Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman
mir im Umgang mit dir doch ein unentbehrlicher Wesenszug zu sein«, giftete Jack.
Sybil bedachte ihren Sohn mit einem vernichtenden Blick.
»Marcias Vater ist ein Freund von mir«, warf Milton hastig ein, um die Krise zu entschärfen. »Ich kenne Marcia deshalb ganz gut, und ich muss sagen, sie ist eine ganz reizende junge Dame.«
»Siehst du, Mutter? Wenn das keine Empfehlung ist!«
»Eine Erzieherin!«, brummte Sybil. »Ich will niemanden um mich haben, der mich wie ein kleines Kind behandelt.«
Jack verdrehte gereizt die Augen.
»Das würde Marcia ganz sicher nicht tun«, versicherte Milton.
»Ich weiß nicht recht. Miss Budgeon . Das klingt irgendwie plump.« Sybil sprach den Namen so theatralisch aus, dass er sich wenig schmeichelhaft anhörte.
»Darauf kommt es doch nicht an, Mutter«, entgegnete Jack mit mühsam unterdrückter Ungeduld. »Niemand kann etwas für seinen Namen. Wie viele wunderbare Menschen haben einen unvorteilhaften Namen!«
»Eine entzückende Person ist auch Bethany Bimble«, mischte sich Milton nach einem besorgten Blick auf Mutter und Sohn abermals ein. »Ihr Vater ist der Direktor der Bank hier in Clare, und ihre Mutter ist Vorsitzende der Landfrauenvereinigung.«
Sybil brach in schallendes Gelächter aus. »Bethany Bimble!«
Jack, der das gar nicht komisch fand, platzte der Kragen. »Jetzt reicht’s, Mutter. Suchst du dir jetzt jemanden aus, oder sollen wir nach Hause fahren?«
Sybil schmollte und schwieg.
Als Abbey nach einem langen, anstrengenden Marsch in sengender Hitze in Clare ankam, war sie völlig entkräftet. Sie hatte viel zu viel Flüssigkeit verloren. Ihr Schädel pochte, ihre Beine zitterten, jeder Muskel schmerzte. Ihre Lippen waren rissig und aufgesprungen. Sie taumelte auf der Suche nach einem öffentlichen Brunnen die Hauptstraße entlang, als ihr auf einmal wieder schwarze Punkte vor den Augen tanzten.
»Ach herrje!« Sybil sprang auf und eilte ans Fenster von Milton Sharps Büro. »Habt ihr das gesehen?«
»Was?«, fragte Jack müde und gleichgültig.
»Da draußen ist gerade ein Mädchen zusammengebrochen!«
»Was?«, fragte Jack noch einmal und sah seine Mutter zweifelnd an. Er glaubte an ein Ablenkungsmanöver, damit sie sich vor einer Entscheidung drücken konnte.
»Wenn ich es dir sage! Überzeug dich doch selbst!« Sybil zeigte mit Nachdruck aus dem Fenster.
Während Milton ans Fenster trat, ging Jack nach draußen. Tatsächlich: Mitten auf der Straße lag ein Mädchen. Eilig lief er zu ihr. Zwei ältere Frauen, die ebenfalls hinzugeeilt waren, erzählten aufgeregt, die junge Frau sei ohnmächtig zusammengebrochen, und fügten hinzu, sie sei offenbar nicht von hier, weil sie sie sonst sicherlich gekannt hätten. Jack ging neben der Bewusstlosen in die Hocke, rüttelte sie sanft an der Schulter, tätschelte ihr leicht die Wange. Die junge Frau rührte sich nicht. Da hob er sie hoch und trug sie in Miltons Büro hinüber.
»Holen Sie Wasser oder ein nasses Tuch! Beeilen Sie sich!«, bat er Miltons Sekretärin, nachdem er Abbey auf das Sofa im Vorzimmer gebettet hatte.
»Ja, Mr. Hawker, sofort.« Nancy Brown eilte hinaus.
Jack, Milton und Sybil standen vor dem Sofa und betrachteten die junge Frau, die einen schmuddeligen Eindruck machte. Ihre Kleider waren staubig und verschwitzt, sie hatte Schürfwunden und blaue Flecken.
»Was mag ihr wohl zugestoßen sein?«, murmelte Sybil. »Sie sieht wie eine … eine Landstreicherin aus.«
Jack schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung.«
Leise stöhnend kam Abbey im gleichen Moment zu sich, als Nancy mit einem Glas Wasser zurückkam. Jack nahm es ihr ab und hielt es Abbey an die Lippen.
Abbey umfasste es und trank es gierig leer. »Kann ich … noch mehr haben?«, flüsterte sie atemlos. Sie war so ausgetrocknet, dass sie einen ganzen Eimer Wasser hätte trinken können.
Nancy warf ihr einen eigenartigen Blick zu, nahm das Glas und ging abermals hinaus, um Wasser zu holen.
»Geht’s wieder?«, fragte Jack.
Abbey nickte schwach. Ihre Hände zitterten wie Espenlaub. »Ich habe nur furchtbaren Durst«, wisperte sie rau. Ihre ausgedörrte Kehle schmerzte. »Was ist passiert? Wo bin ich hier?«
Bevor Jack antworten konnte, brachte Nancy ein zweites Glas Wasser, das Abbey ebenso schnell austrank wie das erste.
»Im Büro von Milton Sharps Arbeitsvermittlung«, sagte Jack. »Sie sind ohnmächtig auf der Straße zusammengebrochen, und da habe ich Sie hier hereingebracht.«
»Oh. Das tut mir leid«,
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