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Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Titel: Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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muss immer an meinen Bruder denken«, sagte er. »Wir hatten es fast geschafft, doch dann   …«
    Milo wusste nicht, wie es war, einen Bruder zu verlieren, und er würde alles dafür tun, dass es nicht dazu kam. Nelf konnte etwas Aufheiterung vertragen, entschied er.
    »Meine Tante Rubinia ist Wirtschafterin im Krähenturm«, erklärte er. »Sie macht die besten Blaubeermuffins, die du je gegessen hast. Sie rührt in den Teig immer etwas Vanillezucker hinein, ein altes Familienrezept der Blaubeers.«
    Nelf lächelte zaghaft. »Tislo mochte Blaubeermuffins. Es ist über ein Jahr her, dass wir so etwas Gutes gegessen haben. Die Zwerge kennen anscheinend nur Pilze mit Käse überbacken, Schmelzkäse mit Pilzen oder Pilze im Käseteig. Was würde ich nicht alles für einen Blaubeermuffin tun.«
    Es war nur ein kleiner Trost, aber zumindest hatte Nelf jetzt etwas, auf das er sich freuen konnte, dachte Milo und ließ die Gerte niedersausen. »Lauft, ihr Ponys!«
    Die beiden Tiere gaben ihr Bestes. Der massive Käfigwagen rumpelte das Bachufer entlang und walzte alles nieder, was sich ihm in den Weg stellte. Die hölzernen Räder schleuderten Matsch und Blätter hoch. Mit einem Mal begann eines der Ponys zu bocken und warf den Kopf zur Seite. Milo zog die Zügel straff, aber die Tiere reagierten nicht mehr. Ihr kaum noch vorhandenes Temperament ging mit ihnen durch. Ihre donnernden Hufte rissen ganze Soden mit Gras und Moos aus der Erde und schleuderten sie den Halblingen ins Gesicht.
    Eines der Tiere brach seitlich aus, rammte das andere unddrängte es die Böschung hinunter. Der Wagen geriet ins Schlingern und drohte, den Hang hinabzustürzen. Milo riss die Zügel herum. Das zweite Pony reagierte blitzschnell, angespornt von seiner eigenen Panik, den Abhang hinunterzustürzen, und schob das andere Tier förmlich die Böschung wieder hinauf. Noch immer im vollen Galopp kam der Wagen auf seine Spur zurück. Milo riss die Zügel fest an sich. Die Ponys fielen zurück in leichten Trab. Gerade als Milo glaubte, die Tiere wieder unter Kontrolle zu haben, warfen sie abermals die Köpfe zurück. Erneut scheuten sie und brachen seitlich in Richtung des Flusslaufes aus. Milo sah nicht mehr als einen Schatten, der ihren Weg kreuzte, dann rissen die Tiere auch schon den Käfigwagen mit sich die Uferböschung hinab. Das Gefährt geriet in Schräglage und begann zu kippen. Nelf sprang vom Wagen, und Milo klammerte sich an den Kutschbock. Dorn schrie auf, als die Ponys übereinanderstürzten und der Wagen sich überschlug.
    Milo stürzte kopfüber in den kleinen Bachlauf. Schlamm und Wasser umspülten Milo. Etwas Hartes schlug gegen seinen Kopf. Für einen kurzen Moment war Milo wie benommen, aber das kalte Wasser, das ihm in Mund und Nase drang, klärte seine Sinne sofort wieder. Milo riss den Kopf instinktiv hoch. Für den Bruchteil einer Sekunde sah er die Kutschbank auf sich zurasen, sie drohte, ihn zu zerquetschen und unter sich zu begraben. Milo tauchte zurück ins Wasser. War das sein Ende   – mit gebrochenen Knochen und ertrunken in einem Bach? Das Wasser umspülte ihn und strich ihm durch die Haare. Der befürchtete Schmerz blieb aus. Milo musste Luft holen und hob den Kopf. Es war dunkel um ihn herum, nur vor ihm glitzerten ein paar Sonnenstrahlen unter der Wasseroberfläche. Er lag zwischen Kutschbock und Käfig.
    Diesmal war die robuste Zwergenarbeit sein Glück. Der starre Käfig hielt den Wagen zusammen und verhinderte, dass Milo unter schweren Holztrümmern begraben oder zerquetscht wurde. Die nasse Kleidung hing schwer an ihm, und er spürte, wie seine Muskeln sich sträubten, ihm zu gehorchen. Er mobilisierte seineletzten Kräfte und kletterte unter dem Wagen hervor. Der Huf eines Ponys verfehlte seinen Kopf nur um Haaresbreite. Das Tier lag vor ihm, halb im Wasser, halb auf der Böschung und trat in Panik um sich. Wie durch ein Wunder hatte es den Sturz überlebt. Milo duckte sich wieder in den Schutz des Wagens. Erst als das Tier die Kräfte verließen, wagte er sich wieder aus seinem Versteck. Vorsichtig und ohne ruckhafte Bewegungen erhob er sich aus dem Bach, um das Tier nicht noch mehr zu ängstigen. Behutsam klopfte er dem Pony die Flanke, während er es aus dem Halfter befreite. Mit einem leichten Klaps auf das Hinterteil kam das Tier wieder auf die Beine und stand zitternd neben ihm.
    Das andere Pony hatte nicht so viel Glück gehabt. Es hatte sich bei dem Sturz die Böschung hinunter den Hals gebrochen

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