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Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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nicht aussprechen wollen. »Mrs Jardine ist ja noch dort«, erinnerte sie ihn. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie Kitty im Stich lässt.«
    Allerdings kannte David Kitty besser, als Ella ahnte. »Glauben Sie wirklich, dass Kitty auf Mrs Jardines Rat hören würde?«
    Ella lächelte müde. »Wir müssen das Beste hoffen.«
    Inzwischen hatte Eddie sein Zelt erreicht und trat ein, ohne innezuhalten. Ella und David hielten den Atem an. Im nächsten Moment ertönte ein Geschrei wie von tausend Furien, gefolgt von wütendem Gebrüll. Das Zelt begann zu beben und hin- und herzuschwanken, als fände dort ein wüster Tanz statt. Dann wurde ein Mann herausgeschleudert. Das rote Hemd umflatterte seine bleichen Beine, sodass er an einen unbeholfenen Vogel bei seinem ersten Flug erinnerte. Er landete ein Stück weiter den Abhang hinunter im Morast. Eddie stand, Hose und Stiefel des Fremden in der Hand, im Eingang und warf sie dem halb nackten Mann nach.
    Maryanne im Zelt kreischte weiter. Im Unterrock erschien sie hinter Eddie. Ihr dunkles Haar sträubte sich um das blasse Gesicht. Als Eddie sich zu ihr umdrehte und etwas zu ihr sagte, nutzte der Möchtegernliebhaber die Gelegenheit, sich aufzurappeln, seine verstreute Habe zusammenzuraffen und sich aus dem Staub zu machen. Maryanne stieß einen Schrei aus und begann zu weinen. Während Eddie sie mit Vorhaltungen überhäufte, schluchzte sie bitterlich. Das Ganze wirkte wie eine gut einstudierte Szene.
    »Das ist sicher schon öfter passiert«, stellte Ella fest.
    David runzelte die Stirn und schüttelte angewidert den Kopf. »Wie kann er mit einer Frau zusammenleben, die sich einen anderen nimmt, sobald er ihr den Rücken zukehrt?«
    Ella wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Doch sie wusste, dass die Liebe manche Menschen dazu brachte, sich mit Verhaltensweisen abzufinden, die sie sonst niemals geduldet hätten. Und Eddie liebte seine Frau nun einmal, obwohl sie ihm nicht treu sein konnte.
    Offenbar war der Streit inzwischen beigelegt. Maryanne umklammerte die Vorderseite von Eddies Hemd und blickte ihn flehend an wie eine Hündin, die gerade die ganze Schafherde ihres Herrn gerissen hat und nun um Verzeihung bittet. Auf Eddies Gesicht stand ein ähnlicher Ausdruck.
    Ella stieß David an. »Komm, wir wollen Adam ins Zelt bringen. Ich glaube, er hat Fieber, und draußen im Regen herumzuliegen ist sicher nicht gut für ihn.«
    Bis David den Wagen den Abhang hinaufmanövrierte, hatte Eddie das Zelt aufgeräumt, und Maryanne setzte den Wasserkessel auf. Ihr Gesicht war zwar noch blass, wirkte aber gewandelt, als hätte sie gerade eine wichtige, das Leben verändernde Erfahrung gemacht. Ella musste zugeben, dass sie mit ihren großen dunklen Augen, der dunklen Lockenmähne und ihrer zierlichen Figur recht hübsch war. Vielleicht war sie gegen ihr Verhalten ebenso machtlos wie Eddie dagegen, dass er sie liebte.
    Eddie und David schoben den schwachen und zitternden Adam zum Heck des Wagens, stellten ihn auf die Füße und stützten ihn. Er stöhnte auf, weil ihr Griff ihn an den Rippen schmerzte. Dann presste er fest die Lippen zusammen und ließ sich von ihnen ins Zelt und zum Bett schleppen. Das Bett war zwar nicht allzu sauber, aber Ella beschloss, darüber hinwegzusehen.
    Nach Atem ringend, lag Adam auf dem Rücken. Sein verschwollenes Gesicht war schmerzverzerrt. Ella wollte ihn zudecken, hielt aber inne und starrte ihn an. Im Lazarett hatte sie nur sein Gesicht gesehen. Nun hatte sie seinen restlichen Körper im Blick. Wo nicht Bandagen um Brust und Rücken seine Rippen bedeckten, waren dunkel angelaufene Blutergüsse zu erkennen. Wut stieg in ihr hoch, und ihre Hände zitterten, als sie die Decke über ihn breitete und sie feststeckte.
    »Ist Brandy da?«, flüsterte er.
    Ella drehte sich zu Maryanne um, die hinter ihr stand. Die Frau nickte, kramte ein wenig herum, entdeckte eine Flasche, entkorkte sie und reichte sie Adam. Ella half ihm, sich ein Stück aufzurichten, damit er trinken konnte. Er nahm einen großen Schluck, hustete und schnappte vor Schmerzen nach Luft. Doch offenbar war es die Mühe wert gewesen, denn seine Gesichtsfarbe wirkte schon kurz darauf ein wenig gesünder, und das Atmen schien ihm leichter zu fallen.
    »Wolf?«, stieß er plötzlich mit geschlossenen Augen hervor.
    »Tot.« Sie hatte sich überlegt, ob sie es ihm verheimlichen sollte, aber sie fand es sinnlos.
    Er schwieg und lag reglos da. Allerdings wusste Ella, welche Schmerzen er

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