drang der Geruch von verbranntem Haar.
    Im nächsten Augenblick sah Rubinia, wie der Zwerg mit dem Hammer brennend über den Marktplatz stolperte. Seine Waffe glitt ihm aus der Hand und fiel zu Boden, wo kleine gelbe Flammen sich gierig über den Waffenstil hermachten. Der Zwerg taumelte auf die Ponytränke nahe des Brunnens zu. Der Waffenrock des Bärtigen stand lichterloh in Flammen.
    Während Rubinia und Gunder das schreckliche Schauspiel beobachteten, zeigte sich schräg unter ihnen am Fenster ein zierliches Gesicht.
    »Oda, dir ist nichts passiert, Cephei sei Dank«, zischte Rubinia. »Ich hatte schon befürchtet, sie hätten dich auch erwischt.«
    »Wir haben keine Zeit für ein Pläuschchen«, entgegnete Oda barsch. »Ihr müsst da raus und allen Bescheid sagen, dass sie in den Tempel kommen sollen. Das ist der einzige Ort, an dem wir erst einmal sicher sind vor diesen Unholden. Macht schon, auf mich würden die Leute hier nicht hören.«
    »Ich verstehe nicht«, stammelte Rubinia, »Welchen Sinn   …?«
    »Tu einfach, was ich dir sage«, fauchte Oda, »oder ihr werdet alle sterben.«
    Dann sprang sie auf und rannte los. Sie lief quer über den Marktplatz, direkt auf den Tempel der Cephei zu. Sie achtete auf nichts und niemanden, sie rannte einfach.
    Rubinia hechtete zur Tür und schob die Riegel zurück.
    »Tun wir, was sie sagt«, erklärte sie ihrem Bruder und drehte den Schlüssel herum.
    Als sie das Haus verließen, stürzte sich der in Brand gesetzte Zwerg gerade kopfüber in die Ponytränke. Ein Schwall Wasser ergoss sich über ihn, und einen Augenblick später brach die Tränke unter dem Gewicht auseinander und ergoss ihr Wasser über den Marktplatz.
    »Du nimmst die Häuser, die auf direktem Weg zum Tempel liegen. Mit deiner Verletzung wirst du nicht viel weiter kommen«, sagte Gunder. »Ich renne auf die andere Seite des Platzes und versuche, dort alle zusammenzutrommeln.«
    »Sei vorsichtig!«, rief sie Gunder hinterher. Dann machte auch sie sich auf den Weg. Sie humpelte so schnell sie konnte von Haus zu Haus. Ohne große Erklärungen abzugeben, wiederholte sie Odas Worte, um dann zum nächsten Haus zu eilen. Sie wartete nicht auf Antwort oder bis jemand herauskam, noch versuchte sie, diejenigen zu überzeugen, die ungläubig abwinkten.
    Innerhalb kurzer Zeit strömten ganze Familien an Rubinia vorbei und rannten auf den Tempel zu. Oda hatte bereits die Türen zum Glaubenshaus weit aufgerissen und kniete auf der Schwelle zum Tempel.
    Das Gotteshaus in Eichenblattstadt fügte sich fast unauffällig in die Dorfarchitektur ein. Nicht wie in vielen anderen Städten, wo es hoch über allen Gebäuden thronte oder sich durch Größe und Bauart abhob, stand es hier integriert zwischen Wohnhäusern. Es war nicht viel größer als der Ratssaal und rundum in Erdwälle eingefasst. Nur das Doppelportal und die kirchturmartige Spitze, die wie ein mächtiger Schornstein aus dem Dach ragte und die große bronzene Glocke beherbergte, unterschied es von anderen Häusern.
    Ein Bolzen schlug neben Rubinia in die Gartenpforte ein, die sie gerade aufschwang. Sie schenkte dem Geschoss keine weitere Beachtung und humpelte durch den Vorgarten zum Haus. Una Butterblums, die Witwe des Bürgermeisters, kam ihr schon auf halbem Wege entgegen, ein gutes Dutzend Kinder im Schlepptau. Rubinia musste keine Worte verlieren, schon viele der BürgerEichenblattstadts machten es den anderen nach

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