Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)
Tunnelgnom deutete mit dem Finger über seine Schulter.
»Bist du einer der Gehilfen von diesem Othman?«
Der Tunnelgnom schüttelte verlegen den Kopf. »Früher mal«, gestand er. »Dann habe ich ein Expiment kaputt gemacht, und Aschgrau hat mich aus dem Fenster geworfen. Seitdem lebe ich hier.«
»Wie heißt du?«
»Die andere kleine Frau hat mich Schmutzigbraun genannt«, verkündete er.
»Rubinia? Du kennst sie? Hat sie dich geschickt?«
Schmutzigbraun starrte irritiert zu Boden und zählte etwas an seinen Fingern ab.
»Ja, ja, nein«, sagte er nach einem Moment und schien mit den Antworten sichtlich zufrieden.
Oda starrte ihn mit großen Augen an.
»Ich muss durch diese Tür«, sagte sie.
»Das ist keine Tür«, wiederholte Schmutzigbraun. »Sie sieht wie eine aus, aber man kann sie nicht öffnen. Eine Tür, die nicht aufgeht, ist keine Tür. Vielleicht ist sie eine für den langen Grauhaar, aber für dich und mich nicht.«
»Eine Tür ist einen Tür«, beharrte Oda, wandte sich wieder ihrem eigentlichen Problem zu und hämmerte am Boden hockend erneut gegen die dicken Eichenbohlen. »Man kann sie öffnen, und man kann sie schließen – wenn man weiß, wie. Sag mir wenigstens, was auf der anderen Seite ist.«
Als Oda keine Antwort bekam, wurde sie wütend. Sie sprang auf, um irgendetwas Brauchbares aus dem kleinen Kerl herauszupressen, notfalls mit Gewalt. Er war fort! Genauso lautlos, wie er gekommen war, war er auch wieder verschwunden. »Wo steckst du, du dreckiger kleiner Maulwurf?«, schrie sie.
Langsam begann sie, an sich und ihren Sinnen zu zweifeln. Wurde sie verrückt? War der Tunnelgnom vielleicht nur eine Einbildung gewesen? Verzweifelt und am Ende ihrer Kräfte, sackte sie zusammen und hockte, den Rücken gegen die Tür gelehnt, am Boden.
Komm zu mir, Oda!
»Ich schaffe es nicht«, flüsterte sie erschöpft.
»Und wenn wir es vielleicht zusammen probieren?«, fragte Schmutzigbraun mit gedämpft klingender Stimme.
Oda zuckte vor Schreck zusammen. Noch immer war der Gnom nirgends zu sehnen.
»Wo bist du?«, keuchte die Halblingsfrau.
»Hier«, antwortete der Gnom fröhlich.
»Wo? Ich kann dich nicht sehen.«
»Ich kann dich auch nicht sehen, aber ich höre dich gut.«
Oda starrte zur Tür. Die Stimme des Gnoms kam von der anderen Seite.
»Wie bist du dort hingekommen?«, wollte sie wissen.
»Erst gekrochen, dann gelaufen«, war die Antwort.
»Zeig mir endlich, um Cepheis Willen, wo du durchgeklettert bist.«
Einen Moment herrschte Stille. Oda befürchtete schon, dass der Gnom abermals verschwunden war und sie wieder mit dem Gefühl zurückließ, nur mit einer Illusion gesprochen zu haben.
»Gnom, bist du noch da?«, fragte sie zaghaft.
»Ja.«
»Was machst du?«
»Ich zeige auf die Stelle, an der ich durch die Wand gekrochen bin«, sagte er unsicher. »Das wolltest du doch.«
Oda wollte nicht lachen, ihr war auch nicht danach, trotzdem konnte sie es nicht unterdrücken. »Komm bitte wieder her zu mir«, sagte sie, als sie sich gefangen hatte.
Nach wenigen Augenblicken sah sie, wie sich vor ihr im Gang ein Stück der Lehmschicht gleich über dem Boden öffnete. Aus dem schmalen Kriechtunnel dahinter krabbelte Schmutzigbraun hervor und klopfte sich den Lendenschurz ab.
»Da bin ich«, krächzte er. »Und jetzt?«
»Und jetzt krabbeln wir wieder zurück«, erklärte Oda dem Gnom.
Schmutzigbraun zog die nicht vorhandene Augenbraue hoch.
»Ist das so etwas wie ein Spiel?«
»Genau.«
Schmutzigbraun verschwand zuerst in dem Loch in der Wand. Oda folgte ihm. Für einen Tunnelgnom mochte es leicht sein, durch so ein enges Loch zu krabbeln, doch Oda war – obwohl ein Halbling – größer und musste deswegen höllisch aufpassen, um nicht stecken zu bleiben. Zudem waren Boden und Wände nicht glatt. Scharfkantige Felsen ragten überall hervor und drohten, sie zu verletzen. Schmutzigbraun war im Nu auf der anderen Seite angekommen. Ein Lichtschein verriet Oda, dass sie so gut wie die Hälfte geschafft hatte. Der Tunnel mochte knapp zwanzig Fuß lang sein, doch dafür maß er an einigen Stellen nur einen Fuß im Durchmesser. Auf der Hälfte passierte dann plötzlich, was Oda die ganze Zeit zu vermeiden versucht hatte. »Ich stecke fest!«
»Womit?«
»Mit der Hüfte natürlich«, antwortete sie, um Beherrschung ringend.
»Zieh die Hose aus«, forderte Schmutzigbraun.
»Das werde ich bestimmt nicht tun«, erwiderte Oda empört.
»Dann zieh den Po ein.«
»Ich
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