Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman
Besseres verdient. Sie hatte ihr gezeigt, wie es sein musste, eine liebende, fürsorgliche Mutter zu haben. Sollte sie es ihr danken, indem sie ihr gestand, dass sie schwanger war?
»Ich werde nie vergessen, was Sie für mich getan haben, Mrs. Hawker«, flüsterte sie mit brüchiger Stimme.
Nun war es Sybil, die tief bewegt war. Das arme Ding, dachte sie. Sicher vermisst sie nicht nur ihren Vater, sondern auch ihre Mutter. Sie nahm Abbey spontan in die Arme und küsste sie liebevoll auf die Wange. Abbey biss sich auf die Unterlippe. Vielleicht sollte sie reinen Tisch machen, Sybil, die so verständnisvoll und gütig war, alles gestehen.
»Mrs. Hawker, ich muss Ihnen …«, begann Abbey, aber in diesem Moment kam Clementine fröhlich plappernd ins Zimmer zurück.
»Ja, Abbey? Was wollten Sie sagen?«
»Ach, nicht so wichtig«, murmelte sie. »Das kann warten.« Über Sybils Schulter hinweg sah sie, wie Clementine ihr einen warnenden Blick zuwarf und den Kopf schüttelte. Sie hatte Angst, Sybil könnte Mitleid mit Abbey haben und ihr helfen, anstatt sie hinauszuwerfen. Und dann würde möglicherweise auch Jack sich erbarmen.
»Sind Sie sicher?« Sybil sah sie forschend an.
Abbey nickte.
»Gut, dann werde ich euch jetzt alleinlassen, damit ihr euch fertig machen könnt.« An der Tür drehte sich Sybil noch einmal um. »Ich freue mich schon auf morgen, wenn ihr mir alles über den heutigen Abend erzählt!«
Als sie außer Hörweite war, raunte Clementine: »Wollten Sie Sybil etwa alles gestehen? Das hätte ihr das Herz gebrochen! Tun Sie das ja nicht!«
»Nein, nein«, erwiderte Abbey, ohne aufzublicken. Sie musste Clementines Urteil vertrauen, schließlich kannte sie Sybil besser als sie.
Als Jack und Tom vor dem Haus auf die beiden jungen Frauen warteten, rollte eine elegante Kutsche heran. Der Kutscher hielt neben Jacks Buggy. Als Jack das protzige M auf der Tür sah, konnte er sich schon denken, wer den Wagen geschickt hatte. Wut stieg in ihm auf.
»Guten Tag«, sagte der Kutscher. »Mein Name ist Alfie Holbrook. Master Heath schickt mich, ich soll Miss Scottsdale abholen.« Er kletterte vom Kutschbock.
»Meine Mutter hat Mr. Mason doch mitgeteilt, dass Miss Scottsdale mit uns nach Manoora fahren wird«, entgegnete Jack ungehalten. Es war typisch für Heath, die Nachricht einfach zu ignorieren. »Ich fürchte, Sie haben den weiten Weg umsonst gemacht.«
»Davon weiß ich nichts, Sir, ich folge nur meinen Anweisungen.« Heath hatte Alfie darauf vorbereitet, dass er auf Widerstand stoßen würde, und ihm eingeschärft, Bungaree nicht ohne Abbey zu verlassen.
Abbey und Clementine befanden sich noch im oberen Stock, als sie Stimmen vor dem Haus hörten. Sie schauten aus dem Fenster. Abbey erkannte Alfie sofort.
»Ich geh besser hinunter und seh nach, was da los ist.«
»Wir treffen uns beim Tanz«, rief Clementine ihr nach. Sie freute sich diebisch, dass Heath sich über die Wünsche der Hawkers hinweggesetzt und seine Kutsche geschickt hatte. Das zeugte von Mut und Stehvermögen. Clementine rieb sich die Hände. Das würde ein unterhaltsamer Abend werden.
Jack forderte Alfie gerade zum dritten Mal auf, er solle verschwinden, als Abbey aus der Tür trat. Alarmiert von dem Wortwechsel war inzwischen auch Elias herbeigeeilt.
Alfie, anscheinend unbeeindruckt von der Übermacht, der er sich gegenübersah, stand neben der geöffneten Wagentür. Abbey hastete zur Kutsche.
»Das ist schon in Ordnung, Jack, wir sehen uns dann in Manoora«, sagte sie mit einer beschwichtigenden Geste.
»Mutter hat Heath doch mitgeteilt, dass du mit uns fahren wirst«, gab er zornig zurück.
»Ja, ich weiß, das ist sicher nur ein Missverständnis.«
»Ein Missverständnis? Dass ich nicht lache!«, fauchte Jack. Heath, dieser überhebliche Lackaffe, hatte das geschickt eingefädelt.
»Reg dich nicht auf. Wir sehen uns später!« Um die Auseinandersetzung zu beenden, stieg Abbey schnell ein. Alfie schloss den Wagenschlag und kletterte behände auf den Kutschbock. Als er die Kutsche wendete, schaute Abbey aus dem Fenster. Jack kochte vor Wut, sie konnte es ihm ansehen. Clementine, gefolgt von Sybil, kam gerade die Stufen herunter. Sie war die Einzige, die tat, als ob nichts wäre, während die anderen fassungslose Gesichter machten, als sie Heath Masons Kutsche hinterherblickten.
Abbey war im Grunde froh, allein nach Manoora fahren zu können. In ihrer gedrückten Stimmung war ihr ohnehin nicht zum Reden
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