Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Duft der Mondblume

Der Duft der Mondblume

Titel: Der Duft der Mondblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
Vom Netzwerk:
eine sinnliche Kurvenführung. Wie die einer Welle.« PJ fuhr mit der Hand über das Board. »Okay, jetzt leg dich drauf. Mach es dir bequem, fühl, wie du mit dem Brett verschmilzt. Du musst einfach ganz ruhig und gleichmäßig paddeln, das heißt mit den Armen kraulen wie beim Schwimmen. Ich werde den Brechern ausweichen, damit wir nicht durchtauchen müssen, auch wenn es heute nur harmlose Wellen sind. Aber du sollst das Gefühl bekommen, eins mit dem Wasser zu werden.«
    Sie nickte. »Und wie steh ich auf?«
    »Gut. Sehr gut. Es ist toll, dass du so denkst.«
    »Wieso? Geht es denn nicht darum, wenn man surft?«, fragte Catherine.
    »Süße, es geht um höllisch viel mehr als nur ums Aufstehen. Alle Surfer, auch die auf den Knie- und Liegebrettern, wollen mit der Welle harmonieren, mit ihr vorwärtskommen, sie reiten.« Er wurde ernst. »Man sollte mit beiden Füßen gleichzeitig auf dem Brett aufkommen. Aber es wäre gut, wenn du nicht darüber nachdenkst, welcher Fuß vorne sein soll, wie du mit beiden gleichzeitig aufkommst oder was du wann tun sollst. Zuerst gehen wir mal raus und studieren die Wellen, ihren Verlauf, ihr Tempo. Eine Welle rollt gleichmäßig heran, dann gibt es eine kurze Unterbrechung, und genau da dreht man sich und paddelt ganz schnell los. Wenn man fühlt, dass die Welle das Brett erfasst hat, steht man auf, falls man’s schafft. In einer flüssigen Bewegung und ohne darüber nachzudenken. Knie gebeugt, sie sind deine Stoßdämpfer, und Arme ausgestreckt, das sind die Flügel, die dir fliegen helfen. Dabei nach vorne schauen. Und zwar alles gleichzeitig.« Er legte ihr das Brett zurecht. »Hawaii-Stil ist es, bis zum Strand zurückzureiten und vom Brett zu steigen, ohne dass die Haare nass geworden sind.«
    »Na gut«, sagte Catherine und legte sich vorsichtig aufs Board. Bei PJ klang das alles kinderleicht, aber es tatsächlich zu tun stand auf einem anderen Blatt.
    PJ hüpfte auf sein kürzeres Board und paddelte geschmeidig vor ihr her. Sie ahmte seine Bewegungen nach und war überrascht, wie schnell und leicht das Brett dahinglitt. Umsichtig schlängelte sich PJ vor ihr durchs Wasser und bahnte ihr so den Weg zwischen den sich brechenden Wellen. In einiger Entfernung sah sie andere Surfer. Manche ritten eine flache Welle, andere saßen auf ihren Brettern, aber Catherine achtete vor allem auf PJ .
    Als sie weit genug draußen waren, setzte sich PJ aufrecht hin und drehte sich kurz zu ihr um. »Dreh dein Brett, und dann sitzen wir einfach eine Weile da, ja?«
    Das Brett wackelte ziemlich, als sie sich aufsetzte und die Beine links und rechts herunterhängen ließ. PJ wies nach Osten.
    »Gleich geht sie auf.«
    Sacht schaukelte die Oberfläche des atmenden Wassers sie auf und nieder. Auch die anderen Surfer machten Pause, jeder wartete auf den Augenblick, da der Tag erwachte. Das Silber der Wasserfläche schmolz zu Bronze. Alles verharrte in Wartestellung, niemand rührte sich, selbst die Surfbretter lagen bewegungslos im Wellental. Da tauchte der Rand der rotgoldenen Kugel am Horizont auf, und als atme der Himmel aus, füllte er sich mit Farbe. Das Wasser kräuselte sich und schwoll zu Wellen an, deren Schaumkronen rosa schimmerten.
    Catherine betrachtete PJ s Silhouette vor dem aufsteigenden Lichtball hinter dem Diamond Head – er sah aus wie ein Wesen aus einer anderen Welt, ein Geschöpf des Wassers, daraus aufgetaucht oder vielleicht schon immer hier vor Anker. Lester hatte von »Wassermännern« gesprochen, als er die Wellenjäger beschrieb, und beim Anblick von PJ verstand sie, was damit gemeint war. Es schien ihm zu gelingen, die Meeresformation zu interpretieren, sich in sie einzufügen. Das war es also, was Lester einen Bund mit dem Meer, mit den Wellen genannt hatte.
    PJ deutete auf sie. »Leg dich flach hin, lass uns das Nächste probieren. Stemm dich hoch wie bei einem Liegestütz, und dann spring in die Hocke. Mal dir genau aus, wie es sein soll, und dann entsprich diesem Bild. Von Kopf bis Fuß«, rief er ihr zu.
    Sie legte sich auf den Bauch und fing automatisch zu paddeln an. Da spürte sie, wie das Brett leicht angehoben wurde, als würde eine Hand aus dem Meer es nach vorne schubsen. Eine Sekunde schloss sie die Augen und sah sich auf dem Brett stehen, den Wellenkamm entlanggleiten in Richtung Strand. Ohne die Bewegungen bewusst zu vollziehen, kauerte sie plötzlich auf dem Board, streckte dann seitwärts die Arme aus und spürte, wie das Brett unter ihr kraftvoll

Weitere Kostenlose Bücher