Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)
ist. Und auch jetzt, in dieser schwierigen Zeit, hat er uns geholfen und gibt uns Ratschläge. Ich finde, wir sollten tun, was er uns rät. Er hat sich unser Vertrauen verdient.«
Die Bürger Eichenblattstadts sahen sich Rat suchend um. Sie waren es nicht gewohnt, solch schwerwiegende Entscheidungen zu treffen, ohne den Zuspruch des Rates zu haben. Keiner wollteverantwortlich sein, wenn beim Abstieg in die Schlucht etwas schiefging.
»Und er hat uns geholfen, als wir die Kartoffelfäule hatten«, rief eine junge Halblingsfrau.
»Ja, und er hat Gindawell damals überreden können, einen anderen Taufwein zu nehmen, anstatt dieses widerliche, bittere Gebräu aus Ackerfeld.«
Die meisten der Bürger nickten zustimmend.
»Dafür hat Jeroll Butterblums versucht, die Reste davon in seiner Kneipe auszuschenken«, lachte ein junger Halbling und steckte mit seiner Heiterkeit die anderen an.
Plötzlich schienen sich alle Bedenken in Wohlgefallen aufzulösen. Die Halblinge sprachen sich Mut zu und schmiedeten Pläne, wie sie sich die Zeit in der Schlucht vertreiben sollten. Niemand zweifelte mehr an dem Vorhaben. Eine allgemeine Aufbruchsstimmung machte sich breit.
Rubinia seufzte erleichtert auf.
29. NELF
Der Tunnel wollte einfach nicht enden. Seit fast einem Tag folgten Nelf und Tislo jetzt schon dem unterirdischen Gang, der sie weiter ins Erdreich führte. Die beiden Halblinge waren die Schlusslichter einer Gruppe von neun Zwergen, die bepackt mit Schaufeln und Hacken vorangingen. Um die Halblinge nicht zu einem Klotz am Bein werden zu lassen, hatte man ihnen nur etwas Proviant umgehängt: Brot und getrocknete Pilzschwämme. Den Rest hatte man auf vier Mulis aufgeteilt und vorausgeschickt.
»Igitt, wie können die nur so etwas essen?«, beschwerte sich Nelf, nachdem er einen Bissen der Pilze gekostet hatte. »Pilze müssen auf dem Waldboden reifen, braune Kappen und einen schönen festen Stängel haben. Das hier ist eher etwas zum Hornhaut von den Füßen schrubben.«
Tislo riss Nelf den Rest des Schwammes aus der Hand und stopfte ihn sich in den Mund.
»Ich weiß gar nicht, was du willst«, nuschelte er mit vollem Mund. »Dafür, dass sie aus einer Mine kommen, sind sie äußerst schmackhaft. Aufgeweicht in Wasser und mit einer deftigen Bratensoße wären sie bestimmt sogar lecker.«
Nelf sah seinen Bruder vorwurfsvoll an.
»Erstens wird das Zeug, selbst wenn du es tagelang in Rehbouillon kochen würdest, immer noch schmecken wie Wildschweinpipi, und zweitens kommt es nicht aus einer Mine, sondern aus diesem merkwürdigen Wurmloch.«
»Was redest du denn da?«, sagte Tislo empört. »Wir sind in einem Loch unter der Erde. Und das Loch haben Zwerge gegraben. Löcher in der Erde, die von Zwergen gegraben wurden, nennt man Minen. Was hast du daran auszusetzen?«
»Wo hast du bloß deine einfältigen Weisheiten her, Brüderchen? Wenn du in etwas Warmes Weiches trittst, muss es noch lange kein Kamillenfußbad sein.«
»Wenn es keine Mine ist, was ist es denn dann?«
»Keine Ahnung«, gestand Nelf, »aber wenn es eine Mine ist, wollen die Zwerge das Erz wohl in ihren Hosentaschen nach draußen bringen. In diesem Tunnel werden sie auf jeden Fall keine Lore fahren lassen. Der Boden hält nicht mal einen Holzkarren aus, ohne dass er wegsackt. Außerdem ist der Gang viel zu schmal. Und noch ein paar Dinge stimmen hier nicht. Hast du schon irgendwo einen Seitenstollen gesehen? Ich meine, wir laufen jetzt einen ganzen Tag hier umher, und außer ein paar engen, kaum abgestützten Abzweigungen, habe ich noch nicht den geringsten Hinweis auf einen Abbau von Wer-weiß-was gesehen. Es heißt doch immer, die Zwerge sind so zielsicher, wenn es um das Finden von Vorkommen geht. So viele Meilen Tunnel und nicht ein Stollen? Ich möchte nicht in der Haut des Minenmeisters stecken.«
»Ich auch nicht, Dorimbur hat ihn nämlich erschlagen. Erinnerst du dich?«
»Das war jetzt eher sinnbildlich gemeint«, sagte Nelf. »Aber es gibt noch etwas, was nicht zum Bau einer Mine passt. Willst du wissen, was es ist?«
»Du würdest es mir auch sagen, wenn ich nein sage, oder?«
»Stimmt«, gestand Nelf. »Wir laufen schon den ganzen Tag bergauf. Jetzt frage ich dich, was für eine Mine soll das denn sein?«
»Eine Mine, in der sie eklige Schwammpilze abbauen vielleicht?«
Nelf zischte resigniert.
»Wenn ihr beiden dahinten nicht gleich die Schnauze haltet, werde ich euch so viel Ausrüstung auf den Rücken schnallen lassen, dass ihr
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