Der Duft der Mondblume
langer Zeit aus dem aktiven Dienst ausgeschieden und inzwischen verstorben. Aber Mrs.Goodwin ist aktiv wie eh und je und sorgt in den Marinefrauenclubs von Washington für Wirbel. Obwohl ich glaube, dass die jungen Frauen bei weitem nicht so gefügig sind, wie wir es damals waren.«
»Oje«, seufzte Catherine bei der Erinnerung daran. »Ich weiß, dass ich Bradley bitter enttäuscht habe.«
Julia schaute zu Boden und sagte dann sehr offen: »Wusstest du, dass Bradley dich unbedingt zurückhaben wollte? Zu Jim hat er gesagt, er würde alles dafür tun.«
»Nein, das wusste ich nicht.«
»Aber der Commander hat ihm gesagt, dass es mit seiner Karriere dann wohl aus und vorbei wäre. Was vermutlich Mrs.Goodwins Einfluss zuzuschreiben ist. Sie hat dich nie leiden können. Wahrscheinlich dämmerte ihr, dass du mit deiner Offenheit, deinen neuen Ideen und deiner Unerschrockenheit ihre Vorrangstellung gefährdest.«
»Die alte Schreckschraube«, warf Mollie ein, als sie Catherines Gesichtsausdruck sah. »Aber komm jetzt, ich glaube, der Verleger wartet auf dich. Zeit für deine Rede.«
Catherine schüttelte Julia die Hand. »Danke, dass du gekommen bist. Ich hoffe, du bist glücklich.«
»Nun, ich bin in Hawaii. Wie könnte ich hier nicht glücklich sein?«
Während die Pupus die Runde machten, warf Catherines Verleger einen Blick auf die Uhr und schaute sie fragend an. »Bereit?«
»Ich glaube schon.«
Die Musik verstummte, und während sich die Gäste zu einem Halbkreis gruppierten, ging der Verleger zum Podium und hob die Hand. Nun flammte ein Scheinwerfer auf und warf sein Licht auf einen jungen Mann, der einen roten Lavalava, eine Kette aus Kukuinüssen und eine Krone aus Maileblättern trug. Während die Sonne im Meer versank, trat er nach vorne und hob ein großes Muschelhorn an die Lippen. Catherine stockte der Atem, sie glaubte, Abel John als jungen Mann vor sich zu sehen. Das musste sein Sohn sein.
Als die letzten sehnsuchtsvollen Klänge verhallt waren, knackte es in den Lautsprechern, und Eleanors Stimme ertönte. Sie sprach den Segen zur Nacht. Versunken in Erinnerungen schaute Catherine hinaus aufs Meer, wo die Sonne hinter dem Horizont verschwand.
»Entschuldigung, darauf hätte ich Sie vorbereiten müssen«, sagte der Verleger.
»Nein, schon in Ordnung«, erwiderte Catherine. »Ich wusste nur nicht, dass es überhaupt eine Aufzeichnung von ihrem Nachtgebet gibt. Wie schön, noch einmal Eleanors Stimme zu hören.«
Catherines Rede war eine Huldigung an Lester. Sie erzählte dem Publikum von seinen Tagen als Olympionike und Stuntman, doch vor allem sprach sie über die Schönheit der hawaiianischen Inselwelt, ihre Mythen, ihren Zauber, der alle in Bann schlug, die hier anlandeten. Besonders auch Lester. Sie schilderte seine Liebe zum Meer, wie er den Wellen sein Leben gewidmet und vieles zur Erinnerung in seinen großartigen Fotografien festgehalten hatte.
»Und so hoffe ich«, schloss sie, »dass er damit einverstanden wäre, wie ich seine Geschichte erzähle.«
Nach ihrer Rede wurde sie von weiteren Gratulanten und einigen Lokalreportern umringt.
Als dann schließlich alle bei Speis und Trank beisammensaßen, trat eine große Frau in schwarzen Hosen und einer auffallend farbenfrohen Jacke auf Catherine zu. Sie hatte langes Haar und trug exotischen Schmuck.
Catherine erkannte sie sofort. »Sadie! Auch du hier? Ich weiß gar nicht, ob ich heute noch mehr Überraschungen gewachsen bin.« Sie umarmten sich herzlich, und Catherine erkundigte sich nach Ginger und Summer.
»Alle glücklich und zufrieden, soweit ich gehört habe. Sie leben jetzt in Joshua Tree, einem kleinen Ort in Kalifornien. Dort teilen sie sich ein großes altes Haus und machen interessante alternative Sachen – wie es nicht anders zu erwarten war.«
»Und du, Sadie? Lebst du hier?«
»Nein, es ist einer dieser Zufälle. Ich lebe in Europa, reise viel und versuche, wann immer möglich, hier einen Zwischenstopp einzulegen. Die alte Faszination. Und da habe ich in der Zeitung von deiner Buchvorstellung gelesen und dich auf dem Foto erkannt. Du hast es also geschafft. Toll.«
Sie lächelten einander an.
»Ich habe immer mal wieder an dich gedacht und mich gefragt, welchen Weg du wohl eingeschlagen hast«, sagte Catherine. »Offenbar bist du viel weiter herumgekommen als ich. Für mich war Endstation auf meinem kleinen Fleckchen Australien.«
»Ja, ich bin immer unterwegs. Allein. Aber so habe ich es mir nun mal ausgesucht.
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