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Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Titel: Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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dem Goblinschamanen bekommen hatte.
    Eilig zog Milo den Ring ab, um ihn im Schein der Kerze genauer betrachten zu können. Er hielt ihn zum Vergleich neben die Aufzeichnungen.
    Einen Moment betrachtete er beides, dann legte er das Schmuckstück in die Mitte des Blattes.
    Woher wusste Meister Gindawell davon? War er ebenfalls einigen Grünblutern begegnet? Hatte das alles etwas mit der Suche nach seiner Mutter zu tun?
    Milo schob den Ring beiseite und blätterte um.
    Erneut rang er nach Luft. Meister Gindawell hatte die Zeichnung des Symbols in seine Einzelteile zerlegt. Heraus kamen ein Blitz, ein Kreuz, eine Sichel, ein Kreis und etwas, das aussah wie ein Schwert. Blitz und Kreuz waren die Zeichen der Götter von Menschen und Halblingen. Was war mit dem Rest?
    Die letzten fünf Seiten der Aufzeichnungen gaben Milo den Aufschluss, den er gesucht hatte. Auf jeder dieser Seiten befand sich jeweils eins der Symbole mit seiner jeweiligen Bedeutung und einigen Notizen.
    Der Blitz stand für Cephei, Göttin der Halblinge. Meister Gindawell hatte das Symbol für weiblich danebengezeichnet. Außerdem hatte er notiert, was die Halblinge mit dem Blitz verbanden: Leben und Tod, Erleuchtung und Bestrafung, die reinste Form der göttlichen Macht, Cepheis Anwesenheit am Himmel. Darunter hatte Gindawell alle Tempel verzeichnet, die er kannte, sowie die ranghöchsten Kleriker.
    Auf der nächsten Seite prangte das Kreuz, das Symbol von Regor, dem Gott der Menschen. Er war eindeutig männlich und stand für Weisheit, was Milo merkwürdig fand, da er Menschen nicht als sonderlich weise in Erinnerung hatte   – jedenfalls nicht im Vergleich zu den Elfen. Vielleicht verwechselte er aber auch Weisheit mit Arroganz. Unter diesem Symbol war nur ein größerer Tempel verzeichnet, der in Zargenfels.
    Das nächste Zeichen, die Sonne, stand für die Göttin der Elfen, Tauri. Sie symbolisierte Anmut und das göttliche Antlitz. Tempel oder Priester wurden keine aufgelistet.
    Auf den folgenden beiden Seiten stand unter den Symbolen nicht mehr geschrieben als der Name des Gottes und seine jeweilige Bedeutung. Sichel oder Halbmond kennzeichnete Hadar, den Gott der Grünbluter. Die Sichel stand für den Schnitt zwischen den Völkern, die sich auf erster Ebene in Grün- und Rotbluter teilten. Und das Schwert stand für Leonis, den Zwergengott. Es war das Symbol für Kraft, Unnachgiebigkeit und Willensstärke.
    Weiter waren die Aufzeichnungen nicht geführt worden. Entweder hatte Gindawell nicht mehr gewusst, oder er hatte es nur nicht mehr geschafft, sein Wissen niederzuschreiben.
    Nein, er hatte genügend Zeit gehabt, er wusste nur nicht mehr , wurde Milo bewusst.
    Milo wunderte sich, wie selbst ein so religiös gelehrter Mann wie Meister Gindawell so wenig Wissen über die fremden Gottheiten besitzen konnte. Er schien sich nur um die Schriften der Halblinge, ihre Schöpfungsgeschichte und deren Deutungen gekümmert zu haben. Jedenfalls bis vor knapp einem Jahr, wenn die Aufzeichnungen richtig waren. Was hatte ihn so blind sein lassen für die Belange und die Glaubensformen der anderen Völker? Und was noch wichtiger war: Wer oder was hatte ihm die Augen geöffnet?
    Milo zuckte zusammen, als es an der Tür unten im Erdgeschoss klopfte. Er hatte das Gefühl, mit jedem Pochen schlüge ihm eine fremde Hand auf die Brust. Er konnte nicht sagen, woher dieses Gefühl kam, aber es war da, und es machte ihm Angst. Inständig hoffte er, er wäre der Einzige, der die Bitte auf Einlass gehört hatte.
    Wieder klopfte es, diesmal kräftiger und fordernder.
    »Ja, ja, ich komme schon«, hallte Ningoths Stimme von unten herauf. »Es ist mitten in der Nacht. Ich werde mir wohl noch etwas überziehen dürfen.«
    Dumpf hallten die Schritte des Alten über den Dielenboden.Ein Riegel wurde zurückgeschoben, und die Tür öffnete sich knarrend.
    »Whoa, whoa, das Vieh bleibt aber draußen«, sagte Ningoth. »Macht es irgendwo dort vorne fest, bevor es noch jemanden anfällt.«
    »Das Vieh gehört zu mir, und es geht dorthin, wo ich hingehe«, sagte eine tiefe grollende Stimme.
    Milo hatte das Gefühl, die Stimme zu kennen, und doch war sie ihm fremd.
    »Wollt ihr mich nicht hereinbitten? Ich dachte, dieses Haus ist eine Stätte, in der alle Schutzsuchenden unterkommen. Es ist dunkel, kalt, und dieser feine Nieselregen hat meine Kleidung vollkommen durchnässt. Ihr wollt doch sicherlich nicht, dass ich mir hier draußen den Tod hole.«
    Keines der Worte des Fremden

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