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Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Titel: Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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dicht gedrängt an den Fassaden der Häuser entlang, um gleich darauf wieder in einem der dunklen Eingänge zu verschwinden. Andere überquerten mit weiten Schritten die Straße und eilten weiter in irgendwelche kleine Gassen. Ein alter Mann zerrte an einem Esel herum.
    »An der Südmauer entlang bis zum alten Handwerksmarkt. Du weißt doch, wo das ist, oder?«, flüsterte Rough von hinten.
    Koster nickte stumm und lenkte die zwei Pferde in eine Seitenstraße.
    Aus dem Inneren der Häuser verfolgten sie düstere Blicke durch die Fenster hindurch. Türen und Läden wurden geschlossen, als die Wagen vorbeizogen. Eine junge Frau nahm zwei Kinder an die Hand und zerrte sie in einen Hauseingang.
    »Die Leute scheinen misstrauischer geworden zu sein«, sagte Milo. »Früher haben uns die Kinder immer zugewunken und wollten unsere Füße sehen, weil sie es so lustig fanden, dass jemand so klein ist wie sie und trotzdem die Füße von Erwachsenen hat.«
    »Sie sind nicht misstrauisch«, erwiderte Kosten. »Vor allen Dingen haben sie Angst. Die Unsicherheit geht um. In Zeiten des Bürgerkrieges kann niemand sagen, ob der Nachbar noch ein Freund ist, ob die Stadtwache einen nicht im nächsten Moment in den Kerker sperrt, oder ob der eigene Sohn die Familie bei den Priestern anschwärzt. Es erwächst aus einer Nichtigkeit, und plötzlichbrennt alles um einen herum, und einer nach dem anderen stirbt. Nichts ist schlimmer als ein falscher Freund, der seit Jahren neben dir wohnt. Es gab Städte, die galten als uneinnehmbar, und dennoch sind sie gefallen   – durch die Hand der eigenen Bürger. Es ist wie ein Fieber. Von außen sieht man es kaum, doch innen drin, da brennt es lichterloh.«
    »Ja, es beginnt immer mit Nichtigkeiten, wie mit einer alten Eiche, die keine Blätter mehr trägt«, sage Milo halb in Gedanken.
    Sie führten ihn zurück nach Eichenblattstadt. Was Kosten gesagt hatte, kam ihm bekannt vor. Irgendwie hingen alle Ereignisse der letzten Zeit miteinander zusammen. Was in Eichenblattstadt passiert war, passierte hier wieder, nur größer. Und all das hatte etwas mit dem Zeichen auf dem Ring an seinem Finger zu tun.
    Milo betrachtete ihn erneut. Doch wie lange er auch darauf starren mochte, es blieb eine Ansammlung von Zeichen und Symbolen, die von längst vergessenen Göttern erzählten, mehr nicht.
    »Was ist das?«, fragte Kosten ihn.
    »Das ist der Grund, warum ich gezwungen wurde, mich diesen Männern anzuschließen.«
    »Wegen dieses kleinen Stücks Metall?«, lachte Kosten. »Dann sind wir eindeutig der bessere Fang.«
    »Seid ruhig, da vorne«, zischte Rough und verpasste jedem von ihnen einen Stoß in die Rippen.
    Einem Halbling den Mund zu verbieten war in etwas so, wie einem Huhn zu verbieten, Würmer aus dem Mist zu picken   – hoffnungslos. Doch Milo erinnerte sich daran, wie die Diskussionen in Eichenblattstadt zu Hasstiraden geworden waren und zu was das geführt hatte. Schon oft hatte sein loses Mundwerk ihn in Schwierigkeiten gebracht, aber sein Leben wollte er dafür nicht aufs Spiel setzen.

21. NELF
    Der lange Treck aus Wagen und leichteren Karren kam zum Stehen. Es war eine Wohltat, nicht ständig auf den harten Holzbänken hin und her geworfen zu werden. Nelf hatte sich zusammen mit Tislo in eine Ecke gezwängt und in eine muffige Decke eingewickelt. Mit ihnen zusammen befanden sich noch fünf Zwerge in dem Wagen und ein Elf, der mit Lederriemen gefesselt und mit einem Seil an die hölzerne Bank gebunden war.
    Eine der Wachen schlug im Vorbeigehen mit Wucht gegen die Gitterstäbe des Wagens. Die Zwerge dösten. Einer von ihnen wurde durch den Lärm geweckt, schlug die Augen auf und sah hinüber zu Nelf. Dann lächelte er.
    »Er ist ganz schön sauer«, sagte der Zwerg. »Das bedeutet, deine Schwester ist noch am Leben und weiterhin auf der Flucht.«
    »Das tut mir leid für ihn«, sagte Nelf, »denn wenn er es nicht schafft, sein Gemüt anders aufzuhellen, wird er bis in alle Tage ein alter Griesgram bleiben. Oda werden sie auf keinen Fall wieder einfangen. Dafür ist sie viel zu schlau.«
    Der Zwerg nickte düster.
    »Ich wünsche dir, dass du Recht behältst. Es war nicht richtig, euch mit auf diese Reise zu nehmen. Ihr habt mit der ganzen Sache nichts zu tun. Genau wie ich und meine Söhne. Es ist Wahnsinn.«
    Nelf beugte sich etwas vor, und Tislo tat es ihm nach.
    »Wohin reisen wir denn, und was geschieht mit uns, wenn wir ankommen?«, flüsterte Nelf.
    Der Zwerg lehnte sich zurück,

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