Der Duft der roten Akazie
litt.
David steckte den Kopf ins Zelt. »Ich fahre los«, verkündete er. »Mit ein bisschen Glück kann ich Mr Jardine den Wagen zurückbringen, ehe Moggs im Midnight Gully aufkreuzt. Die Leinwand lasse ich bei Eddie, falls Sie etwas als Regenschutz brauchen.«
»David.« Adams Stimme klang zwar weiterhin heiser, jedoch um einiges kräftiger. »Komm nicht zurück. Es ist zu gefährlich. Nimm Kitty mit in den Sailor’s Gully. Dir kann nichts geschehen. Moggs hat keine Ahnung, dass du den Wagen gefahren hast, und Naughton Jardine verrät es ihm bestimmt nicht. Wenn wir dich brauchen, schicke ich jemanden in den Sailor’s Gully.«
David sah Ella an, als brauche er ihre Bestätigung. Doch sie schwieg und hoffte nur, dass Adam Naughtons Charakter richtig einschätzte. »Viel Glück«, sagte David und wirkte plötzlich sehr jung. Adam zwang sich zu einem Lächeln. Kurz darauf war David fort, und sie hörten Pferd und Wagen auf der Straße.
Maryanne versetzte Ella einen Rippenstoß mit spitzem Ellenbogen. »Was ist mit ihm passiert?«, fragte sie und fixierte Adam mit dunklen Augen. »Beim letzten Mal hat er ausgesehen wie ein lebendig gewordener Traum. Jetzt erinnert er eher an einen Albtraum.«
Da Eddie sie nach draußen rief, blieb Ella die Antwort erspart. Inzwischen prasselte der Regen leicht und beruhigend aufs Zeltdach. War erst so wenig Zeit vergangen, seit sie in Paddy’s Gully ihr Lager aufgeschlagen hatten? Adam hatte große Pläne gehabt. Nun hatte das Schicksal diese Pläne zerstört, und Adam war ein gebrochener Mann.
»Ella«, sagte Adam. Als sie sich über ihn beugte, öffnete er sein gesundes Auge und ließ den Blick über ihr Gesicht und ihr zerrissenes Mieder gleiten.
»Das habe ich getan, um den Wachmann abzulenken«, beantwortete sie die unausgesprochene Frage. »Ich habe nämlich bemerkt, wie er mich angegafft hat.«
»Und hat es geklappt?«
»Nun, du bist hier, oder?«
»Ja, ich bin hier.« Er klang, als sei er nicht sicher, ob ihm diese Vorstellung gefiel.
»Was ist passiert, Adam? Was hat Moggs mit dir gemacht?«, platzte sie heraus, unsicher, ob er es ihr verraten würde.
Er schwieg eine Weile und zitterte dann. »Möchtest du dich zu mir legen? Ich friere.«
Besorgt berührte sie sein Gesicht und erkannte an seiner klammen Haut, dass er Fieber hatte. Ella legte sich neben ihn und schlang den Arm um seine Taille, wobei sie darauf achtete, seine Rippen nicht zu belasten. So lange lag er in ihrer Umarmung da, dass sie schon glaubte, er sei eingeschlafen. Aber offenbar überlegte er, wie er es ihr erklären sollte, denn als er zu sprechen begann, war sein Bericht flüssig.
»Wir waren ein paar Kilometer marschiert, als Moggs anhalten ließ. Er behauptete, dort trieben sich Straßenräuber herum, die hinter den Bäumen und Felsen darauf lauerten, Reisende zu überfallen. Deshalb schickte er seine Männer los, die sich vergewissern sollten, dass sich niemand in der Dunkelheit versteckte. Nachdem sie fort waren, forderte er mich auf, ihm zu erzählen, wie ich das Feuer in Rawlins’ Hütte in Auftrag gegeben und es geschafft hätte, Eben und Nancy vor der Polizei zu warnen. Ich habe geantwortet, ich wisse von nichts. Aber natürlich konnte ich wieder einmal den Mund nicht halten.« Er zuckte die Achseln und schnappte nach Luft, weil die Bewegung ihm Schmerzen verursachte, und zuckte zusammen. Eine Weile herrschte Schweigen.
Ella schmiegte sich enger an ihn, um ihn zu wärmen und zu trösten. »Was geschah dann?«, flüsterte sie. Inzwischen war der Grund nicht mehr, dass sie es erfahren musste, sondern dass sie ihm das Bedürfnis zu reden anmerkte.
»Er hat mich geschlagen. Möglicherweise wollte er mir nur eine verpassen, doch nachdem er erst einmal angefangen hatte, konnte er nicht mehr aufhören. Außerdem war es sicher nicht sehr klug von mir, dass ich ihm auch ein paar eingeschenkt habe. Wahrscheinlich klingeln ihm jetzt noch die Ohren.«
»Deine Handgelenke waren gefesselt«, entsetzte sich Ella. »Nur ein Ungeheuer geht auf einen gefesselten Mann los.«
»Oh nein, Moggs ist kein Ungeheuer«, stieß Adam erbittert hervor. »Er vertritt Recht und Gesetz und beschützt die Bürger von Victoria vor den Bastarden von Strafgefangenen, wie ich einer bin.« Sanft streifte sein Atem ihre Wange. »Weine nicht um mich, Liebling. Ich werde es überleben.«
»Ich weine nicht um dich«, schluchzte sie, »sondern weil ich so wütend bin.« Aber die Tränen wollten nicht aufhören zu
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