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Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Titel: Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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und starrte auf sein Kurzschwert, dessen Klinge zur Hälfte in der Erde steckte.
    »Dorn, du musst mit mir kommen!«, schrie er den Söldner an. »Das ist unsere Chance, von hier wegzukommen. Die Zwerge greifen die Stadt der Elfen an. Ohne dich schaffe ich es nicht. Dorn, hörst du?«
    Dorn hörte nicht, oder es drang nicht zu ihm durch. Er saß da und ließ das Chaos um ihn herum geschehen, als sei es ein Trugbild und könnte ihm nichts anhaben.
    »Dorn, es ist nicht die Zeit zum Trauern.«
    Milo rüttelte vorsichtig an seiner Schulter. Er befürchtete, Dorn könnte unangemessen reagieren, wenn er ihn zu sehr bedrängte. Aber wenn man mitten auf einem Schlachtfeld saß, auf dem sich gleich zwei Armeen die Köpfe einschlagen würden, wie lästig durfte man dann werden?
    Es hatte alles keinen Zweck, Dorn ignorierte jedes Flehen.
    Milo fuhr herum, als er eine Gestalt aus dem Augenwinkelwahrnahm, die am Rand der Lichtung entlangschlich. Es war ein Elf. Tief gebeugt und mit gespanntem Bogen, schien er auf die ersten Eindringlinge zu warten. Milo verlor ihn aus den Augen, als sich abermals eine weiße Qualmwolke über die Lichtung schob.
    »Zwerge mit mächtigen Hämmern und Äxten gegen Elfen mit Langbögen, und ich mitten drin mit einem abgewetzten Dolch«, beschwerte sich Milo bei sich selbst. »Ich weiß ja noch nicht mal, auf welche Seite ich mich schlagen soll.«
    Verbittert sah er zu Dorn.
    »Du bist mir keine große Hilfe«, sagte er. »Sechs Fuß, um genau zu sein. Doch um diese geltend zu machen, musst du aufstehen, denn momentan bin ich der größere von uns. Auch wenn es nur eine Handbreit ist.«
    Ein verirrter Pfeil   – zumindest hoffte er, dass er versehentlich in seine Richtung geflogen war   – zischte an Milo vorbei und verlor sich irgendwo hinter ihm im Wald. Entsetzt warf er sich zu Boden. Einen Moment wartete er ab, ob noch weitere Geschosse folgten, dann krabbelte er auf allen vieren in die Deckung des Weißrindenbaumes. Mit dem Elfenwald im Rücken spähte er über die Lichtung. Dorn saß keine zehn Fuß von ihm entfernt, ohne Deckung, ungeschützt und regungslos.
    »Dorn«, zischte Milo. »Komm hier herüber. Wenn du geplant hast, dich durch deine Reglosigkeit unsichtbar zu machen, muss ich dir leider sagen, es hat nicht geklappt. Der Pfeil auf mich war sicherlich ein Versehen. Bei diesen Sichtverhältnissen kann man schon mal einen Halbling mit einem Zwerg verwechseln, aber du bist ein Mensch. Und ein recht großer und mürrisch aussehender dazu. Ich könnte es keiner Seite verübeln, wenn sie dich sicherheitshalber töten, um nicht Gefahr zu laufen, dass du etwas gegen sie hast. Wenn du weiterhin so dasitzt, würde dich selbst noch ein Zwerg mit einem Langbogen treffen können.«
    Es hatte keinen Sinn. Milo drang nicht zu ihm durch. Aber er konnte den Söldner auch nicht einfach zurücklassen. Sie kannten sich zwar noch nicht lange, doch sie waren Weggefährten, und dashatte für einen Halbling schon etwas zu bedeuten. Ob menschliche Söldner das ähnlich sahen, wusste er nicht.
    Milo blieb nichts anderes übrig, als abzuwarten und darauf zu hoffen, dass sie entweder unbemerkt blieben oder Dorn doch noch zur Besinnung kam.
    Das Feuer wütete immer weiter und fraß sich durch den torfigen Waldboden. Der Seelenbaum in Milos Nähe stand bald komplett in Flammen, und Milo sah durch den Schleier aus Rauch, wie die Elfen von ihm flüchteten. Bereit, ihre Heimat zu verteidigen, bezogen sie im Wald Stellung. Doch der Feind, den sie erwarteten, kam nicht. Der einzige Gegner, dem sie sich gegenüber sahen, waren die schwelenden und funkensprühenden Löcher im Boden   – ein unerbittlicher und ausdauernder Feind.
    Bei Einbruch der Nacht sah Milo das ganze Ausmaß des Infernos. Dutzende von Bränden erhellten den Elfenwald. Der Schein der Feuer ließ die weißen Rauchschwaden wie Gespenster wirken, die durch die Bäume wehten. Mindestens drei der großen Seelenbäume standen lichterloh in Flammen. Der glühende Krater am Rand der Lichtung besaß mittlerweile einen Durchmesser von gut zwanzig Fuß und wuchs von Stunde zu Stunde weiter. Der Rauch war unerträglich geworden und ließ nicht weiter blicken, als man einen Stein hätte werfen können. Über den Baumkronen tobte immer noch der Sturm.
    Ein Teil der Elfen hatte ihre Stellung verlassen, um zu versuchen, die Brände einzudämmen. Mit langen Speeren wagten sie sich dicht an die glühenden Löcher, um die Ränder zum Einsturz zu bringen. Andere

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