Der Duft der Mondblume
interessiert. Malst du auch?«
»Nein, leider nicht. Schade, dass es mit deinen Bildern nicht besser läuft, sie sind großartig. Aber wahrscheinlich haben die Einheimischen das Gefühl, dass sie nur aus der Tür zu treten brauchen, und schon sehen sie das Original«, sagte Catherine höflich.
»Stimmt. Aber andererseits, wer hier wird Ansichten von Venedig oder Florenz kaufen wollen? Nicht dass wir hier viele Touristen zu sehen bekommen, die überhaupt etwas kaufen!« Miranda lachte.
»Catherine war bisher auf Oahu und möchte jetzt eine Zeitlang auf Kauai leben und sehen, was sich hier so tut. Sie ist Fotografin – und Reporterin«, erklärte Abel John.
Bevor er weitersprechen konnte, ergriff Miranda Catherines Hand. »Eine Reporterin! Eine Fotografin! Da bist du hier ja genau richtig!« Sie sah Abel John an. »Du hast jemanden gefunden, der mein Haus hütet?«
»Das könnte ich mir vorstellen«, erwiderte er liebenswürdig. »Catherine ist eine sehr verantwortungsbewusste Person und braucht in nächster Zeit ein Dach über dem Kopf. Da dachte ich mir, ihr beide könntet euch einig werden.«
Miranda lächelte Catherine an. »Er ist goldig, nicht wahr? Komm rein. Ich zeige dir das Haus. Zur Ausstattung gehören ein Kanarienvogel, eine kostbare Topfpflanze – kein Cannabis, falls du das denkst, es ist eine Friedenslilie – und das Oldsmobile. Hast du einen Führerschein? Wo kommst du her?«
»Ich bin Australierin. Der Wagen dort draußen gehört also dir?«
»Den würde ja sonst niemand geschenkt nehmen!«, lachte Miranda.
»Darf ich ein Surfbrett darin transportieren? Ich passe gut auf, dass kein Sand reinkommt«, sagte Catherine.
»Sie surft auch noch!«, rief Miranda. »Ihr Aussies seid wirklich eine Nummer für euch. Kommt mit rauf, wir trinken etwas. Wann kannst du einziehen?«
»Sofort. Ihre paar Sachen sind im Auto«, mischte sich Abel John ein. »Tut mir leid, dass wir dich so überfallen. Aber Catherine braucht eine Wohnung, und da bist du mir eingefallen.«
Oben gab es ein Schlafzimmer mit Bad, ein Alkovenzimmer mit Schlafcouch, eine winzige Küche sowie ein Wohnzimmer mit Essecke und einem schmalen Balkon davor, der auf die Straße hinausging. Alle Wände waren hellgrün, die Fensterläden dunkelgrün gestrichen; die asiatisch anmutenden, schwarz lackierten Bambusmöbel mit kunstvollen Gold- und Perlenintarsien hatten leuchtend rote Polster.
»Wow, das ist ja richtig exotisch«, bemerkte Catherine.
»À la Indochina. Passt zur Geschichte des Hauses. Es war nämlich früher eine Opiumhöhle«, erklärte Miranda.
»Im 19 . Jahrhundert war in Hanapepe ganz schön viel los, es war eine große Stadt. Eine Menge chinesischer Händler, Reisbauern und Kaffeepflanzer«, sagte Abel John. »Es war also eine asiatische Stadt mit Opiumhöhlen und Tempeln, den
joss houses.
«
»Jetzt leben hier nur noch ein paar Einheimische und wir Haole-Aussteiger. Du wirst die anderen kennenlernen«, versprach Miranda. »Das heißt, wenn du gleich einziehen möchtest und es dir nichts ausmacht, für eine Nacht auf der Couch im Alkoven zu schlafen.«
»Warum nicht«, meinte Catherine mit einem Seitenblick auf Abel John.
»Ich hole deine Tasche.«
Nachdem Abel John sich verabschiedet hatte, kochte Miranda Kaffee. Catherine erklärte schüchtern, das Ende ihrer Ehe sei der Grund, warum sie nach Kauai gekommen war.
Miranda lachte. »So was passiert. Komm drüber weg, Schätzchen«, meinte sie unbekümmert. »Jetzt, da du weißt, wo die Kaffeekanne steht, könnten wir uns doch das Auto vornehmen? Hast du nicht was von einem Surfbrett gesagt, das du abholen möchtest?«
»Es ist drüben an der Nordküste. Vielleicht sollte ich es dort lassen und dort surfen gehen. Ich habe da Freunde.«
»Fahren wir trotzdem hin. Ich muss dir zeigen, wie das Auto funktioniert. Es hat ein paar Eigenarten. Und deponiere dein Board doch lieber hier, dann kannst du damit hinfahren, wohin du möchtest. Auf dieser Insel gibt es eine Menge Plätze, wo man Wellen reiten kann. Selbst ist die Frau«, regte Miranda an.
Am Steuer des großen goldenen Oldsmobile musste Catherine ihrer neuen Freundin recht geben: Ein Cabrio eignete sich tatsächlich am besten für Fahrten auf den Inseln.
»Mit diesem Wagen ist Heimlichtuerei allerdings unmöglich – jeder kennt ihn. Sei also brav und fahr nirgends hin, wo du nicht hin darfst.« Miranda amüsierte sich köstlich über ihren Scherz.
Catherine zeigte der New Yorkerin die Abzweigung
Weitere Kostenlose Bücher