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Der Duft der Rose

Der Duft der Rose

Titel: Der Duft der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
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Herz schmerzhaft. Nun, sie würde ihn rufen lassen, wenn sie sich eingerichtet hatte. Also wandte er sich ab und ging zurück zum Verwalterhaus.
    Ghislaine ließ ihn nicht rufen. Sie stand keine halbe Stunde nach ihrer Ankunft vor seiner Tür. Wortlos trat er beiseite. In der Stube nahm sie den Hut ab und schlüpfte aus dem Pelzumhang. Sie war schmal geworden, und die Konturen ihres Gesichts hatten sich geschärft. Die Kälte verlieh ihren Wangen und der Nasenspitze einen rosigen Hauch. Unter seinem musternden Blick strich sie nervös eine Haarsträhne hinters Ohr. Er hatte nicht die Absicht, es ihr einfach zu machen, also schwieg er.
    »Danke, dass Ihr mich eingelassen habt, Nicholas«, begann sie schließlich förmlich.
    Er grub die Fäuste in die Hosentaschen. »So seltsam es Euch auch erscheinen mag, Madame la Comtesse, ich möchte hören, was Ihr zu sagen habt.«
    Sie nickte langsam. »Natürlich, Ihr habt jedes Recht dazu, und ich bin dankbar, dass Ihr mir die Möglichkeit gewährt.« Sie hob den Kopf und sah ihn an. »Nichts von dem, was ich sage, kann entschuldigen, was ich getan habe. Darüber bin ich mir im Klaren, aber ich will, dass Ihr das wisst.«
    Da er nichts erwiderte, fuhr sie fort: »Damals an Justin de Rossacs Wiege wurde mir zum ersten Mal in aller Deutlichkeit bewusst, wie armselig mein Leben ist. Bis dahin hatte ich diese Tatsache immer verdrängt oder schöngeredet. Es war ein Moment tiefster Verzweiflung und unendlichen Selbstmitleids, voller Neid und Hass, der mich dazu getrieben hat, das Kissen zu nehmen. Mir war in diesem Augenblick nicht klar, dass ich durch das Leid anderer nicht die Lücken in meinem Leben stopfen kann. Ich wollte nur, dass ... andere Menschen einmal den Schmerz fühlten, der mein ständiger Begleiter war. Dass es nicht dazu kam, verdanke ich Euch, Nicholas.«
    Sie sah ihn an, doch ehe er etwas erwidern konnte, redete sie weiter. »Aber die Saat war gestreut, ich wollte ein Kind. Ein eigenes Kind, das ich bedingungslos lieben könnte und das diese Liebe erwidern würde. Henri hatte damit nichts zu tun. Sein Wunsch nach einem Erben tauchte nur zufällig zur selben Zeit auf und verlieh meinem eigenen Wunsch eine zusätzliche Dimension.« Sie verschränkte die Finger so fest ineinander, dass die Knöchel weiß hervortraten. »Ihr wart die Antwort auf alle meine Überlegungen, wie ich einen Vater für dieses Kind finden sollte. Es erschien mir alles so klar und einfach. Ihr wart ungebunden, würdet euch nicht in mein Leben einmischen, weil Ihr nach einem Jahr weggehen wolltet. Möglicherweise brauchtet Ihr von dem Kind nicht einmal etwas zu erfahren.« Sie machte eine Pause. »Und dann kam alles anders.«
    Mit langsamen Schritten ging sie zu einem Stuhl und setzte sich. Ihr Zeigefinger zeichnete die Maserung der Tischplatte nach. »Ich war gerne mit Euch zusammen, Nicholas, im Bett und auch sonst. Ich verdrängte die Tatsache, dass Ihr nach einem Jahr weiterziehen wolltet. Stattdessen liebäugelte ich damit, dass Ihr bleiben würdet, dass es immer so weitergehen könnte - mit uns.« Ihre Hand lag flach auf dem Tisch. »Dann entdeckte ich, dass ich schwanger war, viel zu spät übrigens. Vermutlich, weil ich inzwischen einfach die Augen vor der Möglichkeit verschlossen hatte. Und ich bekam Angst, eine irrationale und völlig unlogische Angst, und deshalb floh ich Hals über Kopf zu Henri.«
    Er setzte sich ihr gegenüber und verschränkte die Finger ineinander. Obwohl sie in klaren Sätzen sprach, verstand er nicht, was sie ihm sagen wollte. »Wovor hattet Ihr Angst?«
    »Dass Ihr einfach gehen würdet, wenn Ihr erfahrt, dass ich ein Kind bekomme.«
    »Und darum seid Ihr vorsichtshalber zuerst weggegangen?« Sein Unverständnis wurde immer größer.
    Sie nickte. »Ich weiß, dass es keinen Sinn macht. Vielleicht erwartete ich, dass es einfacher sein würde, wenn das Kind geboren ist. Aber das war ein Irrtum.«
    Er runzelte die Stirn. »Habt Ihr gedacht, dass mich ein winziger Säugling derart rühren würde, dass ich über alles andere hinwegsehe?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht.« Aber die ungeweinten Tränen in ihren Augen bewiesen das Gegenteil.
    Er seufzte. »Ach, Ghislaine, Ihr habt keine Vorstellung, was Ihr mir angetan habt.«
    Sie presste die Lippen aufeinander und fuhr mit dem Ärmel über ihre Augen. »Verzeiht, ich wollte nicht ...« Sie sprang auf und lief zum Fenster, wo sie mit dem Rücken zu ihm stehen blieb.
    Er hörte, wie sie damit

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