Der Duft der Mondblume
sah durch den Sucher, dass ein anderer Fotograf gerade ein Bild von ihr machte. Hastig wandte sie den Kopf beiseite, schaute dann noch einmal hin, doch er war bereits in der vielköpfigen Menge verschwunden. Als sie sich zwischen den Leuten hindurchschlängelte, tippte ihr jemand auf die Schulter. Sie drehte sich um und stand vor den Surfern, die sie kürzlich bei Kiann’e kennengelernt hatte.
»Du konntest es also einrichten«, meinte einer von ihnen.
»O ja. Ist ja eine Riesensache. Viel Herzblut und wenig Widerspruch zu dem, was gesagt wird«, erwiderte Catherine.
»Der kommt schon noch. Das hier ist übrigens Damien, auch aus Australien«, stellte er einen aus der Gruppe vor. Damien lächelte sie an.
»Lebst du hier oder bist du nur zum Surfen da?«, fragte ihn Catherine.
»Beides.
Nur
zum Surfen trifft es nicht ganz. Wir sind auf einer weltweiten Surfmeisterschaftssafari. Kennst du den Nordstrand?«
Catherine schüttelte nur den Kopf, denn wieder ertönte ohrenbetäubender Applaus. Dann drängten die Menschen um sie herum nach vorne.
»Bis später. Viel Glück mit den Fotos.« Damien und die anderen Surfer stürzten sich ins Getümmel.
Catherine entschied, dass sie das Wesentliche auf Film gebannt hatte. Gerade als sie sich auf den Weg zum Büro der
Hawaii News
machen wollte, erblickte sie ein Plakat mit dem Aufruf »Bewahrt die Schönheit unserer Natur!«, das halbzerfetzt am Boden lag. Daneben stand ein schluchzendes kleines Mädchen in einem Muumuu, einen verrutschten Blumenkranz auf dem Kopf.
Catherine machte eine Aufnahme von ihr und beugte sich hinunter, um das Kind zu trösten; aber da wurde die Kleine schon von ihrem Vater hochgenommen. Er lächelte Catherine an.
»Danke, sie wird sich gleich beruhigen. Das war großartig, nicht wahr?« Er setzte sich das Mädchen auf die Schultern, und die beiden verschwanden in der Menge.
Vince Akana saß wegen der Fotos schon auf glühenden Kohlen.
»Taki war noch nicht hier, die Demonstration läuft ja noch. Was bringen Sie mir? Ich habe einige der Reden im Radio gehört.«
Vorsichtig nahm Catherine den Film aus der Kamera, gab Vince ihre zwei belichteten Rollen und überflog die Notizen, die sie hastig gemacht hatte.
»Nachdem ich Mr.Kitamura vorne am Brennpunkt des Geschehens gesehen habe, bin ich eher hinten und in der Mitte geblieben.«
»Klingt gut, klingt sehr gut. Daisy ist auch noch nicht zurück, um den Artikel zu schreiben. Ich jag die Filme mal durch den Entwickler, schau sie mir an und melde mich dann bei Ihnen. Wenn ich welche davon abdrucke, sage ich Bescheid.«
»Ich werde mir morgen die Zeitung kaufen«, sagte Catherine.
»Prima. Danke. Schicken Sie mir einfach eine Rechnung, wenn welche von Ihnen drin sind, ja?« Vince flitzte zur Dunkelkammer, und Catherine ging hinaus und zur Bushaltestelle.
Bradley kam ziemlich spät nach Hause und entschuldigte sich überschwenglich wegen des Spiels. Zwar erkundigte er sich, wie ihr Tag gewesen sei, aber das war nur eine höfliche Floskel: Noch bevor sie antworten konnte, war er in der Dusche verschwunden. Dann gingen sie hinüber in die große Erdgeschosswohnung der Bensens, wo sie mit etlichen Kollegen von Bradley und deren Gattinnen zum Abendessen eingeladen waren. Während sich die Cocktailstunde dahinschleppte, wünschte sich Catherine, sie könnte die Nachrichten sehen. Sie wollte wissen, wie über die Demonstration berichtet wurde. Da niemand hier die Kundgebung auch nur mit einem Wort erwähnte, nahm sie an, dass heute keiner von ihnen in der Nähe des Regierungspalastes gewesen war. Hauptgesprächsthemen waren der anstehende Weihnachtsbasar, wer über die Feiertage nach Hause flog und der Rückzug aus Vietnam.
Als sie gingen, fragte Catherine zaghaft: »Was machen wir denn an Weihnachten? Fliegen wir nach Australien? Mum und Dad warten so sehnsüchtig darauf, uns zu sehen.«
»Catherine, Liebling, tut mir leid. Aber am Freitag habe ich eingewilligt, über Weihnachten Dienst zu schieben, damit sich ein paar Familienväter freinehmen können. Wir waren doch erst an Thanksgiving zusammen fort. Keine Angst, wir fahren schon noch nach Australien. Vielleicht im März? Na, wie wäre das?«
»Verstehe. Nun, das war nett von dir. Es ist bestimmt gut, wenn Väter Weihnachten zusammen mit ihren Kindern verbringen. Und im März ist es immer noch warm auf Heatherbrae.«
»Schauen wir mal. Bevor ich auslaufe, müsste ich noch mal Urlaub kriegen.« Er drückte ihr Knie. »Außerdem hast du
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