Der Duft der Mondblume
etwas dankte, was noch gar nicht getan war. Doch dann merkte sie, wie verführerisch die glühenden Augen und das strahlende Lächeln von Beatrice waren, und wie jeder hier im Kreis erlag sie ihrem Reiz. Lester, Abel John, einer der Surfer, ein Haole-Pärchen und eine junge Frau, die sich Notizen machte – sie alle wollten der charismatischen hawaiianischen Frau jeden erdenklichen Gefallen erweisen und sie unterstützen, so gut sie nur konnten. Catherine blickte sich um: Mr.Kitamura stand diskret im Hintergrund und machte Fotos. Kiann’e legte von hinten die Hände auf die Schultern ihrer Mutter.
»Drinnen gibt es ein Büfett, bitte bedient euch«, sagte Kiann’e. »Darf ich dir etwas bringen, Mutter?«
»Ja, bitte.« Sie tätschelte Kiann’es Hand und wandte sich dann wieder an den Mann, der an ihrer anderen Seite saß. »Es darf nichts Unerfreuliches passieren. Wir müssen unseren Standpunkt ohne jede Aggression klarmachen. Kontrolliert die Transparente und die Plakate doppelt. Auch die Aufstellung und die Reihenfolge der Reden. Haben wir Megafone? Mikrofone? Die Petition, um sie zu übergeben?«
Tante Lani trat zu ihnen. Die zwei Schwestern waren umwerfend gutaussehende, beeindruckend starke Frauen, anmutig und gastfreundlich, aber auch entschlossen und voller Leidenschaft.
»Beatrice, lass die Leute mal verschnaufen. Das Essen wartet, aber niemand wird sich etwas nehmen, bevor du dich nicht bedient hast.« Mit einer Handbewegung scheuchte Lani die Gruppe auf. »Kaukau wartet.«
Lester hievte sich hoch, stützte sich auf seinen Stock und bot Beatrice den Arm. »Ich bin so weit. Darf ich mich bei dir unterhaken, Beatrice?«
»Spiel bei mir nicht den alten Mann, Lester.« Beatrice stand auf. »Danke, Lani. Ja, lasst uns essen, und danach reden wir weiter.«
»Wie wär’s mit Mele oder Tanz?«, brummelte Abel John und blinzelte Catherine zu. »Na, gut eingelebt? Wie geht’s Ihrem Mann?«
»Er schaut Fußball. Sind Sie eigens deswegen von Kauai herübergekommen?«
Abel John machte eine Kopfbewegung zu Beatrice und Lani, die gerade hineingingen. »Königliche Ali’i-Vorstellung! Ein Mann zwischen diesen beiden und Eleanor, was hat der schon zu melden?« Er grinste. »Nicht, dass ich nicht auch empört bin. Meine Ohana, meine Familie, ist ebenfalls betroffen. Und es ist meine Insel. Mahalo für Ihre Unterstützung.«
»Ja. Gut, dass sich auch Malahinis dafür interessieren, was hier passiert.«
Der Surfer nickte Catherine zu. »Die Touristen sollten schon im Flugzeug über diese Schweinereien informiert werden. Wir Surfer lieben die Inseln ebenso sehr wie die Hawaiianer … jetzt glauben Sie vielleicht, aus egoistischen Gründen, aber uns ist es wirklich wichtig. Wenn man die Landschaft – die Besonderheit, das Mysterium eines Ortes – erst einmal ins Herz geschlossen, ihre Seele gefunden hat, kann man nicht einfach ungerührt zusehen, wie sie vergewaltigt wird.«
Sie gingen ins Haus. »Allmählich bekomme ich eine Ahnung davon, welche Gefühle die Menschen für die Inseln hegen und weshalb sie ihrer Meinung nach ein unberührtes Paradies bleiben sollten«, sagte Catherine. »Aber es gibt auch die andere Seite der Medaille. Und nicht jedes Touristenhotel kann sein wie Palm Grove.«
»Nein. Und diejenigen, die sich als hawaiianisch ausgeben, sind meistens eine Hollywoodversion oder so uramerikanisch wie Las Vegas oder Cincinnati«, meinte Abel John. »Was mir aber Sorgen macht, ist das Tempo, mit dem diese Kerle vorgehen. Wenn die so weitermachen, sind im Jahr 2000 auf sämtlichen Inseln die Küsten rauf und runter mit Hochhäusern verbaut.«
»Was für eine grässliche Vorstellung. Ich kann schon verstehen, warum Kiann’e und ihre Familie das unbedingt verhindern wollen«, sagte Catherine.
Am nächsten Tag ging sie in den Seminarraum des College, wo Paul Collins unter der Oberaufsicht von Mr.Kitamura den Fotografiekurs gab. Sie verbrachte etliche Stunden damit, die Grundfunktionen ihrer Kamera kennenzulernen. Außerdem beobachtete sie, wie die beiden einen Film entwickelten und Abzüge machten.
»Das würde ich auch gern können«, sagte Catherine. »Faszinierend, wie man Bilder auch jetzt noch gestalten kann, indem man hier ein bisschen was wegnimmt und dort etwas vergrößert. Dürfte ich mich denn noch in den Kurs einschreiben?«
»Wir würden uns sehr freuen, Sie dabeizuhaben. Zwei Abende die Woche«, erklärte Mr.Kitamura. »Paul unterrichtet, aber wenn ich auf Kauai nicht gebraucht
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