Der Duft der Rose
gekleidet, und seine Miene verriet nicht, was in ihm vorging.
»Was ist das?«, fragte Henri und faltete das Blatt auseinander.
»Meine Kündigung.«
»Deine ... was?«
»Ich kündige mit dem heutigen Tag meine Stellung als Sekretär des Herzogs von Mariasse«, sagte Vincent vollkommen ruhig.
Henri warf das Schreiben achtlos auf den Tisch. »Mach dich nicht lächerlich, mon petit. Ich verabscheue aufgesetzte Dramatik, wie du weißt. Hast du schon gefrühstückt? Vielleicht fühlst du dich dann besser.«
»Ich fühle mich ausgezeichnet. Und noch besser werde ich mich fühlen, wenn ich auf einem Pferd sitze und Belletoile ein für alle Mal den Rücken kehre.« Er verbeugte sich. »Lebt wohl, Euer Gnaden.«
Henri kniff die Augen zusammen. »Um Himmels willen, es reicht, Vincent. Ich habe verstanden, du kannst dich abregen und anfangen, dich wie ein Erwachsener zu benehmen.«
Vincent steckte die Hände in die Jackentaschen und schwieg.
Henri räusperte sich. Es widerstrebte ihm, die Dinge beim Namen zu nennen, aber für Vincent konnte er ausnahmsweise dieses Zugeständnis machen. Als Beweis seiner Wertschätzung. »Er ist weg. Farid ist gestern abgereist. Ich dachte, du wüsstest es.«
»Hast du ihn weggeschickt?«
Henri seufzte. »Nein. Er ist einfach gegangen. Sagte, es wäre an der Zeit, sich nach etwas Neuem umzusehen.«
Vincent verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen. »Dann haben er und ich wohl mehr gemeinsam, als ich dachte. Denn auch ich werde mich nach etwas Neuem umsehen.«
Die stoische Ruhe, mit der Vincent auf seinem unsinnigen Vorhaben beharrte, trieb Henri zur Weißglut. Gereizt trommelte er mit den Fingern auf den Tisch. »Was willst du von mir? Was soll ich tun?«, fragte er verärgert. »Mich entschuldigen?«
»Das würde wohl nur Sinn machen, wenn du wüsstest, wofür. Und das tust du nicht, oder?« Die leichte Schärfe hinter diesen Worten bewies, dass Vincent nicht ganz so ruhig war, wie er nach außen hin wirkte.
Henri stieß geräuschvoll die Luft aus. »Um Himmels willen, was ist denn schon passiert? Er ist weg, er kommt nicht wieder, und ob ich ihn weggeschickt habe oder nicht, das spielt doch keine Rolle«, fügte Henri wider besseres Wissen hinzu, denn natürlich spielte es eine Rolle - zumindest für Vincent.
Vincent schüttelte nur den Kopf. »Ob Farid weg ist oder nicht, spielt tatsächlich keine Rolle, denn es wird immer einen Farid geben, weil du Nähe zu einem einzigen Menschen nicht erträgst, Henri. Es würde die Gewichtung der Dinge verschieben, und das willst du nicht. Lange Zeit dachte ich, ich könnte damit umgehen. Aber ich bin an einem Punkt angelangt, an dem ich einsehen muss, dass ich gescheitert bin. Ich kann nicht immer nur geben, ich brauche hin und wieder auch etwas - und ich spreche nicht von Schmuck und schönen Kleidern.« Er trat an den Tisch, stützte die Hände auf und beugte sich so weit vor, dass Henri die goldenen Lichter in seinen jadegrünen Augen sehen konnte. »Ich liebe dich, das weißt du. Ich liebe den Mann, von dem ich überzeugt bin, dass er in dir steckt. Aber die Suche nach ihm hat mich über die Jahre hinweg zermürbt. Ich gehe, weil es für mich der einzige Weg ist, um nicht so zu werden, wie du bist, Henri, und für den Rest meines Lebens meine Bedürfnisse zu verleugnen.«
Stille breitete sich im Raum aus. Ganz langsam begriff Henri, dass Vincent keine leere Drohung ausstieß, sondern fest entschlossen war, ihn zu verlassen. Zorn stieg in ihm auf. Was bildete sich der Junge ein? Sollte er doch gehen, er war nicht der erste Mann, der ihn verließ. Und er würde auch nicht der letzte sein.
Glaubte Vincent wirklich, er war in der Position, ihn zu kritisieren und zu maßregeln? Ihn, den Herzog von Mariasse? Die Nachsicht und die Privilegien, die er ihm eingeräumt hatte, mussten dem Jungen wohl zu Kopf gestiegen sein. Womöglich hielt er sich für unersetzbar. Zeit, ihn ein für alle Mal zurechtzuweisen. »Es gibt viele hübsche junge Männer, die nur darauf warten, deinen Platz einzunehmen«, sagte Henri maliziös und sah Vincent unter halbgeschlossenen Lidern hervor an. »Und da fehlerfreie Orthographie und perfekte Algebra für mich nicht an erster Stelle stehen, werde ich keine große Mühe haben, jemanden zu finden.«
Vincent richtete sich auf und trat einen Schritt zurück. Ein Muskel zuckte in seiner Wange. »Schön, dann kann ich ja beruhigt abreisen. Lebt wohl, Euer Gnaden.« Er verbeugte sich nicht mehr, sondern
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