Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman
Sie am besten hier draußen! Ich kann nicht gleichzeitig Ihnen die Angst nehmen und Martha bei der Entbindung helfen. Ich habe auch Angst, aber das darf ich mir um Marthas willen nicht anmerken lassen.« Sie holte tief Luft. »Vielleicht können Sie ja wenigstens dafür sorgen, dass die Schere gebracht und abgekocht wird.« Damit drehte sie sich um und ging wieder hinein.
»Wo ist Sybil?«, flüsterte Martha erschöpft.
»Sie muss etwas für mich erledigen«, antwortete Abbey leichthin. Sie spürte, wie sie am ganzen Körper bebte, zwang sich aber zur Ruhe und bemühte sich, jeden Gedanken an Sybil zu verdrängen. »Sie sind sehr tapfer, Martha. Sie machen das großartig!«
Eine neue Wehe kam. Martha krallte die Finger in ihre Beine und presste.
Unterdessen wankte Sybil die Treppe hinunter. Sie hatte den Treppenabsatz erreicht, als Jack, der gerade hereinkam, aufblickte. Er bemerkte ihr blutleeres Gesicht und ihre zitternden Hände.
»Mutter! Ist etwas passiert?«, fragte er beunruhigt.
Sybil versuchte, sich zusammenzunehmen. »Nein, nein, alles in Ordnung.«
»Wirklich? Warum bist du nicht oben bei Abbey und Martha?«
»Abbey hat mich hinausgeworfen«, gestand Sybil beschämt.
»Was?« Jack machte ein verdutztes Gesicht. »Aber wieso denn?«
Sybil antwortete nicht. Sie wäre vor Scham am liebsten im Erdboden versunken.
»Mutter?« Jack stieg die Stufen hinauf und berührte ihren Arm. »Warum hat Abbey dich aus dem Zimmer geworfen?«
»Weil ich überhaupt keine Hilfe war«, brach es aus Sybil heraus. »Ich habe alles nur schlimmer gemacht!«
»Das verstehe ich nicht.« Jack konnte hören, wie Abbey Martha aufmunternd zuredete.
»Ich hatte solche Angst und …« Sybil versagte die Stimme.
In diesem Moment eilte Elsa mit einem großen Topf Wasser, das sie klugerweise in der Küche aufgekocht hatte, an ihnen vorbei nach oben. Als sie außer Hörweite war, sagte Jack: »Mutter, ich bin sicher, dass Abbey vor Angst fast vergeht, schließlich hat sie noch nie ein eigenes Kind gehabt, während du drei Söhne zur Welt gebracht hast! Trotzdem steht sie Martha bei. Also geh jetzt wieder hinein und hilf ihr, so gut du kannst.«
Jack hatte Recht, Sybil sah es ein. Sie benahm sich feige und unvernünftig. Abbey war ein junges Ding, sie konnte nicht zulassen, dass sie diese schwere Verantwortung allein schulterte. Sie nickte ihrem Sohn kurz zu, holte noch einmal tief Luft und ging wieder nach oben.
Abbey schaute überrascht und nicht sehr erfreut auf, als Sybil das Zimmer betrat, konzentrierte ihre ganze Aufmerksamkeit aber sofort wieder auf Martha. Sybil nahm eine Schere aus der obersten Schublade einer Kommode und legte sie in das heiße Wasser, das Elsa heraufgebracht hatte. Dann suchte sie einen Stoffstreifen, um die Nabelschnur abzubinden und frische Handtücher. Sie vermied es so lange wie möglich, sich Martha zuzuwenden. Aber zu guter Letzt blieb ihr nichts anderes übrig. Sie drehte sich um und trat ans Fußende des Bettes. Sybil wäre fast ohnmächtig geworden, als sie das Köpfchen des Babys austreten sah. Starr vor Entsetzen stand sie da und rührte sich nicht mehr.
Abbey stieß sie in die Seite und spornte gleichzeitig die Gebärende an: »So ist es gut, Martha! Nicht aufhören! Das machen Sie wunderbar. Noch einmal, Martha, dann ist der Kopf ganz draußen!«
Martha richtete den Oberkörper auf und presste, so fest sie konnte. Vor Anstrengung traten die Adern an ihrem Hals hervor wie dicke, dunkelrote Stränge.
Sybil wischte ihr den Schweiß vom Gesicht. »Das machst du großartig, Martha«, lobte sie.
Abbeys Miene hellte sich auf. »Der Kopf ist draußen, Martha«, rief sie aufgeregt.
Sybil nahm all ihren Mut zusammen und warf einen Blick nach unten, aber als sie das viele Blut sah, wäre sie beinah umgefallen. Abbey bemerkte es und raunte ihr zu, sie solle tief durchatmen.
Martha spürte, dass es bald vorbei war. Bei der nächsten Wehe strengte sie sich noch mehr an. Eine Schulter rutschte heraus. Abbey, die sich die Entbindung in der Creek Street ins Gedächtnis zurückrief, drehte das schlüpfrige Kind ein klein wenig. Die andere Schulter kam zum Vorschein, und dann glitt der winzige Körper vollends heraus. Das Kind stieß einen schwachen Schrei aus. Abbey hielt es vorsichtig in den Armen und vergewisserte sich, dass seine Atemwege frei waren. Und schon holte es Luft und schrie laut und vernehmlich. In den Ohren der drei Frauen klang das Quäken wie Musik.
Abbey sah Sybil an, die zu
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