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Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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Schritten. Er blickte Ella mit leuchtend grünen Augen an.
    »Er ist da drin, aber an der Tür steht ein Wachmann.«
    »Geht es ihm gut?«, flüsterte sie, bemerkte jedoch im nächsten Moment, wie absurd diese Frage war. Wenn es ihm gut gegangen wäre, hätte er nicht im Lazarett gelegen.
    Als David die Lippen zusammenpresste, wirkte er um Jahre gealtert. »Er schlief. Ich habe vorgegeben, dass ich meinen … meinen Vater suche.« Bedrückt wandte er sich ab. »Da wäre noch etwas. Es besteht die Gefahr einer Typhusepidemie, auch wenn der Arzt versucht hat, die Sache herunterzuspielen. Deshalb haben sie alle Hände voll zu tun und hatten keine Zeit, auf mich zu achten.« Nach kurzem Zögern fuhr er fort. »Der Patient im Bett gegenüber von Adam ist tot, und Doktor McCrea war gerade damit beschäftigt, irgendwelche Formulare auszufüllen. Ich habe belauscht, wie er zu einem Pfleger sagte, der Bruder des Mannes werde heute Nachmittag kommen, um die Leiche abzuholen.«
    Eddies Miene erhellte sich, und er lachte leise auf. »Gut gemacht, mein Junge. Weißt du, wie der Tote heißt?«
    David nickte und lächelte zum ersten Mal an diesem Tag. »Fortune«, antwortete er.

19
    Dicht hinter der Tür und vor dem Regen geschützt, saß ein Wachmann. Wenn David sie nicht gewarnt hätte, hätte Ella ihn zunächst gar nicht bemerkt. Als er aufstand, sah Ella in das derbe Gesicht eines Rohlings, weshalb sie das Vorhaben, an das Mitgefühl des Mannes zu appellieren, sofort verwarf.
    »Was wollen Sie?«, erkundigte sich der Wachmann, schaute zwischen Eddie und Ella hin und her und ließ den Blick genüsslich über ihren Körper gleiten.
    »Mein Mann«, flüsterte sie, während sie eine Gänsehaut überlief. »Ich möchte meinen Mann sehen.«
    »Und wer ist er?« Der Wachmann wies mit dem Kopf auf Eddie.
    »Der Bruder meines Mannes.« Obwohl sie die Worte rasch und atemlos hervorstieß, schien der Mann ihr zu glauben. Vielleicht war sie eine bessere Lügnerin, als sie gedacht hatte.
    »Wie heißt Ihr Mann?« Wieder ein lüsterner Blick, der diesmal an ihrer Brust hängen blieb. Ella fühlte sich, als hätte er sie berührt. Am liebsten wäre sie zurückgewichen und hätte die Arme um den Leib geschlungen.
    »Fortune. Mr Fortune.«
    Die Antwort sorgte dafür, dass er ihr endlich in die Augen sah. »Ach ja. Nun, der liegt da drüben. Aber ich glaube, er wird Ihnen nicht mehr viel zu sagen haben. Er ist nämlich tot.«
    Wäre sie ahnungslos gewesen, die grausame Bemerkung hätte wohl dafür gesorgt, dass sie in Ohnmacht gefallen wäre. Selbst jetzt erbleichte sie angesichts von so viel Gefühllosigkeit. Eddie legte ihr den Arm um die Taille und funkelte den Wachmann finster an.
    »Wir wissen, dass er tot ist«, zischte er. »Wir sind gekommen, um ihn zur Beerdigung abzuholen. Seine Witwe wollte ihn nur noch einmal sehen.«
    Der Wachmann zuckte ungerührt die Achseln. »He«, rief er ins Zelt hinein.
    Der Pfleger, ein Mann so mager wie eine Bohnenstange, hob ungeduldig den Kopf. Er wirkte abgehetzt und erschöpft.
    »Sie sind da, um die Leiche abzuholen«, verkündete der Wachmann mit einem hämischen Grinsen.
    Der Pfleger schnalzte mit der Zunge. »Doktor McCrea ist nicht da. Es hat wieder einen Fall von Typhus in …« Er biss sich auf die Lippe, da ihm gerade eingefallen war, dass er darüber nicht sprechen durfte.
    Der Arzt war fort? Mit so viel Glück hatten sie nicht gerechnet.
    »Ich dachte, der Arzt wäre fertig mit ihm«, entgegnete der Wachmann wegwerfend.
    Der Pfleger runzelte die Stirn. Ella hatte den Eindruck, dass er sich nur wichtigmachen wollte. »Also gut«, meinte er schließlich. »Ich habe genug mit den Lebenden zu tun, um mich auch noch mit den Toten zu befassen.« Mit einer gereizten Handbewegung widmete er sich wieder seinem Patienten.
    Der Wachmann grinste wieder. »Da drüben«, sagte er und wies mit dem Kopf auf die andere Seite des Zelts. Eddie bedachte den unverschämten Kerl mit einem finsteren Blick, nahm dann beschützend Ellas Arm und führte sie den schmalen Gang zwischen den Betten entlang.
    Das Lazarett war voll belegt. Soweit Ella feststellen konnte, waren alle Patienten Männer. Die Betten waren schmale Pritschen, die nicht sehr bequem wirkten. Der Boden bestand aus gestampfter Erde. Überall standen Eimer und Schüsseln für Ausscheidungen, benutzte Verbände, schmutzige Wäsche und andere unappetitliche Dinge herum. Jemand erbrach sich gerade in ein Gefäß, das wie ein Kochtopf aussah. Wie Eddie

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