Der Duft der Mondblume
Saftgläsern oder Kaffeetassen in der Hand standen. Auf einem langen Tisch war ein Büffet aufgebaut, auf vornehmen Platten und in Schüsseln lagen exquisit angerichtete Speisen, oft mit Obstscheiben, Blumen, Radieschen- und Karottenröschen dekoriert.
Lächelnd trat Connie Goodwin auf sie zu. »Meine Liebe, haben Sie es doch noch geschafft! Ich hatte schon befürchtet, dass Sie sich verfahren haben. Oh, und Sie haben etwas mitgebracht, wie reizend.« Sie nahm Catherine die Plastikschachtel mit den Donuts ab und reichte sie der Haushälterin. »Legen Sie die bitte raus, Amber – auf einer Platte.«
Catherine schaute zu dem Tisch hinüber. »Was für ein schöner Anblick, dieses leckere Essen. Und ich dachte, es ginge nur um ein Teekränzchen am Vormittag.«
»Ach, unsere Mädchen sind ja so talentiert. Auch in künstlerischer Hinsicht.«
Unvermittelt wurde Catherine klar, dass jede hier die Bitte, »eine Platte« mitzubringen, sehr ernst genommen und versucht hatte, alle anderen mit einer besonders ansprechenden Servier-Idee auszustechen. Und vermutlich war alles selbst gemacht. Na, wenigstens hatte sie Mrs.Hings Donuts aus dem Pappkarton in eine private Plastikdose umgefüllt, auch wenn es sich dabei nicht um Tupperware handelte.
»Kommen Sie, lernen Sie unsere derzeitige Clubpräsidentin und die übrigen Komiteemitglieder kennen«, sagte Mrs.Goodwin und bugsierte sie zu einer Gruppe Frauen, die Schleifen über ihren Namensschildern trugen. »Sie bekommen dann Ihr Namensschild bei der kleinen Willkommenszeremonie unseres Clubs überreicht«, setzte sie hinzu.
Catherine rutschte das Herz in die Hose. Sie hatte mit einem zwanglosen Teekränzchen gerechnet, doch das Ganze wirkte eher wie eine Mischung aus Parteiversammlung, dem Jahrgangstreffen der Absolventinnen einer teuren Mädchenschule und einem kirchlichen Abendmahl. Die Treffen der Country Women’s Association, zu denen Catherine ihre Mutter häufig begleitet hatte, waren immer ein Riesenspaß gewesen: effizient, pragmatisch und sehr herzlich. Hier jedoch hatte sie das Gefühl, sie müsse schaulaufen, werde von Kopf bis Fuß begutachtet, taxiert und für mangelhaft befunden.
Zudem war sie falsch angezogen. Trotz des Sonnenscheins und der angenehmen Brise draußen war das Heim der Goodwins luftdicht verschlossen, die Klimaanlage brummte und sandte einen eisigen Luftstrom durchs Haus. Catherine schlotterte vor Kälte und sah, dass die anderen Frauen gekleidet waren, als würden sie in San Francisco chic zum Mittagessen ausgehen. Blazer, Bleistiftröcke, Pumps, Nylonstrumpfhosen. Wer trug denn Strumpfhosen auf Hawaii? Raffiniert geknotete Tücher oder Perlen- und Goldketten rundeten die elegante Aufmachung ab. Außerdem waren alle beim Friseur gewesen und perfekt geschminkt. Ja, hier wollte eindeutig jede Frau bei den anderen Eindruck schinden. Catherine fühlte sich wie ein hässliches Entlein.
Lächelnd schüttelte sie den Komiteemitgliedern die Hand, als sie reihum vorgestellt wurde. Und schon ging es, wie bei Neuankömmlingen üblich, mit dem lästigen Smalltalk los.
»Ja, das stimmt, frisch verheiratet. Wir haben uns in London kennengelernt. Kauai war bezaubernd. Ja, wir werden Thanksgiving in Kalifornien verbringen. Seine Familie ist wirklich reizend. O ja, wir hoffen, bald auf den Stützpunkt umziehen zu können.« Und so weiter. Als sie an der Reihe war, Fragen zu stellen, erkundigte sie sich: »Was genau ist die Aufgabe des Frauenclub-Komitees? Und arbeitet jemand von Ihnen?«
»Wir alle arbeiten, Catherine, das ist der Grundgedanke des Komitees: Wir teilen auf, was es zu tun gibt«, erwiderte Elizabeth, die Präsidentin.
»Nein, das meinte ich nicht. Ich wollte wissen, ob jemand von Ihnen einer bezahlten Arbeit nachgeht? Eine Stelle in Honolulu hat?«
»Nicht dass ich wüsste«, antwortete Mrs.Goodwin in einem Ton, der nahelegte, dass sie es auch nicht billigen würde, wenn ihr so etwas zu Ohren käme. »Sie werden feststellen, dass alle hier im Komitee und im Club sehr hart arbeiten. Und zwar nicht nur für uns, sondern vor allem auch für die weniger Begünstigten auf dieser Welt. Wie Sie sicher wissen, lässt das Leiden kleiner Kinder und ihrer Mütter in weniger begüterten Staaten unser Land nicht kalt. Wir nehmen diese soziale Verantwortung sehr ernst.«
Catherine biss sich auf die Zunge und nickte anerkennend, während sie sich das Hirn zermarterte, was sie als Nächstes fragen sollte. »Für welchen Zeitraum werden die
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