Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman
offen lassen, das weiß ich. Es tut mir wirklich leid, dass ich dich so angefahren und zu Unrecht verdächtigt habe.«
Abbey verzog unwillig das Gesicht. Sie ertrug seine Entschuldigung nicht, nicht jetzt, wo sie ihm etwas schwer Wiegendes verheimlichte. »Ist das alles? Ich bin müde und würde gern zu Bett gehen.«
Verwundert und ein wenig gekränkt über ihre schroffe Antwort, stammelte Jack: »Ja. Ja, das ist alles. Entschuldige, dass ich dich gestört habe. Gute Nacht, Abbey.«
»Gute Nacht.« Sie schloss die Tür und lehnte die Stirn dagegen. Ganz fest kniff sie die Augen zusammen, um die Tränen zurückzuhalten, aber es wollte einfach nicht funktionieren.
27
Heath schäumte vor Wut, als er Sybils Nachricht las. Er bräuchte Abbey nicht abzuholen, sie werde mit Jack nach Manoora fahren, schrieb sie. Was fiel ihr ein, ihm Vorschriften zu machen! Zornig zerknüllte er das Blatt Papier. Und dass Jack auf diesen Ball ging, passte ihm auch nicht. Er konnte sich den Grund dafür schon denken: Jack wollte ein wachsames Auge auf Abbey haben. Aber er hatte die Rechnung ohne ihn gemacht. Heath war entschlossen, Abbey dazu zu bringen, ihn schnellstmöglich zu heiraten, und er wusste auch schon, wie er Jack ausschalten würde.
Abbey blieb fast den ganzen Sonntag in ihrem Zimmer. Weder bereitete sie mit Jack das Frühstück zu, wie er gehofft hatte, noch ging sie mit den Hawkers und den Feebles zur Kirche.
Zum Abendessen, das früher als gewöhnlich eingenommen wurde, kam Abbey herunter. Da er sonntags frei hatte, hatte Sabu großzügigerweise bereits am Abend zuvor einen Salat und eine Aufschnittplatte angerichtet. Nachdem er seiner Kündigung gerade noch einmal entgangen war, hatte er sich vorgenommen, sich zu bessern. Zum einen war seine Familie daheim in Indien auf seinen Lohn angewiesen, und zum anderen konnte er den Gedanken, dass Fremde in seiner Küche hantierten, einfach nicht ertragen.
Clementine und Sybil bestritten die Unterhaltung bei Tisch praktisch ganz allein. Abbey war einsilbig, und auch Jack war stiller als sonst. Er hatte fast den ganzen Tag draußen zugebracht, mit Max trainiert und nach den Schafböcken gesehen. Clementine hatte es klaglos hingenommen, schließlich versprach es ein aufregender Abend voller Dramen zu werden, und das würde sie reichlich entschädigen.
Abbey spürte, wie Jack sie immer wieder ansah, aber sie blickte nicht auf. Jack nahm an, dass sie immer noch böse auf ihn war. Er hätte alles dafür gegeben, könnte er die Zeiger der Uhr zurückdrehen. Und was seine Beziehung zu Clementine betraf, so glaubte er nicht, dass sie jemals wieder die gleiche sein würde.
Nach dem Essen gingen die beiden jungen Frauen nach oben, um sich umzuziehen. Clementine plapperte fröhlich und machte viel Aufheben um Abbey, ihre Garderobe und ihre Haare, und Abbey ließ es teilnahmslos über sich ergehen. Sybil lieh den beiden je eine zu ihren Kleidern passende Halskette. Clementines Kleid war dunkelblau, Abbeys tief weinrot. Die Farben unterstrichen Teint und Haarfarbe perfekt.
Unter anderen Umständen wäre Abbey außer sich gewesen vor Freude über ihr wunderschönes neues Kleid. Ihr ganzes Leben lang hatte sie immer nur die abgelegten Sachen anderer getragen. Doch ihr Geheimnis und ihre Entscheidung, am anderen Tag von Bungaree fortzugehen, lasteten auf ihr und bedrückten sie sichtlich.
»Was ist los, Abbey?«, fragte Sybil, als sie einen Augenblick allein waren. »Sie haben doch irgendetwas. Ich habe das Gefühl, Sie freuen sich überhaupt nicht auf den Abend, dabei sehen Sie einfach hinreißend aus.«
»Es ist nur … Sie sind so schrecklich nett zu mir, Mrs. Hawker«, murmelte Abbey und kämpfte gegen die Tränen an. »Ich weiß nicht, wie ich Ihnen jemals dafür danken soll.«
»Ach, Unsinn, Kindchen! Ich habe Ihnen zu danken. Ohne Sie wäre ich eine einsame, verbitterte alte Frau geworden. Ich weiß, es war nicht leicht mit mir, bevor Sie hierherkamen. Fragen Sie nur den armen Jack, der meine Launen ertragen musste! Mir graute davor, morgens aufzustehen. Aber seit Sie da sind, ist alles anders. Ich liebe meine Söhne sehr, aber ich habe mir immer eine Tochter gewünscht, und Sie sind mir so ans Herz gewachsen, Abbey, dass ich Sie fast schon als die Tochter betrachte, die ich nie hatte.«
Sybils Worte rührten Abbey zutiefst. Am liebsten wäre sie ihr in die Arme gesunken und hätte ihr alles gebeichtet. Aber sie traute sich nicht. Sybil hatte etwas
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