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Der Duft der Rose

Der Duft der Rose

Titel: Der Duft der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
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Boden.
    Keuchend starrte er Vincent an, an dessen Kinn ein milchiger Tropfen hing. Ehe er zu Boden fallen konnte, wischte ihn Vincent mit dem Handrücken weg und leckte ihn ab. Noch immer rauschte das Blut in Henris Ohren. Er fühlte sich wie von einem Mühlstein überrollt und gleichzeitig wie neugeboren.
    Vincents Augen waren dunkel und undurchdringlich. Er schien auf etwas zu warten, aber Henri wusste nicht, worauf. Schließlich wandte Vincent den Blick ab, stand auf und ging zurück zum Sekretär. Im Gehen hob er das Hemd auf und schlüpfte hinein.
    »Fünfundzwanzig also. Wie weit soll ihr Stammbaum reichen?« Seine Stimme klang ruhig und emotionslos, als hätte die Episode eben gar nicht stattgefunden.
    Henri versuchte, sich an die vorhergehende Unterhaltung zu erinnern. Diese verdammte Heirat. Sein brillanter Plan, um einen Erben zu zeugen. Er fuhr mit den Händen über sein kurzgeschorenes Haar. Ein Plan, der auf so wackligen Beinen stand, bei dem es so viele Stolpersteine gab, die ein Gelingen in Frage stellten.
    Welcher Dämon hatte ihm die Sehnsucht nach einem Erben seines Blutes eingegeben? Sein Leben hätte wunderschön und einfach sein können; er war glücklich darüber, wie die Dinge sich in den letzten Jahren entwickelt hatten. Die Beziehung mit Vincent bereicherte sein Dasein überdies in einer Weise, wie er es nicht für möglich gehalten hatte.
    Wenn er heiratete, würde sich auch etwas an dieser Beziehung verändern. Davor konnte er die Augen nicht verschließen. Vincent hatte seine kleinen Ausflüge in andere Gefilde immer wortlos toleriert, aber eine Ehefrau zu tolerieren, dazu gehörte schon eine gehörige Portion Nachsicht.
    Mit müden Bewegungen stand er auf und brachte seine Kleidung in Ordnung. Er wünschte, er hätte sich von dieser Idee befreien können, aber der Gedanke, Belletoile einem leiblichen Nachkommen zu hinterlassen, hatte sich bereits zu einer Besessenheit ausgewachsen, die er nicht mehr loswerden konnte - so sehr er es sich in diesem Augenblick auch wünschte.
    »Gute Familie, mehr verlange ich nicht.« Er ging zum Fenster und starrte in die dunkle Nacht. Der Plan, den er selbst ersonnen hatte, fraß an ihm, je länger er darüber nachdachte. »Das alles macht keinen Sinn. Ich kann das Risiko nicht eingehen, eine Frau zu heiraten, die mir womöglich - aus welchen Gründen auch immer - keinen Erben schenkt.« Er drehte sich zu Vincent um. »Das Einzige, das mir wirklich sinnvoll erscheint, um mein Ziel zu erreichen, ist Folgendes: Das Kind muss geboren sein, ehe ich die Frau heirate.«
    Vincent legte die Feder hin. »Damit dürfte sich die Zahl der in Frage kommenden Frauen gegen null bewegen. Henri, keine Frau, die nicht aus der Gosse kommt, wird sich damit einverstanden erklären. Das muss dir doch klar sein. Du verlangst Unmögliches.«
    »Ich bin der Herzog von Mariasse. Ich bin gewohnt, das Unmögliche zu verlangen und auch zu bekommen.« Seine Arroganz war gespielt, und ihm war klar, dass Vincent das wusste.
    »Eine Frau, die auf diesen Plan eingeht, muss verrückt sein. Oder verzweifelt. Oder völlig am Ende.«
    Weiterhin in seiner Rolle verharrend, schüttelte Henri affektiert die Spitze an seinen Manschetten aus. »Je verzweifelter sie ist, desto eher wird sie sich meinen Argumenten gegenüber aufgeschlossen zeigen.«
    »Und was wären diese Argumente?«
    »Zum einen Geld. Geld in einem Ausmaß, dass sie nie wieder in ihrem Leben Sorgen haben wird. Zum anderen den Titel einer Herzogin in einer alteingesessenen, königstreuen Familie, die einige Privilegien genießt. Ein eigener Wohnsitz, den sie nach Gutdünken wählen kann, und keinerlei Einmischung in ihr Leben, sobald sie mir einen Erben geschenkt hat. Sie kann tun und lassen, was immer sie will.«
    Vincent schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Möglicherweise existiert so eine Frau tatsächlich, aber wo willst du sie finden? Besser gesagt, wo soll ich suchen?«
    Henri gab sich Mühe, den skeptischen Tonfall zu überhören und zwang sich zu einer Zuversicht, die sich nicht von selbst einstellen wollte. »Ich dachte, dass wir die Nächte der Aphrodite wieder aufleben lassen. In ihrer früheren Regelmäßigkeit. Wir verschicken gezielt Einladungen und warten ab. Damit schließen wir Jungfrauen genauso aus wie Frauen, deren Abstammung zweifelhaft ist.«
    »Um die Nächte der Aphrodite in großem Rahmen wieder einzuführen, brauchen wir eine Zeremonienmeisterin. Oder einen Zeremonienmeister, denn darin lag der Reiz

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