Der Duft der Mondblume
müssten Sie bei KGMB oder anderswo nachfragen.«
»Das ist toll, einfach erstaunlich«, bedankte sich Catherine, während sie in dem dicken Ordner mit Bildern von einem jungen hübschen Lester blätterte, der da mit Duke Kahanamoku und anderen Surfern oder allein in Aktion posierte. Langsam begriff sie, welche Rolle Lester im öffentlichen Leben gespielt hatte. Alles drehte sich ums Surfen: Schnappschüsse von Lester auf turmhohen Wellen; Lester als bloßer Fleck auf dem Rücken der Wogen; Lester, wie er über eine sich überschlagende Welle schnellte; Lester auf einem langen Surfbrett in Waikiki mit einem Mädchen auf den Schultern; Lester im Handstand auf einem Brett mit dem Diamond Head im Hintergrund, als es noch kaum Hotels am Strand gab. Andere Aufnahmen zeigten Lester mit Leis, Siegestrophäen und vor einer Kollektion von Surfboards.
Und sein Privatleben? Hübsche Mädchen posierten mit ihm, aber keines von ihnen tauchte mehrmals auf den Bildern auf. Als Catherine die vergilbten Zeitungsausschnitte durchsah, begriff sie, was Lester für die Inseln bedeutete. Er war tatsächlich ein Kamaaina. Dabei aber blieb er ein Rätsel. Wie konnte sie all das auf ein Foto bannen?
Sie sprach darüber mit Kiann’e, die sie daran erinnerte, dass man auf den Inseln immer irgendwo Surfer traf.
»Du könntest Fotos von den australischen Jungs machen, die hier rumhängen.«
»Ach, das ist zu schwierig. Ich habe doch keine Ahnung vom Surfen«, gab Catherine zu bedenken.
»Und du interessierst dich auch nicht besonders dafür, wage ich mal zu behaupten.«
»Nein, das ist tatsächlich eine Sache an Hawaii, mit der ich nicht viel anfangen kann.«
Kiann’e grinste. »Wart’s ab, bis du die Jungs am Strand in Aktion siehst!«
Dennoch gefiel Catherine die Idee, ein Porträt von Lester zu machen, am besten.
»Zu deiner Zeit warst du der Held der Surfer, Lester. Hast du nicht mitbekommen, wie berühmt du warst? Ich habe mir alte Zeitungsausschnitte angeschaut. Du sahst aus wie ein Filmstar.«
Er lächelte nur. »Ja, ich hab bei ein paar Filmen mitgemacht. War nichts für mich.« Damit ließ er das Thema fallen.
Catherine ergriff die Gelegenheit, die Muschel, in der sich seine Vergangenheit verbarg, aufzustemmen. »Wow, Lester, das ist sehr interessant. Erzähl mir mehr davon.«
»Das waren andere Zeiten, lange her. Heute interessiert sich niemand mehr dafür.«
»Warum hast du nie geheiratet, Lester?«, fragte Catherine.
Er zuckte die Achseln. »Ich hatte nicht viel zu bieten. War nicht der Typ, der sich in einem Vorort niederlässt und ein Haus abbezahlt.«
»Hast du denn auf den Inseln kein nettes Mädchen gefunden? Hier bist du glücklich, die Lebensweise passt zu dir. Und du meine Güte, du warst so attraktiv und dann auch noch berühmt! Die Mädchen müssen dir in Scharen nachgelaufen sein.«
»Das war vielleicht einer der Gründe. Mädchen waren nie Mangelware, und ich mochte sie alle.«
»Lester, was bist du nur für ein Frauenheld!« Catherine lachte. Daran hatte sich ja wirklich nichts geändert. Kiann’e, ja sogar Beatrice und viele andere Freundinnen umschwänzelten ihn immer noch.
Er nahm ein Sammelalbum aus dem Regal und reichte es ihr. »Wie wär’s, wenn ich den Kaffee aufsetze?«, schlug er vor.
Catherine sah die Fotos und Zeitungsausschnitte durch, bestrebt, den von der Arthritis gezeichneten alten Mann vor sich mit der umwerfend attraktiven, bronzefarbenen Gestalt auf den Bildern zusammenzubringen. »Lester, hier siehst du aus wie ein griechischer Gott. Und so durchtrainiert.«
Lester sah ihr über die Schulter. »Heute fühle ich mich ein bisschen eingerostet, aber ich hab’s länger gemacht als die meisten. Noch mit Ende vierzig hab ich einige Meisterschaften gewonnen. Keiner wusste, wie alt ich bin.«
»Du Teufelsbraten. Ich sehe, was du meinst. Super siehst du aus.«
Catherine staunte nicht nur darüber, wie attraktiv und modern Lester aussah, sie war auch fasziniert von der Qualität der alten Schwarzweißfotos. Auf vielen Bildern trug er eng anliegende Badehosen, und wenn da nicht der altmodische weiße Gürtel gewesen wäre, hätte man ihn für einen Surfer der Gegenwart halten können. Auf vielen Fotos posierte er am Strand vor einer Reihe schwerer, langer Surfbretter oder in Aktion auf den Wellen mit dem Diamond Head im Hintergrund. Eine Reihe von Bildern, Licht- und Schattenstudien, zogen ihre Aufmerksamkeit in besonderem Maße auf sich: Lester auf Zehenspitzen, den Körper
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