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Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman

Titel: Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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dazu, aber eine ganz andere, von Abbey bei einer Lüge ertappt worden zu sein. Ging sie zu Sybil und erzählte ihr die Wahrheit, würde er diese Demütigung nur schwer verkraften.
    »Ja, das frage ich mich auch«, erwiderte Abbey langsam. »Vielleicht, weil ich gehofft hatte, Sie wären Manns genug, für das, was Sie getan haben, geradezustehen. Doch stattdessen wälzen Sie die Schuld auf ein unschuldiges Tier ab. Ich werde nicht zulassen, dass Max Ihretwegen erschossen wird. Bevor es so weit kommt, werde ich Mrs. Hawker sagen, wie es sich in Wirklichkeit zugetragen hat.«
    »Das ist alles nur Ihre Schuld!«, giftete der Koch. »Hätten Sie an einem heiligen Tag der Hindus kein Fleisch zubereitet, wäre das alles nicht passiert!«
    Abbey musste sich beherrschen, um nicht aus der Haut zu fahren. »Sie haben den Schinken doch aus purer Gehässigkeit weggeworfen, geben Sie es zu«, fauchte sie. »Und jetzt soll der Hund dafür büßen!« Angewidert schüttelte sie den Kopf und stürmte nach einem letzten verächtlichen Blick auf den feigen Koch aus der Küche.
     
    Sybil hatte sich noch immer nicht beruhigt, als Abbey ins Wohnzimmer kam. Sie atmete ein paarmal tief durch und sagte dann: »Erzählen Sie, Abbey. Wie war es in Martindale Hall? Haben Sie mit Heath gesprochen?«
    »Ja, das hab ich, Mrs. Hawker.« Abbey setzte sich aufs Sofa. »Pater John und ich kamen zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Wir platzten nämlich mitten in Ebenezer Masons Beerdigung. Ich konnte doch nicht ahnen, dass er auf seinem Grundbesitz zu Grabe getragen wurde. Sonst wäre ich bestimmt nicht hingefahren.«
    »Ach herrje, ich kann mir vorstellen, wie unangenehm das gewesen sein muss«, meinte Sybil.
    »Allerdings. Wir wollten umkehren, aber es war zu spät, Heath hatte uns gesehen und kam zu uns. Mir war das Ganze schrecklich peinlich. Ich wollte gleich wieder gehen, aber er lud uns ins Haus ein.«
    »Dann geht es ihm also wieder gut?«
    Abbey nickte. »Er wusste nicht einmal mehr, dass er sich gestern ganz elend gefühlt hatte. Merkwürdig, nicht wahr? Aber wahrscheinlich hat er eine Menge um die Ohren und ist deshalb so durcheinander.«
    »Ja, das denke ich auch. Nach dem Tod seines Vaters wird er einiges regeln müssen. Das ist bestimmt keine leichte Aufgabe. Und dann ist da noch die Mine, die er übernehmen muss. Das ist eine große Verantwortung.«
    Abbey blickte gedankenverloren aus dem Fenster. Im Geist sah sie Heath auf dem Dach von Martindale Hall stehen und zu ihr herunterstarren. Das Bild verfolgte sie regelrecht.
    »Was haben Sie denn, Abbey?«, fragte Sybil. »Sie machen so einen abwesenden Eindruck.« Hatte ihre Bemerkung über die Mine Erinnerungen an ihren toten Vater wachgerufen?
    »Ich musste gerade an Heath denken«, murmelte Abbey zerstreut.
    Sybil sah sie forschend an. »Sie mögen ihn, nicht wahr?«
    »Ich bin mir nicht sicher«, erwiderte Abbey kopfschüttelnd. »Aber er behauptet, dass er mich sehr gern hat. Ich frage mich nur, warum.«
    »Warum?«, wiederholte Sybil verblüfft. »Aber Abbey, Sie sind eine bildhübsche, bezaubernde junge Frau. Welcher Mann würde sich nicht zu Ihnen hingezogen fühlen?«
    »Clementine meinte, Heath verkehrt nur in den besseren Kreisen. Was bin ich denn schon? Eine Gesellschafterin, eine Hausangestellte, und das auch nur, weil Ihr Sohn Mitleid mit mir hatte.«
    »Abbey, wenn Heath wirklich etwas für Sie empfindet, wird ihn das nicht stören, glauben Sie mir. Und was Clementine angeht, so wird gemunkelt, dass sie vor Monaten ziemlich verliebt gewesen sein soll in Heath. Ich könnte mir denken, dass eine Spur Eifersucht im Spiel ist.«
    Abbey dachte an Heath’ Worte über Clementine. Das passte zu dem, was Sybil gerade gesagt hatte. »Heath hat mir die Aussicht vom Dach von Martindale Hall gezeigt. Von dort oben hat man einen herrlichen Blick.«
    »Vom Dach?« Sybil sah sie erschrocken an.
    »Es ist ein Flachdach mit einem Geländer ringsherum«, beruhigte Abbey sie. »Das ist nicht gefährlich.« Für einen kurzen Augenblick sah sie den sonderbaren, unheimlichen Ausdruck auf Heath’ Gesicht, als er in die Tiefe gestarrt hatte, wieder vor sich. Schnell verdrängte sie das Bild.
    »Und er hat Ihnen nur die Aussicht gezeigt? Oder hat er auch versucht, Sie zu küssen?«, fragte Sybil neugierig.
    Abbey wurde rot. »Nein, das nicht«, antwortete sie zögernd. »Aber er wurde plötzlich sehr leidenschaftlich, beinah zudringlich. Das hat mir ein bisschen Angst gemacht.«
    Sybil lächelte.

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