Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman
Tränen gerührt war. »Sie dürfen Ihrem Enkelkind jetzt die Nabelschnur durchtrennen, Mrs. Hawker.«
Sybil betrachtete das Neugeborene mit einem Ausdruck ehrfürchtigen Staunens. Sie konnte sich nicht sattsehen an dem winzigen Lebewesen.
»Ist es gesund?«, fragte Martha, die erschöpft in die Kissen zurückgesunken war, voller Sorge.
»Ja, es ist ein wunderhübsches Kind«, beruhigte Abbey sie. »Ich bin zwar kein Arzt, aber mir scheint, es ist kräftig, auch wenn es ein bisschen zu früh gekommen ist.«
Martha lächelte glücklich. »Ist es ein Junge oder ein Mädchen?«
Abbey drehte das Kind so, dass sie es selbst sehen konnte.
»Ein Junge!« Martha strahlte übers ganze Gesicht. »Ich habe einen Sohn.« Sie hatte sich eine Tochter gewünscht, aber sie freute sich für William, der seit Monaten von nichts anderem als von seinem Sohn sprach.
Sybil liefen Tränen der Rührung über die Wangen.
»Die Nabelschnur, Mrs. Hawker«, sagte Abbey noch einmal. Da endlich kam Leben in Sybil. Sie durchtrennte die Nabelschnur und band sie ab.
Abbey säuberte das Neugeborene mit den frischen Tüchern, wickelte es in eine Decke und legte es Martha in die Arme.
Martha war überglücklich. Tief bewegt und mit Tränen in den Augen betrachtete sie ihren Sohn.
Sybil trat neben ihr Bett und betrachtete sie zärtlich. Zum ersten Mal, seit sie Martha kannte, hatten deren Wangen eine gesunde Farbe. »Mutterglück steht dir gut, Martha«, sagte sie sanft. »Du hast noch nie so … so wunderschön ausgesehen.«
»Danke, Mum«, erwiderte Martha und strahlte. »Ich glaube, das ist der glücklichste Tag meines Lebens, einmal abgesehen von dem Tag, an dem ich William geheiratet habe.« Ihre Miene verdüsterte sich eine Sekunde lang, als sie an den Brand auf ihrer Farm dachte. »Trotz allem, was heute passiert ist«, fügte sie leise hinzu.
Jack stand unten an der Treppe, als er den ersten Schrei des Babys vernahm. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Im selben Moment hörte er William herangaloppieren. Er war auf die Farm zurückgekehrt, um nach dem Rechten zu sehen, und geritten wie der Teufel, um so schnell es ging wieder bei seiner Frau zu sein. Jack riss die Tür auf. Als William das breite Grinsen auf seinem Gesicht sah, fragte er atemlos: »Ist das Baby schon da?«
»Ich habe es gerade schreien hören«, sagte Jack und klopfte seinem Bruder auf die Schulter.
William jagte die Treppe hinauf, gefolgt von Jack.
Die beiden mussten sich noch ein paar Minuten gedulden, bis sie ins Zimmer gelassen wurden. Aufgeregt wanderten sie im Flur auf und ab. Endlich ging die Tür auf, und Sybil sagte: »Komm rein und begrüße deinen Sohn, William.«
»Ein Sohn«, flüsterte William mit belegter Stimme, als er das Zimmer betrat und seine Frau mit dem Kind in den Armen erblickte. »Wir haben einen Sohn!«
Martha nickte stolz. William beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie zärtlich. Ehrfürchtig betrachtete er das winzige Neugeborene.
Abbey huschte hinaus, Sybil folgte ihr. Jack warf von der Tür aus einen Blick auf die glückliche Familie. Die rührende Szene ging ihm zu Herzen. Er war unsagbar erleichtert, dass alles gut gegangen war.
»Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll, Abbey«, sagte er, als Sybil sachte die Tür schloss.
»Das ist doch nicht der Rede wert«, wehrte Abbey bescheiden ab. »Martha war es, die die ganze Arbeit geleistet hat. Das war nicht leicht für sie.«
»Ja, das arme Mädchen hat furchtbare Schmerzen gehabt«, sagte Sybil. »Und ich war Ihnen überhaupt keine Hilfe. Ich hoffe, Sie können mir verzeihen, Abbey. Dass alles ohne Komplikationen verlaufen ist, hat Martha nur Ihnen zu verdanken. Sie waren einfach großartig!«
»Zu guter Letzt waren Sie ja da, als wir Sie brauchten.« Abbey wandte sich Jack zu. »Deine Mutter hat die Nabelschnur durchtrennt und abgebunden.«
Jack warf seiner Mutter einen belustigten Blick zu. Sybil lächelte verlegen, obwohl sie ein kleines bisschen stolz auf sich war.
»Wie geht’s Mr. Feeble?«, fragte Abbey.
»Clementine hat Ernies Salbe auf seine Wunden gegeben«, erwiderte Jack. »Hoffen wir, dass es hilft. Ich habe auf alle Fälle Elias losgeschickt, damit er Dr. Ashbourne sucht. Wenn Ralph durchkommt, hat er das nur dir zu verdanken, Abbey.«
Für Abbey war es ganz selbstverständlich, dass sie geholfen hatte. »Hoffentlich ist es nicht zu spät«, sagte sie mitfühlend. »Oh, da fällt mir ein«, fügte sie aufgeregt hinzu und ergriff spontan
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