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Der Duft der grünen Papaya

Der Duft der grünen Papaya

Titel: Der Duft der grünen Papaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Benedict
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ihren Hinterkopf – eine Nachwirkung der zwei Flaschen Champagner.
    Sie stand behutsam auf und kramte in ihrer Tasche nach Kopfschmerztabletten, konnte aber keine mehr finden.
    Gerade, als sie sich wieder hinlegen wollte, schallte ein weiterer Schrei durch das Haus.
    Ich habe also nicht geträumt, dachte sie. Im nächsten Augenblick wurde die Tür aufgerissen, und zu ihrer großen Überraschung stand Ane im Zimmer.
    Hatte sie neulich schon furchtbar mitgenommen ausgesehen,
so war sie jetzt ein einziges Nervenbündel, zitternd am ganzen Körper, als sei ihr ein Geist begegnet.
    »Du lieber Himmel«, stieß Evelyn hervor. »Was ist passiert?«
    Ane rang nach Luft, aber außer ein paar gequälten Tönen brachte sie nichts heraus. Sie wirkte, als könne sie jeden Moment tot umfallen.
    »Ich rufe einen Arzt«, sagte Evelyn und holte das Handy, das Carsten ihr gegeben hatte. Sie bekam jedoch keinen Empfang, und Ane presste schließlich heraus: »Bitte, kommen Sie.«
    Ane rannte aus dem Zimmer und Evelyn hinter ihr her in den Garten; in der Aufregung merkte sie nicht einmal, dass sie außer der Bluse nur Unterwäsche trug. Vergeblich versuchte sie, Ane zu veranlassen, stehen zu bleiben. Erst als sie um das halbe Haus gelaufen waren und die Veranda betraten, hielt Ane inne, und als Evelyn sie eingeholt hatte, verharrte auch sie.
    Vor ihnen lag Moana, starr, mit leerem Blick, die Finger zu Krallen verkrampft.
     
    Ane war derart durcheinander, dass sie Evelyn noch nicht einmal die Notrufnummer nennen konnte. Evelyn führte Ane zu einem Stuhl und nötigte sie, sich zu setzen. Wie eine hilflose Puppe ließ Ane, von Weinkrämpfen geschüttelt, alles mit sich machen. Evelyn redete ihr beruhigend zu und ging dann zurück zur Veranda, wo Moana lag. Jeder konnte erkennen, dass sie tot war, trotzdem kniete Evelyn sich neben den Körper, ergriff den Arm mit einer Vorsicht, als sei er aus chinesischem Porzellan, und fühlte den Puls. Wie zu erwarten, spürte sie nichts. Ein Schauder erfasste sie.
    Sie atmete ein paar Mal tief durch, und als sie aufstand, war ihr schwindelig, doch sie fasste sich schnell und ging – nachdem sie sich vergewissert hatte, dass Ane etwas ruhiger
geworden war – ins Haus. Dort suchte sie nach Telefonbüchern, um die Notrufnummern von Polizei oder Ärzten zu finden, bis ihr einfiel, dass ein Haus ohne Telefon vermutlich auch keine Telefon bücher aufbewahrte.
    Sie überlegte, entweder mit dem Wagen nach Salelologa zur Polizei zu fahren oder zu versuchen, Ili zu finden.
    Sie entschied sich für die zweite Variante und rief Ilis Namen wieder und wieder in die Plantage hinein. Außer dem Gekrächze eines Kakadupaares erhielt sie jedoch keine Antwort. Da ihre eigene Stimme wegen des nächtlichen Alkoholkonsums den Rufen der Kakadus bald ähnelte, brach sie ihre Versuche schließlich ab. Rasch zog sie sich die weiße Jeans über und teilte Ane mit, dass sie nach Salelologa fahren werde, um Hilfe zu holen. Natürlich hätte sie sie noch einmal nach der Notrufnummer fragen können, aber da ihr Handy noch immer keinen Empfang hatte, würde das ohnehin nichts nützen.
    Während der Fahrt fiel ihr auf, dass sie, wie schon während des Brandes vor einigen Tagen, im Großen und Ganzen überlegt handelte. Sie war weder kopflos noch ängstlich, nur ein wenig angespannt – was unter diesen Umständen auch verständlich war. Verglichen mit dem Verhalten des Polizisten auf der Wache in Salelologa jedoch, erschien sie wie ein Nervenbündel.
    Als sie die Polizeistation betrat, aß er gerade schmatzend eine Banane.
    »Talofa« , sagte sie. »Ich möchte den Tod einer Frau melden. Leider weiß ich nicht, an wen ich mich sonst wenden kann. Ich kenne mich hier nicht gut aus.«
    Er nickte stumm, schob das Stück Banane in die linke Backe und fragte dann: »Name der Toten?«
    »Sie heißt Moana Valaisi.«
    Er schob das Stück in die rechte Backe. »Sie sind sicher, dass Moana Valaisi tot ist?«

    Evelyn runzelte die Stirn. Sie konnte sich irren, aber diese Frage wäre ihr nicht als Erstes eingefallen.
    »Sie sieht jedenfalls sehr tot aus«, sagte sie.
    »Was meinen Sie damit?«
    Auch diese Frage wäre ihr niemals in den Sinn gekommen. »Grau. Bleich. Kein Puls.«
    »Sie ist alt. Vielleicht schläft sie ja nur«, meinte er.
    »Falls sie schläft, ist das die merkwürdigste Schlafhaltung, die ich je gesehen habe.«
    Ein leiser Stoßseufzer kam ihm über die Lippen.
    »Also schön: Ihr Name?«
    »Evelyn Braams.«
    Das war ihm zu

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