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Der Duft der grünen Papaya

Der Duft der grünen Papaya

Titel: Der Duft der grünen Papaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Benedict
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verschwunden war. Er sah sie nicht mehr.

    Hinter der Nickelbrille fixierten ihn die kleinen Augen des Gouverneurs. »Sie wirken nervös, Arnsberg. Geht es Ihnen nicht gut?«
    »Doch, Exzellenz. Ich müsste nur …«
    »Ihre Aufregung ist im Grunde verständlich«, unterbrach ihn der Gouverneur und lächelte vieldeutig.
    »Verzeihung, Exzellenz. Da war ein Dieb, und ich …«
    »Ein Dieb? Ich habe nur zwei Frauen gesehen. Lassen Sie sie laufen, ich will keinen Ärger am Hafen. Große Menschenmengen fördern aggressives Verhalten, ein Wort gibt das andere, ein Verdacht löst einen Gegenverdacht aus, und ehe man sich versieht, holen die Samoaner ihre Messer und die Siedler ihre Gewehre hervor. Und das alles wegen zwei Frauen, die vielleicht nur eine Packung Seife gestohlen haben. Oder Rasiercreme.«
    Er lachte, berührte Tristan an der Schulter und drehte ihn sacht in die andere Richtung. »Ich muss zum Anlegesteg dort vorn, um den Kapitän der ›Förde‹ zu begrüßen. Begleiten Sie mich ein Stück.«
    Tristan blickte noch einmal zu der Ecke zurück, während er neben dem Gouverneur herlief.
    »Wissen Sie, Arnsberg, ich freue mich, dass Sie sich offenbar endlich gefestigt haben. Sie verstehen, was ich meine?«
    »N-nein.« Tristan verstand tatsächlich nicht, aber das konnte auch daran liegen, dass er in Gedanken ganz woanders war.
    »Nun, ich will damit sagen, dass Sie meine Worte von damals  – Sie erinnern sich an den Kaisergeburtstag? – ernsthaft bedacht und, wie mir zur Kenntnis gekommen ist, vernünftige Schlussfolgerungen daraus gezogen haben. Zumindest, was Ihre Beziehungen zum anderen Geschlecht angeht. Ein wenig ungesellig sind Sie wohl noch immer, wie? Doch das wird sich geben, von nun an.«

    Tristan konnte dem Gouverneur noch immer nur mühsam folgen. »So?«
    »Gewiss! Sie werden ganz zwangsläufig mehr gesellschaftlichen Umgang pf legen.«
    »Ich weiß noch immer nicht …«
    »Ah, dort vorn kommt meine Gattin!«, rief der Gouverneur und deutete mit seinem Spazierstock auf eine weiße, rauschende Woge von Damenröcken und Sonnenschirmen, die sich rasch näherte. »Und Fräulein Hanssen auch, wenn ich richtig sehe. Bitte entschuldigen Sie mich jetzt, Leutnant von Arnsberg, ich überlasse Sie den weiblichen Händen und widme mich meinen Pflichten.«
    Er wollte gehen, wandte sich aber noch einmal um. »Ach ja, nun hätte ich in dem ganzen Durcheinander beinahe vergessen, Ihnen zu gratulieren. Kommen Sie doch morgen Abend in der Residenz vorbei, ich öffne eine Flasche besten Rheingau, und wir stoßen an.«
    Vollends verwirrt, sah Tristan sich noch einmal um, in der Hoffnung, Tuila zu entdecken – vergebens. Bevor er dreimal geatmet hatte, war der Pulk von Damen, mit Frau Schultz an der Spitze, bei ihm angekommen.
    Sie wedelte mit einem Papier in der Hand. »Sehen Sie nur, Herr Leutnant, hier ist es!«, rief sie außer sich vor Freude. »Sie hat geschrieben.«
    Tristan runzelte die Stirn. »Wer?« »Nun, Ihre Mutter selbstverständlich, die Gräfin Arnsberg.«
    »Meine …?« Er verstand überhaupt nichts mehr. »Sie kennen meine Mutter?«
    »Oh, nein, nein. Ich hatte noch nicht die Ehre. Aber ich habe ihr kurz nach unserem verunglückten Picknick geschrieben. Natürlich hätte ein Brief viel zu lange gedauert, und einen Telegraphen haben wir ja leider noch nicht auf Samoa. Also verfasste ich ein paar Zeilen, die ich dem Kapitän
eines Handelsschiffes mitgab, mit der Bitte, von Kaiser-Wilhelm-Land aus ein Telegramm nach Arnsberg zu schicken. Ihre Mutter schrieb kurz darauf ein Telegramm nach Kaiser-Wilhelm-Land zurück, und der Kapitän der ›Förde‹ hat es nun überbracht. Ja, ja, die alte Schrapnelle Schultz ist nicht von gestern, das kann man nicht behaupten, oder?«
    Die Damen lachten, nur Tristan nicht. Ein übler Verdacht stieg in ihm auf.
    »Was«, presste er leise zwischen den Zähnen hervor, »haben Sie meiner Mutter geschrieben?«
    »Nun«, antwortete sie, »was wohl? Das mit Ihnen und Fräulein Hanssen natürlich.«
    Ärgerlich wandte er sich an Clara Hanssen. »Hatte ich Sie nicht gebeten, diese Angelegenheit zu klären, ein für alle Mal?«
    Sie blickte ihn mit ihren rehbraunen Kulleraugen an, und ein feines, fast unmerkliches Lächeln lag auf ihren Lippen. »Sie haben mich gebeten, mit der Frau Gouverneur zu sprechen, und genau das habe ich getan. Das habe ich wirklich, nicht wahr, Frau Gouverneur?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Sicher haben Sie das, mein Kind.«
    »Da

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